Rahel Haag (Thurgauer Zeitung)

Die Hände von Bruno Zollinger sind schwarz vor Ruß. Er kommt gerade aus seinem Haus an der Alpenrosenstrasse in Kreuzlingen, das am 16. Dezember lichterloh in Flammen stand. „Wir sind immer noch dabei, es auszuräumen“, sagt er. Zu retten ist das Gebäude nicht mehr. Seit dem verheerenden Brand haben er und seine Frau Sylvia bei der Tochter, die ebenfalls in Kreuzlingen lebt, Unterschlupf gefunden. Am Esstisch erzählen sie, was geschehen ist.

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Im Haus gab es zwei Wohnungen. Jene im Erdgeschoss hatte das Ehepaar an eine Wohngemeinschaft vermietet, die in den beiden oberen Etagen bewohnte es selber. Sylvia Zollinger war zu Hause an jenem Donnerstagnachmittag.

„Ich hörte, dass der Mieter unten Klavier spielte“, erzählt die 64-Jährige. Als er aufhörte, habe sie seltsame Geräusche wahrgenommen. „Es war, als würde er Möbel herumschieben.“ Dann habe der junge Mann von unten plötzlich gerufen: „Es brennt.“

Im Wohnhaus der Zollingers brennt es lichterloh.
Im Wohnhaus der Zollingers brennt es lichterloh. | Bild: Kantonspolizei Thurgau

Sie habe ins Treppenhaus hinausgeschaut und den Rauch bemerkt, sich aber nicht weiter darüber gewundert. Die zwei Frauen und der Mann waren erst vor gut zwei Monaten eingezogen. „Ich dachte mir, dass er zum ersten Mal ein Feuer im Schwedenofen gemacht und vergessen hat, den Abzug zu öffnen“, sagt Sylvia Zollinger.

Erst als der Student rief, ob sie einen Feuerlöscher hätten, sei ihr bewusst geworden, dass die Lage ernst ist. Sie habe die Feuerwehr verständigen wollen, doch das Festnetz habe schon nicht mehr funktioniert. „Da bin ich langsam nervös geworden.“

„Nie hätte ich gedacht, dass es so schlimm ist“

Sie habe noch versucht, den 14-jährigen Kater über den Balkon hinauszuschicken, doch das Tier habe sich unter dem Tisch verkrochen. „Dann habe ich begriffen, dass ich hier raus muss, dass ich nicht länger warten kann.“ Sie habe nur Schuhe angezogen und sei ohne Jacke hinaus.

Das Treppenhaus sei unterdessen schon ganz schwarz und voller Rauch gewesen. Und dann, kurz nachdem sie draußen gewesen sei, hätten die Flammen bereits aus der Haustür herausgelodert. Eine Nachbarin hatte bereits die Feuerwehr alarmiert, die kurze Zeit später eintraf. „Mir kam es vor wie eine Ewigkeit.“

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Bruno Zollinger war an diesem Tag wandern. Er sei gerade zum Auto zurückgekommen, als ihn ein Nachbar anrief und ihm sagte, dass sein Haus brenne. „Im ersten Moment dachte ich, das sei ein Witz“, sagt der 73-Jährige. Auf der Heimfahrt habe er sich noch vorgestellt, dass es einen kleinen Küchenbrand gegeben haben könnte. „Nie hätte ich gedacht, dass es so schlimm ist.“

Als er in die Nationalstrasse eingebogen sei, die Absperrungen, den Löschkran und das Aufgebot an Einsatzkräften der Stützpunktfeuerwehr Kreuzlingen sowie der Betriebsfeuerwehr der angrenzenden Firma, der Polizei und der Sanitäter gesehen habe, habe er gedacht: „Jetzt ist alles verloren.“

Der Kater des Ehepaars schaffte es nicht hinaus

Am nächsten Tag – nachdem die Feuerwehr über Nacht noch Brandwache gehalten hatte – konnten sie ins Haus. „Die untere Wohnung ist komplett zerstört“, sagt Bruno Zollinger. In der oberen hätten sie noch ein paar Dinge retten können: Fotoalben, Dokumente und einige Massivschränke. Anderes wie Sofas, Betten und Bücher sei aufgrund des Wasserschadens nicht mehr zu gebrauchen.

„Das Haus müssen wir abreißen“, sagt Bruno Zollinger und schaut auf seine Hände. Das schmerze ihn sehr. 1978 habe er es gekauft und bezogen, später lernte er seine zukünftige Frau kennen und nach der Hochzeit 1988 zog sie bei ihm ein. Im Haus an der Alpenrosenstrasse sind auch die beiden Töchter groß geworden.

Die untere Wohnung des Hauses wurde durch den Brand am 16. Dezember komplett zerstört. Was die Ursache für das verheerende Feuer war, ...
Die untere Wohnung des Hauses wurde durch den Brand am 16. Dezember komplett zerstört. Was die Ursache für das verheerende Feuer war, ist noch nicht geklärt. | Bild: Rahel Haag

Viel Arbeit und Herzblut hat der pensionierte Schreiner hier investiert: 1983 baute er den Balkon an, vor sieben Jahren hat er die obere Wohnung renoviert und eine neue Küche eingebaut. Auch die meisten Möbel hat Bruno Zollinger selber angefertigt.

Doch der materielle Verlust sei nicht das Schlimmste, sagt Sylvia Zollinger. „Am schlimmsten ist, dass wir unser Zuhause und einen unserer beiden Kater verloren haben.“ Darüber hinaus habe der 24-jährige Mieter mit kleineren Verbrennungen und wegen Verdachts auf eine Rauchgasvergiftung ins Spital eingeliefert werden müssen.

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Das Ehepaar ist dankbar für die Unterstützung, die es nach dem Brand erhalten hat. „Wir hatten über 20 Angebote, wo wir hätten übernachten können“, sagt Sylvia Zollinger. Die Anteilnahme sei groß gewesen, Nachbarn und Freunde hätten sie zum Essen oder auf einen Kaffee eingeladen.

„Wir lernen gerade, materielle Dinge loszulassen“

Auch während des Brands seien sie durch Feuerwehr, Polizei und Sanitätsdienst gut betreut worden. Die Einsatzkräfte seien sehr nett gewesen. Ihr Mann sagt: „Wir lernen gerade, materielle Dinge loszulassen und wir sind uns bewusst, dass es vielen Menschen schlechter geht.“

Die Brandursache ist nach wie vor ungeklärt. Fest steht einzig, dass das Feuer in der Küche der unteren Wohnung ausgebrochen ist und sich von dort ausgebreitet hat. Auf den ersten Blick könnte man meinen, das Haus mit Baujahr 1898 sei komplett aus Holz gebaut. Dem sei aber nicht so, sagt Bruno Zollinger. Das Haus sei gemauert und lediglich innen mit Holz verkleidet. „Es ist mir ein Rätsel, wie ein Haus so brennen kann.“

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