Die Cannabis-Pläne der Bundesregierung lösen im Südwesten Sorgen aus. Befürchtungen betreffen die geplanten Vereine – die sogenannten Cannabis-Social-Clubs –, wie der Kehler Oberbürgermeister Wolfram Britz sagte. „Wir werden im Grenzraum dann mit sehr großer Wahrscheinlichkeit eine hohe Anzahl an solchen – in Frankreich nicht erlaubten – Social-Clubs bekommen“, so der parteilose Rathauschef. Die sozialpolitische Sprecherin der AfD-Landtagsfraktion Carola Wolle nennt die Legalisierung für die Grenzregion fatal.

Kehl liegt unweit von Straßburg direkt an der deutsch-französischen Grenze. Frankreich hat im europäischen Vergleich eines der restriktivsten Cannabis-Gesetze; beim Konsum liegt das Land dafür ganz vorne – weit vor Ländern mit liberaler Drogenpolitik.

Unterschiedliche Meinungen in den Schweiz-nahen Regionen

Kritik gibt es auch aus den Schweiz-nahen Regionen. Der CDU-Bundestagsabgeordneten Thorsten Frei sagt: „Gerade im Grenzgebiet wird sich besonders deutlich zeigen, dass die Austrocknung des Schwarzmarktes durch die Legalisierung gerade nicht funktionieren wird. Ganz im Gegenteil: Deutschland würde sich – auch für Schweizer – zum Eldorado für Cannabis-Konsumenten entwickeln.“

Entspannter sieht man es in Konstanz: „Natürlich können wir nicht genau voraussehen, welche Konsequenzen eine mögliche Cannabis-Legalisierung speziell für die Grenzregion haben wird“, so ein Sprecher der Stadt. Allerdings glaube man nicht, dass eine große Zahl von Konsumenten aus der Schweiz nach Konstanz kommen würde. „Unseres Wissens geht die Schweiz bereits heute schon etwas liberaler mit dem Thema um, wie zum Beispiel Pilotprojekte zeigen.“

Ähnlich sieht es die Lörracher Bürgermeisterin Monika Neuhöfer-Avdić. Die Auswirkungen der Pläne zur Cannabis-Legalisierung könne die Stadt Lörrach noch nicht abschließend bewerten. Aber: „In der benachbarten Stadt Basel gibt es bereits eine Pilotstudie, in der angemeldete Konsumenten in ausgewählten Apotheken Cannabis kaufen können. Zudem ist die Gesetzgebung in der Schweiz etwas lockerer bezüglich des Konsums von Cannabis.“

Daher rechne die Stadt nicht damit, dass nach einer Cannabis-Legalisierung vermehrt Konsumenten aus der benachbarten Schweiz nach Lörrach kommen werden.

Welche Regeln gelten in der Schweiz?

In der Schweiz gehört Cannabis bislang zu den verbotenen Betäubungsmitteln. Allerdings gelten bestimmte Mengen als straffrei: Wer bis zu zehn Gramm für den eigenen Konsum vorbereitet, muss keine Strafe fürchten. Das gilt auch für die Abgabe an Erwachsene, sofern das Gras gemeinsam konsumiert und nicht verkauft werden soll. Ansonsten kann der Konsum mit einem Bußgeld von 100 Franken bestraft werden. In Deutschland sollen künftig bis zu 25 Gramm straffrei bleiben.

Ähnlich wie in Deutschland auch sind in der Schweiz Cannabisprodukte wie Öle oder Salben erlaubt, wenn sie weniger als ein Prozent des Wirkstoffs THC enthalten.

Laut dem World Drug Report der Vereinten Nationen liegt die Schweiz beim Cannabiskonsum hinter Frankreich, aber vor Deutschland. In den Grenzkantonen Thurgau und Aargau wird laut Daten des Schweizer Bundesamts für Gesundheit (BAG) allerdings unterdurchschnittlich viel gekifft, in Zürich überdurchschnittlich.

Cannabispflanzen wachsen in einem Blüteraum eines Pharmaunternehmens.
Cannabispflanzen wachsen in einem Blüteraum eines Pharmaunternehmens. | Bild: Sebastian Kahnert

Außerdem erlaubt ein Schweizer Gesetz von Mai 2021 auf zehn Jahre befristet wissenschaftliche Pilotversuche für die „kontrollierte Abgabe von Cannabis zu Genusszwecken“. Damit sollen die Vor- und Nachteile legaler Konsummöglichkeiten erörtert werden.

Neue Pläne sind reichen weniger weit als ursprünglich gedacht

Solche Projekte gibt es derzeit in den drei Großstädten Lausanne, Basel und Zürich. Vor allem die Studie „Züri Can – Cannabis mit Verantwortung“ hat wohl auch den neuen deutschen Plänen als Vorlage gedient: Laut dem BAG handelt es sich dabei um die europaweit ersten Social Clubs als nicht-gewinnorientierte Vereine, deren Teilnehmer legal Cannabis kaufen und konsumieren können. Im Unterschied zu Deutschland sollen diese Clubs als Teil der Studie auch wissenschaftliche Erkenntnisse liefern.

Legal können Schweizer wohl auch künftig kein Cannabis aus Deutschland importieren: Der Anbau für die Pilotprojekte muss grundsätzlich in der Schweiz stattfinden. Die Einfuhr ist nur in begründeten Ausnahmefällen möglich, heißt es beim BAG.

Das könnte Sie auch interessieren

Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) und Agrarminister Cem Özdemir (Grüne) hatten die Eckpunkte am Mittwoch vorgestellt, die weniger weitreichend sind als die ursprünglichen Ampel-Pläne.

So wird es die geplanten Cannabis-Fachgeschäfte, in denen Rausch-Produkte frei verkauft werden können, zunächst nicht geben. „Nicht-gewinnorientierte“ Vereine mit maximal 500 Mitgliedern dürfen gemeinschaftlich Cannabis zu Genusszwecken anbauen und nur an Mitglieder für den Eigenkonsum abgeben.