Wenn alles wie vorgesehen klappt, bekommt Romanshorn am 17. April so viel Aufmerksamkeit wie noch nie in seiner Geschichte. Über 50 Medienschaffende aus der ganzen Schweiz, aus Deutschland, Österreich und Frankreich wollen dabei sein, wenn das vor über 90 Jahren versenkte Dampfschiff „Säntis“ an die Wasseroberfläche geholt wird. Kamerateams von SRF, ZDF, ORF, RTL, SWR, BR, Welt-N24 oder Servus TV werden die Bergungsarbeiten für ein Millionenpublikum mitverfolgen.
Über das Großereignis berichten auch Reporterinnen und Reporter diverser Zeitungen aus dem In- und Ausland sowie der Nachrichtenagenturen Keystone-SDA, Reuters und AFP. Auch der SÜDKURIER wird am kommenden Mittwoch einen Live-Stream und einen Ticker anbieten.
Hunderte wollen zudem mit eigenen Augen sehen, wie das Wrack aus dem See gezogen wird. Die Schweizerische Bodensee-Schifffahrt AG (SBS) bietet Sonderfahrten zum Schauplatz in Ufernähe an. Die MS St. Gallen mit Platz für 150 Personen ist bereits ausgebucht, ebenso die MS Thurgau, auf dem 120 Passagiere hautnah am Geschehen dabei sein können.
Aufgrund des großen Publikumsinteresses wird sogar die Fähre Romanshorn zum schwimmenden Aussichtsplatz für 200 Schaulustige. „Es hat noch einige freie Plätze“, sagt Markus Wilda, der Leiter Marketing und Verkauf bei der SBS. „Eine Anreise ist nur mit dem öffentlichen Verkehr möglich, da nicht genügend Parkplätze zur Verfügung stehen.“
Sonderfahrt des Luxusliners Oesterreich
Vor Ort sein wird auch die MS Säntis mit geladenen Gästen der SBS an Bord. Von Hard aus – mit Halt in Lindau – bringt außerdem das 1928 in Betrieb gesetzte Art-déco-Motorschiff Oesterreich Zuschauerinnen und Zuschauer aus Österreich und Deutschland aufs Wasser vor Romanshorn.
„Das Interesse ist riesig. Wir werden teilweise jetzt schon regelrecht belagert“, sagt Silvan Paganini, der die treibende Kraft hinter dem Projekt ist und der den extra für diesen Zweck gegründeten Schiffsbergeverein präsidiert.
Im Moment sind er und sein Team daran, alles vorzubereiten, damit die „Säntis“ am Wochenende vom Grund des Bodensees in 210 Metern Tiefe auf halber Strecke zwischen Romanshorn und Immenstaad gehoben und unter Wasser in die Salmsacher Bucht geschleppt werden kann, wo sie nächste Woche dann aus zwölf Meter Tiefe an Land geholt wird.
Wenn sie auf dem Wasser unterwegs seien, würden sich ihnen andere Schiffsführer nähern, um sich zu erkundigen, was es Neues gebe. „Und auch an Land werden wir ständig auf die anstehende Bergung angesprochen“, sagt Paganini, der sein Geld als technischer Betriebsleiter Nautik und Werft bei der SBS verdient. Es gebe sogar solche, die extra aufs Werftgelände kommen würden, um auf dem Laufenden zu bleiben.
„Riesiger Glücksfall“ für die SBS
Für die SBS ist die Bergung der „Säntis“ nach den Worten von Wilda „ein riesiger Glücksfall“. Kurzfristig wegen des aktuellen Hypes. Nicht nur werden nächste Woche alle Augen auf Romanshorn gerichtet sein. Viele werden auch das Wrack sehen wollen, das in der Werft am Hafenfest der SBS am 20. und 21. April besichtigt werden kann, wenn es nicht zu Komplikationen kommt.
Ziel ist es, das Dampfschiff langfristig als nautisches Monument einem breiten Publikum zugänglich zu machen. Wo es dereinst stehen wird, ist noch nicht bestimmt. Die Rede war einst von der Bunkerwiese, wo die SBS im Juni ihren Abenteuerspielplatz Robinshorn eröffnet. „Wir haben die definitive Lösung noch nicht gefunden“, sagt Paganini mit Verweis auf das aufwendige Baubewilligungsverfahren.
Es warten bereits die nächsten Herausforderungen
Zuerst einmal müsse es überhaupt gelingen, das alte Dampfschiff an Land zu bringen, was schwierig genug sei. Danach warte bereits die nächste Herausforderung: Das Wrack schwimmfähig zu machen und es zu konservieren, damit es nicht innerhalb kurzer Zeit zu Rost zerfällt. Paganini und seine Helferinnen und Helfer im Schiffsbergeverein haben dafür im Sommer zwölf Wochen Zeit. So lange stellt ihnen die SBS die Werft zur Verfügung.
Ist das alles geschafft, bleiben ihnen zwei Jahre, um einen Platz für das aufpolierte Wrack zu finden, das in dieser Zeit im Romanshorner Haupthafen (Winter) beziehungsweise Werfthafen (Sommer) liegen wird. Die SBS wäre nach wie vor sehr interessiert daran, dass die „Säntis“ dereinst Teil des Abenteuerspielplatzes wird, sagt Wilda.
Der Zeitplan
Die Vorbereitungen für die Hebung der „Säntis“ laufen auf Hochtouren. Am Freitag will der Schiffsbergeverein die Plattform einwassern, mit deren Hilfe das Wrack vom Seegrund geholt wird. Am Samstag ist dann gemäß aktuellem Plan die Stunde der Wahrheit: Mit Luft gefüllte Säcke sollen das an Seilen hängende Dampfschiff aus dem Schlick ziehen und es fast ganz nach oben bringen.
Am Sonntag ist vorgesehen, die noch unter Wasser liegende „Säntis“ in die Salmsacher Bucht zu schleppen, wo sie in zwölf Meter Tiefe auf Grund gesetzt wird. Am Mittwoch wird das Wrack schließlich zur Werft der SBS verbracht und an Land gezogen.
Dieser Text erschien zuerst bei der Thurgauer Zeitung.