Die Quaggamuscheln sind zur Plage für die Wasserwerke am Bodensee geworden. Das invasive Weichtier wurde erstmals 2016 in Wallhausen am Überlinger See nachgewiesen und hat sich seither rasant verbreitet. Sogar in 250 Metern Tiefe kann das Neozoon überleben, was es beispielsweise von der Dreikantmuschel unterscheidet.
Um zu verhindern, dass die Seewasserleitungen zuwachsen und durch die äußerst reproduktiven Einwanderer irgendwann verstopft werden, setzt die Regio Energie Amriswil seit Erweiterung des Seewasserwerks Kesswil im Jahr 2021 auf ein neues Reinigungssystem.
Man presst mit hohem Wasserdruck komprimierbare Schaumstoffzapfen mit unterschiedlicher Oberfläche durch die Rohre. Die sogenannten Molche lösen die Muscheln ab, schieben sie vor sich her, befördern den Abrieb ins Freiwasser und tauchen auf.
Die Genossenschaft EW Romanshorn hat nun ihre dritte, 1994 in Betrieb genommene Seewasserleitung erstmals auch mit solchen Zapfen geputzt. Möglich war das nur durch die Installation einer Art Laderohr für die Molche, weil sich diese aus Platzgründen nicht einfach so in die Seewasserleitung einführen ließen, sagt Geschäftsleiter Joh van der Bie.
Nötig war dafür der Bau eines acht Meter tiefen Schachtes, in dem sich auch ein großes Wasserbecken befindet, das Teil einer Experimentieranlage ist. Kostenpunkt für alles inklusive Technik: 1,6 Millionen Franken.
Thurgauer testen Verfahren für den gesamten Bodensee
„Wir machen einen Laborversuch für den ganzen Bodensee“, sagt van der Bie. Normalerweise befindet sich am Ende der Seewasserleitungen eine Art großes Sieb. Für die Bekämpfung der Quaggamuschel bringt es nichts.
Diese verbreitet sich über ganz kleine, frei in der Wassersäule schwebende Larven, die sich überall anheften und zu erwachsenen Tieren entwickeln. Die Filterkörbe sind für die Jungtiere kein Hindernis, sondern bieten zusätzliche Flächen.
Bei der Reinigung der Leitungen sind diese Endstücke zudem im Weg. Die Amriswiler haben sie nicht mehr fest montiert. Die Filterkörbe lassen sich relativ problemlos von einem Tauchroboter abnehmen und an die Wasseroberfläche transportieren.
Die Romanshorner haben das Sieb seit drei Jahren auch bloß noch aufgesteckt, um es bei starkem Bewuchs ohne großen Aufwand an die Wasseroberfläche holen zu können. Vor wenigen Tagen haben sie es vorerst für ein Jahr ganz entfernt. „Wir schauen, was passiert“, sagt van der Bie.
Die große Frage ist, ob Fische durch die einen Kilometer lange Leitung mit einem Durchmesser von 800 Millimetern Richtung Seewasserwerk schwimmen. Sollten sie es tun, endet ihre Reise im neuen Auffangbecken, in das ein Mitarbeiter von EW Romanshorn bei seinem täglichen Kontrollgang im Wasserwerk immer ein Auge wirft.
Markus Schoch ist Reporter unserer Partnerzeitung, der „Thurgauer Zeitung“.