Grenzen überschreiten, um das angestrebte Ziel zu erreichen? Das ist im Sport üblich. Was aber normalerweise im übertragenden Sinne gemeint ist, kann in diesem Fall wörtlich genommen werden. Der Fußballverein der deutschen Exklave Büsingen spielt in der schweizerischen Liga, muss also für alle Auswärtsspiele auf die andere Seite der Grenze fahren. Und nicht nur das: Beim FC Büsingen spielen nach Angaben des Präsidenten Heinz Wipf über 80 Prozent Schweizer. Passend dazu präsentiert der Verein auf seiner Internetseite das Motto: „Wir sind der deutsche Fußballverein in der Schweiz und der schweizerische Fußballclub in Deutschland.“ Das führt zu besonderen Regelungen, sorgt aber auch für Probleme – beispielsweise wenn es ums Geld geht.

Der FC Büsingen ist als Verein einer deutschen Gemeinde dem Schweizer Fußballverband angeschlossen. Und das schon seit über 75 Jahren, wie der Präsident erzählt. Damals habe der Verein einen Antrag an den Schweizer Fußballverband gestellt. Heinz Wipf begründet: „Es lag auf der Hand, da wir als Exklave ohnehin von schweizerischen Dörfern umzingelt sind.“ So habe der FC Büsingen in der Regel nichts mit den deutschen Vereinen zu tun – eine Ausnahme seien Freundschaftsspiele, so Wipf.

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Die erste Mannschaft spielt in der vierten Liga

Deutsch-schweizerische Spieler-Transfers sind für den Verein keine Hürde: „Wir müssen vielleicht ein Formular mehr ausfüllen, aber sonst läuft alles ganz normal“, sagt der Präsident. Auch sonst läuft der Spielbetrieb ähnlich wie in Deutschland. Mit dem Unterschied, dass es deutlich weniger Ligen gibt. „Unsere erste Mannschaft spielt in der vierten und die zweite in der fünften Liga. Das hört sich spektakulär an, ist es aber gar nicht – es gibt in der Schweiz nur fünf Ligen“, gibt Heinz Wipf schmunzelnd zu.

Im vergangenen Jahr feierte der FC Büsingen sein 100-jähriges Jubiläum. Sowohl deutsche als auch schweizerische Spieler prägen die ...
Im vergangenen Jahr feierte der FC Büsingen sein 100-jähriges Jubiläum. Sowohl deutsche als auch schweizerische Spieler prägen die Historie des Vereins. | Bild: Lara Reinelt

Ein Zufall führte Wipf zum FC Büsingen

Der Präsident war selbst einmal aktiver Spieler in der ersten Mannschaft, wie er berichtet. Auch er ist Schweizer, kommt aus Schaffhausen und ist durch Zufall auf den Verein gekommen. „In Schaffhausen haben die Bars recht früh zugemacht, so bin ich mit meinen Kollegen abends immer nach Büsingen gegangen. Da habe ich dann Spieler vom FC Büsingen kennengelernt“, so Wipf. 1974 trat er dem Verein dann als 18-Jähriger bei.

Mittlerweile spielt er bei den Alten Herren. Für diese setzte er sich einige Jahre als sogenannter Seniorenobmann ein. So kam es, dass er Teil des Vorstands wurde und die Leitung des Spielbetriebs übernahm. Vor fünf Jahren wurde Heinz Wipf nach eigenen Angaben zum Präsidenten gewählt.

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Wegen Pandemie plötzlich auch Training in der Schweiz

In seinem ersten Jahr als Präsident war Heinz Wipf direkt mit einer Ausnahmesituation konfrontiert: Während des Lockdowns 2020 musste der Trainingsbetrieb des FC Büsingen eingestellt werden, da die deutsche Regierung diesen unter Corona-Auflagen nicht gestattete. In der Schweiz durften die Vereine allerdings weiterhin trainieren. „Wir mussten einen Ersatzplatz in der Schweiz organisieren, um nicht in Trainingsrückstand zu geraten“, erzählt Heinz Wipf.

Darum gibt es keine Fördergelder mehr

Die Grenze sorgt nicht nur in diesem Fall für Probleme für den Verein. Auch die Fördergelder sind ein heikles Thema, wie der Präsident erwähnt: „Seit über zwei Jahren bekommen wir keine Junioren-Fördergelder mehr. Denn dem Schweizer Fußballverband ist aufgefallen, dass wir auf deutschem Boden spielen. Sie haben die Zahlungen eingestellt.“ Auch der Deutsche Fußball-Bund sehe nicht ein, für die Fördergelder aufzukommen, da der FC Büsingen nicht Teil des deutschen Ligen-Systems ist.

Um die fehlenden Fördergelder auszugleichen, vermietet der FC Büsingen seinen Kunstrasenplatz im Winter an schweizerische Vereine.
Um die fehlenden Fördergelder auszugleichen, vermietet der FC Büsingen seinen Kunstrasenplatz im Winter an schweizerische Vereine. | Bild: Lara Reinelt

Infolgedessen musste der Verein laut Wipf die Mitgliedsbeiträge erhöhen, um sich über Wasser halten zu können. Außerdem vermiete der FC Büsingen in den Wintermonaten seinen Kunstrasenplatz an Vereine aus der Schweiz. „Im Winter sind in der Schweiz alle Plätze gesperrt. Da haben wir als deutscher Verein ausnahmsweise mal einen Vorteil“, so der Präsident. Ihm ist zudem wichtig zu erwähnen, dass die Gemeinde Büsingen den Verein in seiner misslichen Lage mit kleinen Geldspritzen unterstütze.

Wenn die Grenze selbst den Schiedsrichter verwirrt

Manchmal führt der Sonderstatus des FC Büsingen aber auch zu witzigen Vorfällen. Heinz Wipf hat eine Anekdote auf Lager: „Einmal hat mich ein Schiedsrichter vor unserem Heimspiel angerufen und gesagt, er schafft es nicht rechtzeitig, weil er versehentlich in Deutschland gelandet ist. Er wusste nicht, dass Büsingen deutsch ist und er tatsächlich am richtigen Sportplatz gelandet ist.“

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Sonst ist der Grenzeinfluss im Ligaalltag aber nicht bemerkbar, sagt der Präsident. Die Junioren wüssten nicht einmal, dass eine Grenze den FC Büsingen von den anderen Vereinen trennt. Heinz Wipf ist bewusst: „Wir sind schon speziell, aber eben nur auf dem Papier.“