Wer ihrer Mundart mächtig ist, ist klar im Vorteil, an Tagen wie diesen. Einkaufszentrum Lohgerbe in Bad Säckingen. Die Lifte fahren im Dauerbetrieb rauf und runter, vollgepackt mit Menschen. Aber gerade ist der Wurm drin. Immer wenn sich der Fahrstuhl wieder in Bewegung setzen will, geht die Tür erneut auf. „Also entweder steigen Sie jetzt ein oder Sie hören auf zu drücken“, ruft eine Schweizerin lauthals heraus. Aber eben – in breitestem Schweizerdeutsch.

Tage wie diese – dazu gehört der 1. August, der Nationalfeiertag der Eidgenossen. Fällt dieser auf einen Werktag ennet der Grenze, nutzen sie ihn gerne zum Shoppen im deutschen Grenzraum, in den Einkaufstourismus-Hotspots Bad Säckingen und Waldshut.

Frühstück auf der XL-Markt-Terrasse

Und die ersten waren früh auf den Beinen: 9 Uhr Bad Säckingen, Einkaufszentrum Brennet-Park an der Bundesstraße 34: Die Terrasse der Gastronomie von Schmidts Markt XL ist voller Gäste. Wer außer Schweizerinnen und Schweizer hätte jetzt Zeit, dort ein ausgiebiges Morgenessen zu genießen, wie das Frühstück bei unseren Nachbarn heißt. Die Deutschen müssen ja arbeiten.

Beim Zoll in Waldshut stehen die Schweizer Schlange Video: Sandra Bonitz

Unten auf dem Parkplatz häufen sich die Autos mit Schweizer Nummernschildern: AG, BS, BL sind die meisten, aber auch ZH und ZG, also Kanton Zug, sind vertreten. Ein Paar aus dem Kanton Zug hat gerade für 280 Euro eingekauft, rund 100 Artikel. Es ist 70 Kilometer von seinem Wohnort angefahren und sagt: „Das Angebot hier ist viel größer als bei uns zuhause.“

Das Sortiment sei viel größer als das von Coop und Migros zuhause. Und sie sagen: „Die Preisunterschiede beim Fleisch sind immer noch riesig.“ Hier, bei „de Dütsche“, ist es doch noch um Welten günstiger. Jetzt haben sie es eilig, wollen noch zum Paketshop, um dort ein Päckli abzuholen. Darauf, sich am Zoll zwecks Mehrwertsteuerrückerstattung den Kassenzettel abstempeln zu lassen, wollen sie verzichten, erzählen sie.

300 statt 200 Euro für einen vollen Einkaufswagen

Sinisa Cvijetic aus Möhlin im Fricktal ist gerade auf dem Rückweg aus den Sommerferien und nutzt seinen arbeitsfreien 1. August zum Einkaufen in Bad Säckingen. Aber er und seine Frau kommen jetzt deutlich seltener über den Rhein, nur noch ein Mal pro Monat gegenüber früher alle 14 Tage. „Früher haben wir den Einkaufswagen für 200 Euro füllen können, heute müssen wir dafür 300 Euro hinlegen“, sagt Cvijetic. Aber gut, zuhause wären es wohl doch noch einige Franken mehr. Sonst hätten sie ja auch in Möhlin einkaufen können.

Laurence Shargool aus dem aargauischen Mellingen ist mit seinen Söhnen Cian, Robin und Valentin nach Bad Säckingen gekommen. Papi hat heute frei und Mami kann zuhause ausschlafen. Auch sie finden, dass im Vergleich zu den großen Einzelhandelsketten zuhause die Warenvielfalt ennet der Grenze höher ist. Sie lieben vor allem das deutsche Fleisch. Aber sie können auch vergleichen und finden, dass die Preise gegenüber früher deutlich angezogen haben. Und die Rückerstattung der Mehrwertsteuer sei mit sieben Prozent ja auch nicht so hoch, findet der aus England stammende Mann.

An ihrem Nationalfeiertag, den 1. August, gehen viele Schweizer gerne in Deutschland einkaufen. In Bad Säckingen wurden daher die ...
An ihrem Nationalfeiertag, den 1. August, gehen viele Schweizer gerne in Deutschland einkaufen. In Bad Säckingen wurden daher die Parkplätze knapp. | Bild: Wagner, Hans

In der Lohgerbe werden die Parkplätze knapp

Früh in der deutschen Nachbarschaft unterwegs zu sein, zahlte sich am 1. August 2024 für die Schweizerinnen und Schweizer aus. Denn gegen Mittag wurden in Bad Säckingen die Parkplätze knapp. Am Parkhaus Lohgerbe geht die digitale Anzeige der noch freien Parkplätze langsam aber sicher gegen Null.

Immer mehr Autos mit Schweizer Nummernschildern fahren ein, viele aus dem Aargau, manche aus Basel, aber auch BE für Bern sieht man. An der Auffahrtsrampe staut sich der Verkehr und das trotz der seit Frühjahr abgebauten Zufahrtsschranken. In der Lohgerbe sind die Mitarbeitenden des Drogerieriesens dm im Stress: Alle Kassen sind besetzt und an denen zum Selbstscannen steht die Kundschaft ebenfalls Schlange.

Auch in Waldshut waren am 1. August die Parkhäuser dicht.
Auch in Waldshut waren am 1. August die Parkhäuser dicht. | Bild: Völk, Melanie

Kornhaus-Parkhaus in Waldshut voll belegt

Die Kaiserstraße in Waldshut ist am 1. August, dem Schweizer Nationalfeiertag, mittags um 14.30 Uhr gut gefüllt. An jeder Ecke, in den Cafés und Restaurant unterhalten sich Menschen auf Schweizerdeutsch. Auf dem Parkplatz hinter dem Kornhaus sind fast nur Autos mit Schweizer Kennzeichen abgestellt. Am Kornhaus-Parkhaus signalisiert die Anzeige: „Belegt“.

Die Kaiserstraße Waldshut war für einen Donnerstag belebter als sonst.
Die Kaiserstraße Waldshut war für einen Donnerstag belebter als sonst. | Bild: Talenta, Nico

Wer die Grenzübergänge in Waldshut, Laufenburg oder Bad Säckingen passieren wollte, brauchte am Donnerstag Zeit. Auch der Weg nach Waldshut oder Bad Säckingen dauerte wegen des hohen Verkehrsaufkommens länger als sonst. Für die Fahrt von Albbruck nach Waldshut waren Autofahrer gegen 14 Uhr satte 45 Minuten statt der üblichen 10 bis 15 Minuten unterwegs.

Beim Zoll in Waldshut stehen die Schweizer Schlange.
Beim Zoll in Waldshut stehen die Schweizer Schlange. | Bild: Sandra Bonitz

Nach Tiengen brauchten Autofahrer gegen 15 Uhr mit 30 Minuten doppelt so lange wie gewohnt. Auch Landeswirtschaftsministerin Nicole Hoffmeister-Kraut bekam das bei ihrem Besuch am Donnerstag in Waldshut-Tiengen zu spüren.

1. August gut gelegen am Donnerstag

Auch im Geschäft von Thomas Wartner, Vorsitzender des Werbe- und Förderungskreises, ist einiges los. „Seit ich die Türe aufgemacht habe, war ich bis jetzt durchgehend in Kundengesprächen“, sagt er. Den Schweizer Nationalfeiertag bezeichnet der Einzelhändler als wichtig für die Stadt Waldshut-Tiengen: „Viele Schweizer machen Ausflüge hierher.“

Der 1. August sei in diesem Jahr unter der Woche an einem Donnerstag gut gelegen. Im vergangenen Jahr sei es ruhiger gewesen. „In der Regel ist es aber immer ein guter Tag. Viele Schweizer kommen am Nationalfeiertag gezielt zu uns“, weiß Wartner aus Erfahrung. „Es ist immer wieder motivierend, so in den Monat zu starten.“

Dass der Nationalfeiertag erfreulich für die Geschäfte in Waldshut ist, bestätigt auch Jochen Seipp, Geschäftsführer des gleichnamigen Geschäfts Seipp Wohnen: „Wir feiern mit den Schweizern den Nationalfeiertag mit. Es ist frequentierter, aber wir freuen uns, dass unsere Nachbarn zu Besuch sind.“

Ähnlich sieht es auch Ewald Zeilfelder, Geschäftsführer des Geschäfts Zett Mode in der Kaiserstraße: „Dieses Angebot hier in Waldshut und überhaupt an der Grenze entlang ist nur durch den Einkaufstourismus möglich. Davon profitiert auch der deutsche Kunde, weil er ein entsprechend breites und hochwertiges Sortiment angeboten bekommt.“

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