Der St. Chrischona Sendeturm ragt über die Baumwipfel. Er zählt zu den höchsten Bauwerken der Schweiz und befindet sich ganz nah der Grenze im Dreiländereck Deutschland-Frankreich-Schweiz.
Verschiedene Wege führen zum Chrischona Sendeturm. Direktes Parken neben der Anlage ist nicht möglich. Von deutscher Seite aus lässt es sich am Waldparkplatz nahe Rührberger Hof parken. Nach einem Spaziergang durch Mischwald läuft man zu Fuß über die Grenze zur Schweiz und sieht durch die Bäume den Turm mit seinem rot-weiß gestreiften Sendemast.

Fernsehturm St. Chrischona
Sein genauer Standort ist der 522 Meter hohe Baseler Hausberg St. Chrischona, zugleich Namensgeber für den Sendeturm. Drumherum befindet sich ein beliebtes Naherholungsgebiet. Der St. Chrischona Sendeturm wird von der Schweizer Telekommunikationsfirma Swisscom, genauer der Swisscoam Broadcast AG, betrieben und immer noch als Sendestandort genutzt.
„Für die Rundfunknetze der Radiobranche sowie Sicherheits- und Betriebsfunknetze für Polizei und Rettungsdienste sei der Chrischona Sendeturm noch heute ein wichtiger Standort“, bestätigt Robin Hatt, der Leiter des Außendienstes. Er wartet bereits am Fuße des Turms.

Architektonisch bildet der 250 Meter hohe Fernsehturm eine beeindruckende Kulisse. Man könnte meinen, man betrete das Gelände einer Raketentest-Station.
„Irgendwie spacig, retro und monumental zugleich“, schießt es der Reporterin durch den Kopf.
Warum der Turm so aussieht, wie er aussieht
„Die Form hat man aus Erdbeben- und windtechnischen Gründen gewählt. Auch die Form des Mittelstücks bis 150 Meter ist nicht rund oder viereckig, weil sonst Querschwingungen infolge von Wirbeln auf der windabgeneigten Seite den Turm destabilisieren würden“, erklärt Robin Hatt.
Die drei Füße stützen das Mittelstück des Turmes. Stahlseile fangen die Spreizkräfte des Bauwerkes ab. Der Turm schwebe also etwa 1,50 Meter über dem Boden. Unglaublich, aber unter der Erde im dritten Untergeschoss könnte man unter dem Turmschaft durchgehen.
Die zwei Turmaufbauten sind nicht kreisförmig um den Schaft, sondern asymmetrisch angeordnet. Als Gegengewicht gebe es auf der Turmhöhe von mehr als 103 Metern ein Wasserreservoir anstatt einer Metallkugel. Die jeweils zwei 100-Kubikliter-Wassertanks dienen der Wasserversorgung von St. Chrischona und der Gemeinde Bettingen.
In 40 Sekunden in die höchste Etage
Der Betonturm hat 47 Stockwerke nach oben. Innerhalb von nur 40 Sekunden fährt dieser vom Erdgeschoss in die letzte Etage 47 und so schnell auch wieder herunter.
Wobei der Fahrstuhl nicht in jeder Etage anhalten kann. Der Fahrstuhl fährt bis zum obersten Turmaufbau. Hier befindet sich in 150 Meter Höhe ein Sitzungszimmer mit sensationellem Rundumblick.

Das Pendel zeigt Bewegung an
In der Mitte des Konferenztisches ist ein von der Decke herabhängendes Pendel befestigt. „Dieses dient mehr der Unterhaltung als zur technischen Messung der Schwingung“, berichtet uns Robin Hatt. Spannend ist es dennoch, weil dem Betrachter bewusst wird, dass hier Bewegung stattfindet.
Jedoch nicht mehr als 2,5 Zentimeter in jede Richtung. Oben am Sendemast seien bei starkem Wind Schwingungen von mehr als einen Meter möglich.
Beeindruckende Sichtweiten und Panoramen
So wie St. Chrischona am Dreiländereck erhaben mit Blick in die Ferne thront, könnte der Betrachter meinen, von hier muss ein endloser Blick möglich sein. Tatsächlich, von oben lassen sich sensationelle Panoramen erblicken. Und das, im nahezu 360-Grad-Rundumblick in alle Himmelsrichtungen.
Für die Orientierung sind an den schräg nach unten abfallenden Fenstern die Namen der Berge und Städte angebracht. Bei gutem Wetter sind Sichtweiten von bis zu 130 Kilometern möglich.

Bis Basel sind es nur neun Kilometer, bis Chasseral im Kanton Bern immerhin 68 Kilometer.
Entwurf aus den 1970ern
Im Jahr 1973 gewann der Entwurf, so wie der Chrischona Turm in seiner Architektur heute dasteht, bei einem Wettbewerb. Nach dreijähriger Bauphase ging er erst 1984 in Betrieb.
Die Baukosten betrugen 30 Millionen Schweizer Franken. Der Sendeturm, feierte am 2. August diesen Jahres sein 40-jähriges Jubiläum. Am gleichen Standort stand 70 Jahre zuvor noch ein 30 Meter hohe Sendeturm aus Stahl.

Mit einem sich selbst aufbauenden Kran wurde der Turm Stück für Stück hoch gebaut. Ab der Eröffnung 1984 versorgte die Sendeanlage Chrischona die Kantone Basel-Land und Basel-Stadt mit drei TV- und drei Radioprogrammen. Dann folgten zahlreiche technische Neuerungen wie DVB-T 2006), DAB+ (2009) und wieder Abschaltungen von analogem TV (2007) und DVB-T (2019).
98 Meter langer Sendemast aus Stahl
Mit einer Gesamthöhe von etwas mehr als 250 Metern, inklusive Blitzring und Hindernisleuchte ganz oben auf der Spitze, ist der Turm bis heute das höchste frei stehende Gebäude der Schweiz. Von hier aus lassen sich große Teile der Nordwestschweiz, Baden-Württembergs und selbst Frankreich mit „Sendungsstrahlung“ bedienen.

Dafür sind an dem 98 Meter langen Sendemast aus Stahl unterschiedliche Sendeantennen (für Ausstrahlung) und Parabolschüsseln (für Signalzuführung per Richtfunk) in alle vier Himmelsrichtungen angebracht.
Photovoltaik sorgt für Eigenstrom
Der Turm sei durch seine Lage prädestiniert, Sonnenenergie zu nutzen. 2017 wurden 435 Solarmodule auf einer Länge von 75 Metern am Turmschaft angebracht und in Betrieb genommen. „Und das ohne Gerüst. Die Monteure hingen damals nur an Seilen und montierten die Photovoltaikanlage frei“, erzählt Hatt. Im Jahr komme die über 710 Quadratmeter-Anlage auf etwa 118.000 Kilowattstunden.

Vor noch nicht gar zu langer Zeit konnten Besucher den Turm besichtigen. Eine Stunde habe für Gruppen etwa 250 Schweizer Franken gekostet. Doch seit Corona ist der Turm für öffentliche Begehungen geschlossen. Die Nachfrage habe rapide abgenommen und die Kosten seien zu hoch, heißt es.
Außerdem zählt der Turm „zur kritischen Infrastruktur“ der Schweiz.
Heute alles kompakter, komplexer und stromsparender
Im Inneren führt zusätzlich eine Treppe als Notausgang mit 799 Stufen im Turmschaft von unten bis nach oben. In der Mitte befinden sich die zahlreichen Antennenkabelleitungen aus Kupfer. Die Swisscom Broadcast AG halte am Sendestandort fest. Die DAB+-Technologie für störungsfreies Digitalradio werde vom Chrischona Ausstrahlungsmast schließlich verbreitet. Analoger UKW-Empfang sei ebenfalls noch möglich. „Auch der Südwestdeutsche Rundfunk nutze Chrischona“, berichtet Robin Hatt.

Der technologische Wandel wird fortschreiten. Ob Chrischona in Zukunft als Sendeanlage mithalten kann, mag auch Mitarbeiter Robin Hatt heute noch nicht abschätzen: „Ich könnte mir aber vorstellen, dass der Turm unter Denkmalschutz gestellt werden wird.“ Schließlich ist Chrischona doch längst ein Wahrzeichen für die Region im Dreiländereck.
Besondere Orte
Die SÜDKURIER Video-Serie „Aufgeschlossen – vergessene Orte in der Region“ bietet besondere Einblicke hinter die Fassade verlassene und vergessener Orte in der Region. Hier geht es zu den Videos.
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