Zoë, nach Nemos ESC-Sieg im vergangenen Jahr treten Sie in Basel quasi als Titelverteidigerin an. Wie aufgeregt sind Sie jetzt, so kurz vor dem Wettbewerb?
Noch fühle ich mich ziemlich entspannt. Aber die Proben haben ja gerade erst begonnen. Ich glaube, ein bisschen Nervosität wird kommen. Druck verspüre ich allerdings nicht, denn es ist ja eine Riesenehre, überhaupt bis hierhergekommen zu sein und die Schweiz vertreten zu dürfen. Alles, was jetzt in Basel passiert, ist ein Bonus.
Sie sind in Basel geboren. Freuen sie sich auf die Stadt?
Als ich zweieinhalb war, sind wir nach Deutschland gezogen, später, mit neun, bin ich mit meiner Familie nach Fribourg gegangen, dort wohne ich noch immer. In Basel leben meine Großeltern, ich bin oft dort, um sie zu besuchen. Und ich habe gehört, dass sich Basel rund um den ESC zu einer einzigen großen Partystadt verwandeln wird. Ich bin echt gespannt, denn so kenne ich Basel ja noch gar nicht.
Werden Ihre Großeltern beim Finale live dabei sein?
Ja, aber vor dem Fernseher. (lacht) Die Show ist echt lang und ganz schön laut. Aber meine Eltern und meine zwei Geschwister sind in der Halle und werden mich hoffentlich anfeuern.
Wann sind Sie das erste Mal mit dem ESC in Berührung gekommen?
Das war 2010, als Lena mit „Satellite“ gewann. Ich war neun. Danach habe ich die Gewinner-Songs immer so am Rande mitgekriegt, aber so richtig entdeckt habe ich den ESC erst 2021, als Gjon‘s Tears für die Schweiz angetreten ist, ein guter Freund von mir. Ich war begeistert, wie cool diese ESC-Welt ist, wie vielfältig und wie schön. Dass ich jetzt selbst dabei bin, fühlt sich trotzdem noch immer surreal an.
Ihr Lied heißt „Voyage“, Sie singen es auf Französisch. Wohin geht die Reise?
In meine Welt. Das ist eine Welt, in der die Menschen wieder ein bisschen mehr zusammenfinden und nett zueinander sind. Eine Welt, in der das Negative durch Positivität und Liebe übertrumpft wird. Das ist jetzt keine komplett revolutionäre Idee, aber eine wichtige Botschaft, die man gar nicht oft genug vermitteln kann. Und die, wie ich finde, sehr gut zum ESC passt.

Normalerweise singen Sie auch auf Deutsch. Wieso eigentlich?
Dadurch, dass ich in Deutschland aufgewachsen bin, war Deutsch meine erste Sprache. Als wir nach Fribourg zogen, habe ich Französisch gelernt. Da ich beide Sprachen liebe, schreibe ich in beiden. Bei „Voyage“ wollte ich, dass der Song sich sanft anfühlt und in eine andere Welt entführt. Deswegen habe ich mich für Französisch entschieden. Ich finde aber nicht, dass die französische Sprache grundsätzlich poetischer ist als die deutsche. Deutsch ist die Sprache der Kunst.
Sie haben in der Schweiz Nachwuchspreise gewonnen und sind unter anderem beim Montreux Jazz Festival aufgetreten. Wie sind Sie beim ESC gelandet?
Durch einen internen Auswahlprozess. Verschiedene Jurys hören eine Menge von Songs, es geht Runde für Runde, und am Schluss bin ich mit „Voyage“ übriggeblieben. Im Dezember bekam ich den Anruf vom Schweizer Radio und Fernsehen (SRF), dass ich dabei bin. Ich saß gerade im Zug und durfte es niemandem sagen. Das war spannend, ein solches Geheimnis mit sich herumzutragen.

Wo ist „Voyage“ entstanden?
In Schottland. Ich war dort, um ein Praktikum bei einem Dance-Label zu machen. Nebenher mache ich ja auch Dance-Music, allerdings unter dem Pseudonym Rue More. Das war schon 2022. Die idyllische Stimmung dort in Schottland muss meine Kreativität sehr angekurbelt haben.
Chanson und Dance? Das ist eine interessante Kombination …
Und außerdem Pop. Ich habe so eine Doppeldualität. Ich singe in zwei Sprachen und mache Pop-Chanson und Dance. Ich habe sogar mal in einer Rockband gesungen, das war auch lustig, hat von der Musik her aber nicht so super zu mir gepasst.
Eigentlich sind Sie ja Lehrerin.
Ich habe tatsächlich Lehramt studiert, bin auch fertig mit dem Studium, habe jedoch noch nicht als Lehrerin gearbeitet. Für mich war klar, dass ich nach dem Studium auf jeden Fall erstmal nur Musik machen werde. Das wäre auch ohne die ESC-Teilnahme so gekommen. Ich wollte das Studium abschließen, um danach die Kunst machen zu können, hinter der ich zu 100 Prozent stehe.
Haben Sie von Nemo Tipps bekommen?
Nur den, dass ich jeden Moment genießen soll. Denn ehe man sich es versieht, ist der ESC auch schon wieder vorbei. Und das Leben geht weiter.