Lieber Olaf Malolepski, lieber Vincent Gross,
in dieser Woche hat sich Ihr Schlagerkollege Eloy de Jong kritisch dazu geäußert, dass gerade so viel Gutes übers Trinken gesungen wird. Anlass war nicht nur, aber vor allem der Erfolg Ihres Songs „Drinking Wine Feeling Fine“. Das Lied, noch keine vier Wochen auf dem Markt, hat es in Großbritannien sogar in die Top Ten geschafft, wie Sie, Vincent, auf Instagram voller Stolz berichteten. Mit einem Glas (unbekannten Inhalts) in der Hand, versteht sich.
Das Internet ist schon eine feine Sache: Es fängt damit an, dass einer ein Lied entdeckt und teilt, und mit etwas Glück wird das Ganze dann zum Selbstläufer – so wie bei Ihrem Sommerhit mitten im Frühling.
Ich geb‘s ja zu: Es ist wirklich schwierig, vielleicht sogar unmöglich, sich der Melodie zu entziehen und nicht wenigstens mit den Füßen zu wippen, wenn Sie beide zwischen Lalala hier und Lalala dort von „Sommer, Sonne, Sonnenschein“ singen. Wenn Sie im 3:10 Minuten langen Musikvideo flanieren, hin und wieder sogar im roten Glitzersakko, haben Sie meistens ein Glas dabei, stoßen an und nippen auch mal. Wein ist vermutlich nicht drin, sonst hätten Sie den Dreh kaum überstanden.
Dennoch, da pflichte ich Eloy de Jong bei: In diesem Sommerurlaubs-Ambiente bekommt man den Eindruck, Alkohol sei harmlos. Dabei sagt die Weltgesundheitsorganisation klar: Beim Alkoholkonsum gibt es keine gesundheitlich unbedenkliche Menge.

Jetzt trinkt natürlich auch er mal ein Gläschen und weiß so gut wie ich, dass ein Schlager keine Handlungsanweisung ist. Aber seien Sie mal ehrlich: Wer „Drinking Wine Feeling Fine“ hört, der kann doch gar nicht anders als zu denken, dass Alkohol das Leben schön macht.

Aber Alkohol ist eben nicht nur Spaß, was Ihrer beider Kollege als Kind eines Alkoholikers weiß. Ein Spielverderber will er nicht sein, und ja, ich gebe auch nicht gern die Spaßbremse. Niemand will Klassiker wie „Griechischer Wein“ von Udo Jürgens canceln. Nur zum Sagen, bevor Beschwerden kommen.
Selbst Heino besingt in „Ein Gläschen am Morgen“ neuerdings die Freuden des Alkohols. „Ein kleines Gläschen, ein Gläschen am Morgen/Vertreibt alle Sorgen und tut mir so richtig gut.“ Und es geht weiter: „Ja, das hätte ich am liebsten jeden Tag.“ Problematisch? Na, ich finde schon.
Aber während Heino mit seinen 86 Jahren eh macht, was er will, und ich bei Ballermann-Sängern wie Markus Becker, der seinen Song „Bierkapitän“ (“Ob München, Köln oder Mainz/Ein lauwarmes Bier ist besser als keins“) inzwischen bereut, und Rumbombes Anti-Anti-Alkohol-Hymne „Hurensohn“ („Doch wer nicht trinkt, ist ein Huren-, ein Hurensohn“) nur den Kopf schüttele, frage ich mich bei Ihnen beiden schon, ob Ihnen die Themen ausgehen.
Vincent, Sie haben so einige Getränke besungen, ich erinnere an Ihre Songs „Ouzo“, „Glühwein“ und „Aperol Spritz“. Echt jetzt? Was ist mit der Liebe in all ihren Schattierungen, ist da alles gesagt? Sonst singen Sie von mir aus über Apfelschorle – das kommt dann auch auf meine Spotify-Playlist.