In Deutschland wohnen, in der Schweiz arbeiten: Für die sogenannten Grenzgänger gelten andere Regeln als für all diejenigen, die im selben Land arbeiten, in dem sie auch wohnen.

Michael Ritzau ist selbstständiger Honorarberater, hat selbst viele Jahre in der Schweiz gearbeitet, dabei in der Schweiz und in Deutschland gewohnt und kennt sich aus, wenn es um Finanzen geht. Er nennt vier Fehler, die Grenzgänger besser vermeiden sollten – dabei können sie auch noch Geld sparen.

1. Achtung bei Rückkehr in deutschen Arbeitsmarkt

Wer in der Schweiz nicht in Rente geht, sondern sein Arbeitsverhältnis vor Renteneintritt aufgibt, sollte wissen, dass er den Rentenanspruch aus der zweiten Säule verliert, sagt Ritzau.

Dann ist nur noch die Auszahlung des sogenannten Freizügigkeitskapitals möglich. Wer das Geld nahezu unverzinst auf einem Freizügigkeitskonto liegen lässt – einem Konto, auf dem angespartes Kapital aus der Pensionskasse deponiert werden kann – erziele aber kaum eine Rendite. Unter bestimmten Voraussetzungen kann das Geld auch ausgezahlt werden. Zum Beispiel, wenn Grenzgänger die Schweiz definitiv verlassen und keine versicherungspflichtige Tätigkeit mehr aufnehmen oder wenn selbstgenutztes Eigentum erworben werden soll.

Liegt das Kapital auf dem Freizügigkeitskonto, sind weder Steuern noch Zinsen fällig. Grenzgänger zahlen allerdings Quellensteuer bei der Auszahlung des Vorsorgekapitals. Dazu ist das Kapital in Deutschland bei Auszahlung meist zu versteuern: Derzeit müssen 83 Prozent versteuert werden, bis 2040 sind es 100 Prozent.

Von einem von Banken und Versicherungen teilweise empfohlenen Übertrag in die Basis-Rente (Rürup-Rente) rät der Experte ab – warum? „Teuer, maximal unflexibel, oft völlig unattraktive Rentenfaktoren“, so Ritzau.

Stattdessen seien Freizügigkeitskonten in Ordnung, wenn bis zur Geldentnahme nur wenig Zeit bleibe. „Die sind bis 100.000 Franken über die Schweizer Einlagesicherung abgesichert.“ Bei einem längeren Zeitraum rät der Experte zu ETF-Börsenindexfonds als Anlagelösung für Freizügigkeitskapital.

2. Vorsicht bei Direktversicherungen

Direktversicherungen sind Teil der betrieblichen Altersvorsorge in Deutschland. Darunter fallen Lebens- und Rentenversicherungsverträge, die vom Arbeitgeber für den Arbeitnehmer abgeschlossen werden. Bis zu 7008 Euro kann man hier jährlich als Sonderausgaben von der Steuer abziehen.

Doch Ritzau mahnt zur Vorsicht: Hohe Kosten bei den Verträgen machten den Steuervorteil regelmäßig mehr als zunichte, zumal die resultierenden Renten später zu versteuern seien und in der Höhe aufgrund schlechter Rentenfaktoren und hoher Krankenkassenabzüge enttäuschend sein können.

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Das deutsche Betriebsrentenstärkungsgesetz, das von deutschen Arbeitgebern mindestens 15 Prozent Zuschüsse fordert, gilt für Arbeitnehmer in der Schweiz nicht. „Grenzgänger bekommen nie einen Zuschuss, selbst wenn der Arbeitgeber wollen würde“, so Ritzau.

Damit sei die Direktversicherung keine rentable Option. Auch Finanztest und die Verbraucherzentrale empfehlen sie nur bei einem Arbeitgeberzuschuss von 20 Prozent oder mehr.

Michael Ritzau, Honorarberater, rät Grenzgängern von Direktversicherungen ab.
Michael Ritzau, Honorarberater, rät Grenzgängern von Direktversicherungen ab. | Bild: Geraldine Friedrich

3. Freiwilliges Einzahlen in Schweizer Pensionskasse nicht unbedingt sinnvoll

Wer weniger als 21.510 Franken im Jahr verdient, kann freiwillig in die Schweizer Pensionskasse, die zweite Säule, einzahlen. Für alle anderen Arbeitnehmer ist die Pensionskasse obligatorisch. Steuervorteile gibt es allerdings laut Ritzau nicht – anders als für Menschen, die in der Schweiz wohnen und arbeiten.

„Grundsätzlich ist das nicht unbedingt attraktiv“, so der Experte zur Pensionskasse. „Sicher besser, als eine teure private Rentenversicherung zu zahlen, aber man sollte Alternativen wie eine Anlage in kostengünstige ETFs prüfen.“

Roland Saile von der Grenzgängerhilfe Bodensee/Hochrhein in Konstanz sieht das etwas anders: Denn die Rente und die zweite Säule der Vorsorge in der Schweiz seien meist ausreichend als Absicherung im Alter und besser als die Rente in Deutschland bei der Auszahlung. Eine private Rentenversicherung brauche es dann nicht unbedingt.

Nur wer vor Renteneintritt wieder in Deutschland arbeitet, sollte privat vorsorgen, so Saile. Allerdings kann jeder Arbeitnehmer, unabhängig ob er in Deutschland oder der Schweiz arbeitet, in Deutschland eine private Rentenversicherung abschließen.

4. Richtige Leistungen bei Krankenversicherung wählen

Laut Saile haben Grenzgänger drei Möglichkeiten für ihre Krankenversicherung. Zum einen können sie sich für die gesetzliche deutsche Kranken- und Pflegeversicherung entscheiden, die mit 17,5 Prozent vom Einkommen bis 4987,50 Euro finanziert wird. Der Schweizer Arbeitgeber zahlt zu dem Beitrag jedoch nichts dazu. Zum anderen besteht die Möglichkeit eine private Krankenversicherung für, je nach Alter, ab 500 Euro abzuschließen.

Als dritte Möglichkeit nennt Saile die Grenzgänger-Krankenversicherung bei einer Schweizer Kasse für etwa 200 Franken in Kombination mit der Deutschen Vorleistungskasse, wodurch Patienten sowohl in Deutschland als auch in der Schweiz behandelt werden können. „Wer möchte, kann Zusatzversicherungen für den Krankenhausaufenthalt oder Zahnersatz abschließen“, so Saile.

Dem Rat schließt sich auch Ritzau an, empfiehlt aber explizit, im Falle einer Schweizer Krankenkasse an eine Zusatzversicherung für Leistungen wie Zahnbehandlungen, Zahnersatz und Prophylaxe zu denken, da diese Leistungen von Schweizer Krankenversicherung nicht abgedeckt werden.