Auch ein paar Regentropfen konnten zum Schluss die gute Laune, mit der das Popduo Glasperlenspiel sein Publikum beim Hohentwielfestival auf Singens Hausberg begeisterte, nicht bremsen. Im Gegenteil: jeder Tropfen verdampfte rasch und machte die Energie des Abends sichtbar. "Singen, das ist so unglaublich!", gestand Caro Niemczyk hochemotional, wie es sich anfühlt, auf der großen Bühne in der kleinen Heimatstadt zu stehen und rund 4000 Fans vor sich zu sehen. Hoch emotional war auch das Publikum. Am liebsten hätten die Besucher noch eine – und noch eine – Zugabe bekommen. Doch nicht das Wetter, sondern Naturschutzauflagen haben dem Abschlusskonzert beim Hohentwielfestival ein Ende bereitet. Nachtruhe für die Vogelwelt.
Zuvor war es traumhaft, für Caro Niemczyk und Daniel Grunenberg und nahezu alle auf der Karlsbastion. "So viel Herzlichkeit und Gelassenheit auf so engem Raum erlebt man in Berlin selten", hat Cordelia Pfanner, die aus der Hauptstadt auf den Hohentwiel gekommen ist, beobachtet. Und das von Anfang an. Trotz langer Schlangen am Eingang bewegten sich die Besucher vor Konzertbeginn fröhlich dem Ziel entgegen. Ausverkauft war das Konzert längst. Für Glasperlenspiel stand ein Heimspiel auf dem Programm, das sie zweifellos gewonnen haben. "Es war ein wunderschöner Abend", bilanzierte Eckart Pfeiffer, nachdem der letzte Ton verklungen war. Zufrieden waren auch die Musiker nach dem gelungenen Auftritt. Auf die große Bühne beim Hohentwielfestival in Singen zu steigen, sei jedes Mal aufs Neue etwas ganz Besonderes, verrät Daniel Grunenberg: „Hier standen schon unsere Idole wie Nena oder Joe Cocker.
“ Inzwischen sind sie zum dritten Mal selbst auf dieser Bühne gestanden. Vor vielen Jahren noch als Schülerband Crazy Flowers zum Burgfestsonntag, vor vier Jahren mit der damals frisch gebackenen ESC-Siegerin Lena Mayer-Landrut und jetzt mit Max Giesinger, der die Burg zuvor mit seiner Energie aufgeladen hat. "Der Plan lautet: Wir machen Party", so Giesingers Losung, die schnell umgesetzt wurde. Mitgetanzt wurde bei seinem Hit "Wenn sie tanzt" und zum Mitmachen hat er seine Zuhörer auch aufgefordert. Mit Sarah, Sophia und Lili fand er auch schnell drei von etwa 4000 Besuchern, die er auf die Bühne holte um seinen Hit "Einer von 80 Millionen" mitzusingen.
Rund eine Stunde später war es Giesinger, der auf die Bühne geholt wurde: Den großen Glasperlen-Hit "Geiles Leben" hat er im Duett mit Sängerin Caro Niemczyk präsentiert und das Publikum hat den spontanen Gastauftritt mit Jubelstürmen begrüsst. "Es ist einfach großartig, wenn so viele Menschen unsere Songs mitsingen", hat die Sängerin aus Singen verraten. In knapp 90 Minuten haben sie einen musikalischen Streifzug durch ihre Karriere gestartet, die 2011 mit dem Song "Echt" begonnen hat. Die Fans haben das natürlich nicht mitgefeiert und die Band lautstark unterstützt, während die Sonne sich langsam hinter den Ruinen des Hohentwiels zurückzog. Egal ob "Paris", "Grenzenlos" oder "Nie vergessen", das Publikum ließ sich von den Stars begeistern – und begeisterte die Stars. Glasperlenspiel hatte definitiv Lust auf Singen und Singen hatte Lust auf das Konzert und die Festivalbesucher werden auch diesen Auftritt wohl nicht so schnell vergessen. Die Band auch nicht: Immer wieder betonten Niemczyk und Grunenberg, wie sehr es sie berührt, in der Heimat gefeiert zu werden.
Heimatgefühle hat auch der Nordbadener Giesinger im Südbadischen entwickelt. "Ein Teller Spätzle, und es geht einem gleich wieder gut", verriet Giesinger, der den perfekten Einheizer gab, auf der Festivalbühne. Er hat es optimal verstanden, das Publikum in seinen Bann zu ziehen. Nicht zuletzt, weil die Straße seine Schule war. Nach dem Abitur hat er sich als Straßenmusiker durchgeschlagen. Da galt es, vorbeihastende Passanten auf sich aufmerksam zu machen. "Zurück zu den Wurzeln" lautete auch in Singen sein Motto, bevor er die Bühne für Glasperlenspiel frei gemacht hat: Auch ohne bomastischen Sound – lediglich mit Gitarre und Gesang – begeisterte er. Nach seinem Debütalbum "Laufen Lernen" hat er das Laufen längst gelernt. "Der Junge, der rennt" heißt sein aktuelles Album. Damit rennt er derzeit von Erfolg zu Erfolg.
Einen Erfolg verbucht auch Veranstalter Marc Oßwald nach dem Festival: Tolle Stimmung, viele Besucher und eine reibungslose Kooperation mit der Stadtverwaltung. Den Wermutstropfen Konzertabsage für Amy Macdonald kann er verschmerzen: "Zum Glück waren wir versichert."