Geschlechtsumwandlung sagt man heute nicht mehr. Wer sich dazu entscheidet, äußerlich zur Frau beziehungsweise zum Mann zu werden, ist es innerlich ja bereits. Folglich wird das Geschlecht nurmehr angepasst, operativ und hormonell. Das blüht jetzt auch Oscar. Schon sein Name deutet darauf hin, dass er zur Kategorie „Old white man“ gehört. Und die hat ausgedient.

Ausgerechnet eine Old white woman hat jetzt Oscars Geschlecht bemängelt. Er möge doch lieber Anna heißen, sagte die italienische Regisseurin Lina Wertmüller (91), als sie einen Ehren-Oscar für ihr Lebenswerk in die Hand gedrückt bekam. Nun ist Oscar ja nur ein lebloses Ding und man kann ihn nicht fragen, ob man mit einer Geschlechtsanpassung bei ihm richtig läge. Er wird nicht antworten. Weswegen das nun andere für ihn tun.

Die Prominenten bei der Ehren-Oscar-Gala, darunter Leonardo DiCaprio, Robert Pattinson, Jennifer Lopez, Lupita Nyong’o, Sophia Loren und Greta Gerwig, fanden den Anna-Vorschlag schonmal gut und applaudierten lautstark. Ein überfälliger feministischer Vorstoß! Aber es ist wie mit dem Ausstieg aus der Zeitumstellung oder so, wie sich der Brexit für viele Briten im ersten Moment darstellte: Eine tolle Idee! Aber wenn es um die Umsetzung geht, wird es unerwartet kompliziert.

Warum nicht wie beim Wetter?

Wenn nämlich Oscar zur Anna wird – wo bleiben dann die männlichen Identifikationsfiguren? Tauschen wir nicht die eine Ungerechtigkeit gegen eine neue? Warum also nicht lieber einen geschlechtsneutralen Namen wählen, mit dem sich sowohl Männer als auch Frauen identifizieren können? So wie Uli, Chris oder Toni?

Man könnte es natürlich auch machen wie beim Wetter. Das Metereologische Institut in Berlin hat nämlich bereits Ende der Neunzigerjahre ein geradezu hellseherisches Gespür für Genderfragen bewiesen. Bis 1997 trugen alle Tiefs grundsätzlich weibliche Vornamen, alle Hochs männliche. Damit war das schlechte Wetter grundsätzlich weiblich, was uns Frauen natürlich ärgerte. Seit 1998 wird nun rotiert: In geraden Jahren erhalten Tiefdruckgebiete weibliche Vornamen, die Hochdruckgebiete männliche. In ungeraden Jahren ist es umgekehrt – und niemand hat Grund zur Klage.

Zu sehr weißer Mann

Ähnlich ließen sich auch im einen Jahr männliche Oscars vergeben, im nächsten Jahr aber weibliche. Wobei es keineswegs als ausgemacht gelten sollte, sie Anna zu nennen. Wieso nicht Barbara, Sarah oder Evelyn? Noch besser: Lupita, so wie die schwarze Schauspielerin Lupita Nyong’o. Schließlich sollen sich auch die afroamerikanischen Schauspieler und Regisseurinnen mit der Trophäe identifizieren können. Ohnehin sieht die Figur, selbst wenn sie golden schimmert, noch immer verdächtig nach weißem Mann aus.

Und was ist mit den Menschen islamischen Glaubens? Mahershala Ali, der als erster muslimische Schauspieler einen Oscar bekommen hat, wird sicherlich nicht der einzige bleiben. Hat die Film-Branche darauf die richtige Trophäen-Antwort? Und all die Asiaten, die die Filmwelt inzwischen erobern? Können sie sich über den kleinen Ritter mit der Langnase freuen?

Ach, lasst uns den Oscar doch einfach abschaffen. Er ist rassistisch, frauenfeindlich und unvereinbar mit religiöser Toleranz.