Judy Garland wurde nur 47 Jahre alt, doch was die US-amerikanische Sängerin (1922-1969) in dieser kurzen Zeit an Höhen und Tiefen erlebte, hätte bei anderen für drei und mehr Karrieren gereicht. Kein Wunder also, dass „Judy“, Rupert Goolds Film über das Leben des Superstars, nun gar nicht erst versucht, alles abzudecken.
Stattdessen konzentriert er sich auf Garlands letzte Monate: 1968 bekommt sie in Hollywood keine Jobs oder auch nur Hotelzimmer mehr, weswegen sie schweren Herzens die beiden jüngsten Kinder beim Ex-Mann lassen muss und zum Geldverdienen nach London geht. Dort bekommt sie ein mehrwöchiges Nachtclub-Engagement, das angesichts von Alkohol- und Tablettenproblemen allerdings nicht ohne erhebliche Schwierigkeiten über die Bühne geht.
Verwoben ist diese im Großen und Ganzen wahre Erzählung mit Rückblenden in Garlands Jugend zu Zeiten von „Der Zauberer von Oz“, in denen bereits das Spannungsfeld zwischen den Erwartungen anderer und dem eigenen Pflichtbewusstsein, zwischen Weltruhm und Einsamkeit abgesteckt wird.
Die Themen, die in „Judy“ verhandelt werden, sind konventioneller, als es eine außergewöhnliche Entertainerin wie Garland verdient hätte – wobei immerhin erfreulich ist, wie es dem vom Theater kommenden Goold und Drehbuchautor Tom Edge gelingt, ihre hinlänglich dokumentierte Bedeutung als Ikone der Schwulenbewegung auf eine Weise in die Handlung zu integrieren, die sie nicht bloß zur Fußnote verkommen lässt.

Das Einzige, was den Film tatsächlich über den Biopic-Durchschnitt erhebt, ist Hauptdarstellerin Renée Zellweger. Das dann allerdings meilenweit. Die 50 Jahre alte Oscar-Preisträgerin, um die es zuletzt eher ruhig gewesen ist, singt in „Judy“ alle Songs selbst und läuft – unterstützt von einem stimmigen, aber nicht ausschließlich auf Imitation angelegten Maskenbild – zu ganz großer Form auf.

Wie sie in aller Detailliertheit, von der Stimme über die Körperhaltung bis zur Mimik, Garlands Verletzlichkeit und Verzweiflung, aber eben auch die unermüdliche Rampensau-Energie und Willensstärke sichtbar macht, verschlägt einem als Zuschauer fast den Atem. Ihren vierten Golden Globe am kommenden Sonntag sowie einen zweiten Oscar im Februar hätte sie uneingeschränkt verdient!
Abspann
Originaltitel: Judy
Produktionsland: Großbritannien/USA 2019
Regie: Rupert Goold
Drehbuch: Tom Edge
Darsteller: Renée Zellweger, Jessie Buckley, Finn Wittrock,, Rufus Sewell, Michael Gambon, Bella Ramsey u.a.
Länge: 118 Minuten
FSK: freigegeben ohne Altersbeschränkung
Verleih: Entertainment One
Fazit: Ein durchschnittliches Biopic mit einer sensationellen Hauptdarstellerin.