Der Schweizer Schriftsteller Max Frisch (1911-1991, „Homo Faber“) notierte einst Fragen, die auch den klügsten Kopf in Verlegenheit bringen. Mit freundlicher Genehmigung des Suhrkamp-Verlags, in dem der Fragebogen erschienen ist, lassen wir regelmäßig prominente Persönlichkeiten auf einige der Fragen antworten – heute ist Bernd Konrad an der Reihe, Jazzmusiker aus Konstanz.
Überzeugt Sie Ihre Selbstkritik?
Ich erinnere mich an Studentenzeiten, als wir „Selbstkritik“ an unserer künstlerischen Haltung üben sollten. Eine gehörige Portion Selbstbewusstsein war nötig, um diese Selbstdemontage zu überstehen. Selbstkritik ist die Kunst, Selbstbetrug aus Selbstschutz zu erkennen. Sie kann im Extrem zu Selbstverachtung und Selbstverurteilung führen. Selbstbewusstsein, eine wohlwollende Nachsicht sich selbst gegenüber und eine gewisse Milde verhelfen zu einer konstruktiven Selbstkritik.
Ist die Ehe für Sie noch ein Problem?
Sie war noch nie ein Problem für mich. Wahrscheinlich, weil ich vor drei Jahren – das erste Mal – geheiratet habe. Aber fragen Sie mich bitte in dreißig Jahren nochmals.
Haben Sie Angst vor dem Tod und seit welchem Lebensjahr?
Nein, nicht mehr, seit dem Tod meiner damaligen Lebenspartnerin vor zwölf Jahren. Ich hoffe, so paradox es auch klingen mag, auf eine Wiedergeburt. Doch es bleibt Unsicherheit.
Wann haben Sie aufgehört zu meinen, dass Sie klüger werden, oder meinen Sie‘s noch?
Nein, klüger sicher nicht. Trotzdem mir dann und wann eine gewisse Klugheit angedichtet wird, die aber eine Änderung meines Lebenswandels und meines Denkens beinhaltet.
Was fehlt Ihnen zum Glück?
Nicht viel. Glück ist eine Frage der Wahrnehmung des innerlich empfundenen Zustandes. Wie sagte Heinrich Heine über das Glück: „Es küsst dich rasch und flattert fort.“ Und schließlich noch die „Glückskatzen-Philosophie“ des Königs von Buthan: Das Bruttonationalglück ist wichtiger als das Bruttoinlandsprodukt.
Verändert sich im Alter der Humor?
Mit Sinn für Humor ist es leichter, älter zu werden, und man lernt, manche Humorlosigkeit im Leben zu ertragen. Humor ist keine Gabe des Geistes, sondern der Sinne. Und manche Musik ertrage ich nur mit viel Humor. Das Alter spielt hierbei keine Rolle.
Halten Sie Geheimnislosigkeit für ein Gebot der Ehe oder finden Sie, dass gerade das Geheimnis, das zwei Menschen voreinander haben, sie verbindet?
Offenheit ist ein Gebot der Ehe. Trotzdem jeder von uns kleine Geheimnisse in sich trägt, die er ungern preisgibt.
Wie alt möchten Sie werden?
Nur so alt, bis ich mein musikalisches Vermächtnis verwirklicht habe: Einige Orchesterwerke, mein Oratorium
und meine Biografie möchte ich fertig schreiben, meine CDs herausbringen. Auch soziale Ziele angehen und verwirklichen, die für mich wichtig sind.