Es klirrt und kracht, schleift und quietscht, rattert und schlägt. Es knirscht und bläst, raschelt und wischt, zittert und tänzelt. Die kinetischen Objekte und Installationen der jungen, aus Südkorea stammenden Künstlerin Hyunjeong Ko sind eine Herausforderung für alle Sinne und halten mit ihren kühnen Bewegungen, lauten Geräuschen und leisen Klängen den Betrachter in Atem.
Metallplatten und Kanalrohre, Kieselsteine und Stahlbleche, Wasserpumpen und Staubwedel, Weingläser und Kabelbinder, Gummihammer und Campingstühle, Baumstämme und Schraubzwingen bilden das Ensemble, mit dem Ko die Räume des Städtischen Museums in Engen in ein ebenso faszinierendes wie irritierendes Panoptikum der Dynamik und Akustik verwandelt.
Sehen, hören, erleben
„Zufälliges Rendez-vous“ nennt die 1991 in Seoul geborene, von 2014 bis 2020 an der Stuttgarter Kunstakademie studierende und heute in der Landeshaupstadt lebende Künstlerin ihre erlebnisreiche, sehens- und hörenswerte Präsentation in Engen. Im Zentrum ihres Schaffens steht die kinetische Kunst: Objekte, Installationen und skulpturale Gebilde, die aus dem Moment der Bewegung und Interaktion mit dem Umraum und dem Betrachter ihren Ausdruck und Reiz beziehen.
Angetrieben von kleinen Elektromotoren vollführen Kos spannende Apparaturen und heiter-skurrile Konstruktionen teils abenteuerliche Aktionen und erzeugen eine Vielzahl von Geräuschen, Klängen und Tönen. Die Koreanerin kombiniert alltägliche Gegenstände sowie Fundstücke aus Industrie, Technik und Natur zu fantastischen, gleichermaßen witzig-bizarren wie wunderbar absurden Animationen der Mechanik. Dabei kommt sie meist mit wenigen Elementen aus.
So bannen ein stetig rotierender Fuchsschwanz oder ein an kristallene Weingläser klopfender Kieselstein, ein an einem Metallgitter entlangstreichender Plastikstreifen, ein ständig auf einer Holzwippe hin- und her rollendes Abflussrohr oder ein über den steinernen Fliesenboden des Museums kratzender Metallwinkel die Aufmerksamkeit des Betrachters, der sich in diese unendlichen Bewegungszyklen und ihre eigenartigen Geräusche geradezu meditativ hinein versenken kann.
Von subtilen Eingriffen in vorgefundene Materialien kündet die äußerlich völlig unspektakuläre Installation „Briefkasten“: Im verschlossenen Kasten steckt der Schlüssel, aus dem Inneren dringt das leise Klacken des Öffnungsmechanismus, auf dem Namensetikett steht nicht Mustermann, sondern Scherzinger. So verleiht Ko dem banalen, standardisierten Alltagsprodukt eine unterschwellige Komik.
In der Arbeit „Cheerleader“ vollführt ein großer Staubwedel in leuchtendem Blau furiose, weit ausgreifende Bewegungen und trommelt dabei fast lautlos auf eine rostige Stahlplatte. Im Werk „Tannenbaum“ schlägt ein auf einen Weihnachtsbaumständer montiertes Küchenblech abwechselnd auf einen Baumstumpf und einen Stein. Absolut lautlos hingegen präsentiert sich die Arbeit „Spuren des Wassertropfens“, bei der eine langsam korrodierende Metallplatte den Faktor Zeit mit ins Spiel bringt.
Furchterregender Lärm und sanfte Töne
Zu den aufregendsten und geräuschintensivsten Arbeiten gehört gewiss die Installation „Spuren des Klangs“, die – in einer Kammer des einstigen Klostergebäudes platziert – im wahrsten Wortsinn den ganzen Raum ausfüllt. Wie auf einem riesigen Tablett erscheinen leere Weingläser, die von der plötzlichen Drehung zahlreicher dünner Metallstangen nach und nach zertrümmert werden.
Das Zersplittern und die Reibung der vielen Scherben auf dem Metalluntergrund, ihr ständiges Stoßen und Schlagen gegeneinander, erzeugt einen furchterregenden Lärm, der in dem kleinen Raum wirkungsvoll anschwillt. Doch zugleich tänzeln die Scherben auch wie zufällig umeinander und erzeugen dabei sanftere Töne. Zerstörung und Schönheit durchdringen einander.

Geradezu verhalten begegnet dem Betrachter dagegen die große Bodeninstallation „Zufälliges Rendez-vous“, in der sich langsam kreiselnde Metallstäbe, die auf korrodierte U-Profile montiert über die weiträumige Apsis verstreut sind, leicht berühren und dabei zarte Geräusche produzieren. Fast scheint es, als würden seltsame Insekten eine eigentümliche Choreografie aufführen.
Flankiert werden diese plastisch-beweglichen Arbeiten von Videos, in denen Ko etwa die Kraft des Windes auf bunte Tierballons, die über eine Wiese geweht werden, oder ihre eigenen Fußabdrücke beim Spaziergang im feuchten Meeressand zum Thema macht. Analoge Foto-Collagen, in denen verschiedenen Aufnahmen virtuos ineinander montiert ganz neue, beinahe surreale Bildwelten entstehen lassen, komplettieren die Ausstellung.
Hyunjeong Kos Werke faszinieren durch ihren scheinbar unerschöpflichen Erfindungsreichtum und ihre spürbare Experimentierlust. In immer neuen Materialkombinationen und technischen Konstruktionen erkundet sie ungeahnte Dimensionen der Bewegung und der Schallerzeugung.
Auch wenn die Bewegungen und Geräusche zufällig und bisweilen unkontrolliert chaotisch wirken, sind sie doch das Ergebnis präzise ausgeklügelter Impulse und Steuerungen. Die Gegenstände entwickeln ein verblüffendes Eigenleben und die Arbeiten wirken wie spielerische Versuchsanordnungen, wie poetische Transformationen des Dinglichen, die den Raum mit einer besonderen Atmosphäre und Aura aufladen.
Minimalistischer als Jean Tinguely
Natürlich drängt sich der Vergleich mit den kinetischen Skulpturen des Schweizers Jean Tinguely (1925-1991) auf. Doch im Unterscheid zu dessen oft monumentalen, mechanisch-barocken Inszenierungen aus Schrott und Tierschädeln wirken die Arbeiten von Ko, die aus industriell vorgefertigten Ready-mades bestehen (Alltagsgegenstände, die zu Kunstwerken werden), reduziert, fast fragil und minimalistisch. Ihr geht es weniger um große Theatralik als vielmehr um eine sinnlich ansprechende Schwerelosigkeit, mit der sie zugleich eine vitale Schönheit der Dingwelt beschwört.
Ko mobilisiert unsere Wahrnehmung auf gleichermaßen vergnügliche wie hintersinnige Weise. Ihre Arbeiten zaubern ein Schmunzeln auf unsere Gesichter, lassen uns staunen und erschrecken, machen uns sensibel für das breite akustische Spektrum zwischen dem lauten Zersplittern von Glas und dem leisen Windhauch eines Ventilators.