Es qualmt, lärmt und stinkt auf der Seebühne der Bregenzer Festspiele. Von dem imposanten Bühnenbild von Madame Butterfly ist nichts mehr zu sehen. Stattdessen wirbeln Bagger Staub auf, während Kräne schwere Bauteile durch die Luft schwenken. Denn: Die Bühne bekommt einen neuen Betonkern. Der alte, bereits in den 1970er-Jahren gebaut, konnte den Ansprüchen an ein modernes Bühnenbild nicht mehr gerecht werden und auch die Konstruktion ist in die Jahre gekommen.
Einfach ist der Umbau einer Bühne im Bodensee jedoch nicht. Wolfgang Urstadt, technischer Leiter des Projekts erklärt, dass es einige Aspekte zu beachten gibt: künstlerisch, technisch, ökologisch, wasserbautechnisch und juristisch etwa.
Kein Versorgungstunnel für die Seebühne
Für den Umbau ist der neue Betonkern, in dem sich jetzt die komplette Infrastruktur befindet, um eine Etage in die Tiefe gewandert. Lediglich das Treppenhaus, die so genannte Kapitänskajüte, ragt noch aus dem Wasser.
Die obere Ebene hingegen beinhaltet jetzt alles, was für den Spielbetrieb benötigt wird, wie Maske, Toiletten und Aufenthaltsräume für die Schauspieler. Diese Ebene hat eine Besonderheit: Sie ist durch ihre Modulbauweise flexibel und kann daher auf jeden Spielbetrieb angepasst werden. Größer oder kleiner, weiter nach vorne oder nach hinten.
Anfangs war auch noch ein Versorgungstunnel vom Festspielhaus zur Bühne geplant. Denn während der Aufführung ist der Steg draußen gesperrt, sodass niemand hinein oder hinaus kommt. Eigentlich wäre der Tunnel die optimale Lösung gewesen. Doch nach groben Kostenschätzungen war er schnell Geschichte. „Es wäre nicht verhältnismäßig gewesen. Der Nutzen und die Kosten stehen in einem so großen Missverhältnis, dass wir den Plan wieder verworfen haben“, äußert sich Urstadt.
Schließlich sind die Gesamtkosten jetzt schon imposant. Zwischen acht und neun Millionen Euro kostet der Umbau der Seebühne. Der Anteil, der dabei von dem Eigentümer, das heißt der Landeshauptstadt Bregenz, übernommen wird, liegt bei 5,8 Millionen Euro. Den Rest steuern die Festspiele selbst bei. Das sei also ein geringer Anteil an den Gesamtkosten, sagt Urstadt. „Damit haben wir auch zu kämpfen. Und deswegen wird ein gewisser Anteil der Renovierungsarbeiten, der unserer Meinung nach zu dem Gesamtprojekt gehört, von den Bregenzer Festspielen selbst finanziert“, so der technische Leiter.
Monatelange Aufbauarbeiten für das neue Bühnenbild
Tatsächlich finden auf der Bühne neben den Umbauarbeiten auch schon die Aufbauarbeiten für das nächste Bühnenbild statt. Carl Maria von Webers „Der Freischütz“ ist ab dem 17. Juli 2024 auf der Seebühne zu sehen. Und schon seit Mitte September laufen die Vorbereitungen. Rund sieben Monate dauert es im Schnitt, ein solches Bühnenbild aufzubauen, der Abbau hingegen benötigt rund zwei Monate.
Bühnenmeister Frank Diebels ist gerade bei der Pilotierung, das heißt dem Platzieren der Holzpfähle in den Seegrund, involviert: „Wir geben die Maße der Piloten vor und kontrollieren, dass sie auch wirklich dort geschlagen werden, wo wir sie gerne hätten. Bei „Der Freischütz“ sind es insgesamt 156 Holzpfähle. Da ist es natürlich wichtig, dass sie alle auf der richtigen Position sind.“

Genaue Details darf Diebels über das neue Bühnenbild noch nicht verraten, denn natürlich soll es eine Überraschung für die Zuschauer werden. Fest steht bisher nur, dass es sich um eine düstere und kalte Landschaft handelt. Schließlich spielt „Der Freischütz“ in einem unwirtlichen Dorf in Deutschland, kurz nach dem Dreißigjährigen Krieg.
Eine Sache macht dem Bühnenmeister bei den Aufbauarbeiten jedoch stark zu schaffen: „Der Lärm den ganzen Tag über, ist ziemlich stressig. Neben uns ist die Baustelle, wir schlagen die Piloten in den Boden und auch im Haus wird umgebaut. Auf Dauer ist das schon sehr anstrengend.“
Die Zuschauer bekommen davon momentan nicht viel mit. Erst bei der Premiere im Juli bekommen sie die neue Bühne zu Gesicht. Und auch sie erwarten dort kleine Veränderungen. Zum einen werden sie zukünftig weniger vom Bereich hinter der Bühne und stattdessen mehr vom Bühnenbild sehen. „Bisher war es eigentlich so, dass das Bühnenbild ein Viertel des Raumes in Anspruch genommen hat und das andere Dreiviertel war eigentlich der Backstagebereich. Wir wollen das jetzt möglichst klein bekommen“, erklärt Wolfgang Urstadt.
Außerdem soll die Bühne zum Zuschauerraum ausgemittelt werden. Bisher hat die ursprüngliche Betontribüne nicht die ganze Breite abgedeckt, jetzt soll sie wieder in der Mittelachse der Tribüne stehen. Künftig dürfen sich die jährlich rund 200.000 Zuschauer also auf ein wohl noch spektakuläreres Bühnenbild freuen.