Mit seiner Karriere als Berufsmusiker sollte es dann doch nichts werden: Jan Dix (1928-2019) studierte Musik in Konstanz, aber das Schulgeld konnte von der Familie nicht mehr aufgebracht werden. So musste der angehende Jazztrompeter 1950 das Konservatorium verlassen und eine Lehre beginnen. Im Rückblick erzählte Jan Dix von den Geldnöten der Nachkriegszeit, denen er doch etwas Gutes abgewinnen konnte. Einerseits sei es mühsam im Musikgeschäft, gerade für freie Musiker ein „ewiges Gesuche nach Engagements“. Andererseits: „Es bleibt nichts übrig bei der Musik.“ Der letzte Ton verklingt, dann sei er weg und die Atmosphäre verschwunden.

Bei Gold-, Silber- oder Bronzearbeiten hingegen entstehe Bleibendes. „Wenn ich eine Bronzeplastik mache, dann kann die nach 500 Jahren noch ausgegraben werden. Und dann kann jemand sagen: Da hat ja einer was gemacht!“

Solch aufschlussreiche Details erfährt man, wenn man den „Lebensspuren“ im Museum Haus Dix lauscht, nach „Kunst“ und „Geschichte“ die dritte Option des Medienguides. Da erzählt Jan Dix von seiner Kinder- und Jugendzeit im Haus, den experimentellen Spielen mit Bruder Ursus und der geliebten Schwester Nelly, von der Kreativität und dem reichen Schmuck seiner Mutter Martha, die Zeit ihres Lebens auf modisches Auftreten achtete. „Drei Meter und nochmals drei Meter über Eck“ sei ihr Kleiderschrank lang gewesen.

Jan Dix, porträtiert vom Fotografen Hugo Erfurth.
Jan Dix, porträtiert vom Fotografen Hugo Erfurth. | Bild: Hugo Erfurth

Der Schmuck lag in einer Biedermeierkommode in ihrem Salon, nach Farben in mit Seide ausgeschlagenen Schubladen sortiert: „Hier Türkis, dort die korallenfarbenen...“ erinnert sich der Sohn. Martha Dix hatte sich eine Zeit lang selbst als Gold- und Silberschmiedin versucht, sie nähte, bemalte Möbel genau wie Nelly, sie fotografierte und war eine ausgezeichnete Pianistin: „Jeden Tag fand sie Zeit, am Flügel zu sitzen und zu spielen, Chopin, Bach...“, erinnert sich Jan. Seine Liebe zur Musik mag beim Spielen unter dem Flügel entstanden sein, durch die Jazz-Musik grenzte er sich wiederum ab.

Dann also Gold- und Silberschmied, seine Lehre im Atelier Maurer in Unteruhldingen dauerte bis 1955. Ein mehrjähriges Studium an der Akademie in München schloss sich an, dazu zwei Jahre als freischaffender Künstler. Der Jazz wurde zum zweiten Standbein, Jan Dix spielte sein Leben lang in renommierten Formationen.

Christophorus mit dem Jesuskind, geschaffen von Jan Dix.
Christophorus mit dem Jesuskind, geschaffen von Jan Dix. | Bild: Kunstsammlung Gera / Christoph Beer, Wünschendorf

„Jazz ist eigentlich Tanzmusik“, sagt er in einer Sequenz, leider habe der Moderne Jazz keinen Swing mehr. Jazz, Swing, Tanzmusik. Im Hemmenhofener Keller bemalte Otto Dix, gelernter Dekorationsmaler, die Wände mit Fastnachts- und Jazzmotiven. Die Kinder oder Freunde mögen ihm geholfen haben. Vor allem Ende der 1940er-Jahre – Jan und Otto waren aus französischer Kriegsgefangenschaft zurückgekehrt und das Haus gehörte wieder der Familie – wurden wilde Tanzpartys gefeiert.

Vater Otto Dix muss ein leidenschaftlicher Tänzer gewesen sein, so konnte er seine spätere Frau Martha in Düsseldorf für sich gewinnen. Noch war sie mit dem Gynäkologen und Kunstsammler Hans Koch verheiratet, mit dem sie zwei Kinder hatte. Der wiederum hatte bereits mit Marthas Schwester Maria angebändelt, die er später heiratete. Koch wurde zum Ex-Mann und Schwager – für Martha und Otto Dix. Das Schloss in Randegg gehörte ihm, erste Zuflucht der Familie Dix im Hegau, nachdem Dix 1933 die Professur in Dresden entzogen wurde.

Villa am steilen Hang

Wieder eine andere Geschichte, doch allgegenwärtig im Hause Dix in Hemmenhofen: Es war Marthas Haus, mit ihrem Erbe gebaut und 1936 bezogen. Eine geräumige Villa mit Atelier am steilen Hang, der Blick über den Untersee ist bis heute weit und unverstellt.

In Marthas früherem Salon, zentral im ersten Stock, findet sich die diesjährige Sonderausstellung zu Jan Dix: eine Kollektion von Familienfotos an den Wänden, zwei Vitrinen mit Werkstücken. Ausgewählte Schmuckstücke in der einen, Kleinplastiken in der anderen. Zusammengestellt von Kuratorin Anne Vieth aus Stuttgart, im Geburtshaus des Vaters in Gera war die Sammlung zuerst.

„Der Hang zum Figurativen, zu mythologischen und biblischen Themen ist auch bei Jan Dix klar erkennbar“, sagt Anne Vieth. Er zeigt sich auch auf einem Tabernakel, der zuletzt in der Kirche in Bankholzen war und nun im Atelier zu sehen ist. Marthas Salon und das Atelier sind die klimatisierten Räume im Haus, nur in diesen beiden können Originale gezeigt werden. Dem goldenen Becher, den Jan Dix seinem Vater zum 75. Geburtstag 1966 gestaltet hat, würden Temperaturschwankungen wenig ausmachen. Dazu kam ein versilberter Lorbeerkranz: Als melancholischer „König von Thule“ posierte Otto Dix mit diesen Geschenken.

Das könnte Sie auch interessieren

Geschenke waren wichtig in der Familie Dix, die Ansprüche hoch: Selbstgemacht und möglichst originell mussten sie sein. Auch das mag die Kreativität in der Familie gefördert haben, immer im Wettstreit mit den Geschwistern. Jan hat in jedem Fall Bleibendes geschaffen, einige Werkstücke wurden integrale Bestandteile des Hauses: das schmiedeeiserne Tor unten am Otto-Dix-Weg, der Türgriff in Gestalt eines Löwen oben.

Dazu betören seine „Lebensspuren“ die Besucher – und selbst wenn der letzte Ton verhallt ist, seine warme und wohlbekannte Stimme klingt lange nach. Auch diese Erinnerungen sind ein wertvolles Geschenk für die Nachwelt.

Die Sonderausstellung „Der Gold- und Silberschmied Jan Dix“ ist bis 31. Oktober 2022 im Museum Haus Dix in Gaienhofen-Hemmenhofen zu sehen. Dienstag bis Sonntag 11-18 Uhr. Eintritt 6/4 Euro, Kinder und Jugendliche (6-14 Jahre) 2 Euro, Familie 12 Euro. Weitere Informationen: http://www.museum-haus-dix.de

Literatur: Jan Dix „In Freiheit dressiert“. Eine Jugend im Dix-Haus. Libelle-Verlag 2017; „Otto Dix in Hemmenhofen“, Edition A-B-Fischer, Berlin 2010 (beide Schriften sind im Museum erhältlich)