Wer in Südbaden irgendwie mit Narretei zu tun hat, kennt den Michael Fuchs. Als Präsident des Narrenmuseums Schloss Langenstein leitet er die wichtigste Sammlung zum Thema Fasnacht im Raum Hegau und Bodensee. Und, noch wichtiger: Er lädt alljährlich zur sogenannten Cumpaney im Schloss ein.
Cumpaney: Träger des Alefanz-Ordens wird bekannt
Bei dieser närrischen Sause wird der jährliche Träger des Alefanz-Ordens bekanntgegeben. Dann drängt sich Prominenz im Langen Gang des Grafen-Schlosses. Diese Leute hat Fuchs mitausgewählt. Die Teilnehmer sind handverlesen. Das kostümierte Netzwerk kennt sich. Freunde der Fasnacht von Politik bis Wirtschaft sitzen auf harten Bänken und üben sich im alemannischen Dialekt.
Michael Fuchs ist der Impresario dieser Edel-Fasnacht. Der Mann ist bestens vernetzt, er tritt weltmännisch auf und scheint wie gebacken für diese Arbeit. Und doch wird er das schöne Amt in absehbarer Zeit aufgeben. Ende 2025 läuft seine Amtszeit aus, er wird sie definitiv nicht verlängern. „Nach zwölf Jahren lasse ich es gut sein“, sagt er im Gespräch.
Die Narren dort kennen ihn bereit als Pinselkünstler: Für die Cumpaney-Sitzungen hat der 63-Jährige immer wieder beides verbunden – das Brauchtum und die Malerei. Den aktuellen Träger des Alefanz-Ordens malte Fuchs. Beim Festabend dann wurde dem Geehrten das Porträt überreicht. Es sind jeweils bestechend gearbeitete Porträts des neuen Alefanz geworden.
Wir treffen uns in seiner Wohnung in Radolfzell. Im Wohnzimmer stehen ein bequemes Sofa und ein Regal mit Büchern, wie in den meisten Wohnzimmern. Und eine große verstellbare Staffelei mit einem fast fertigen Bild drauf. Daneben ein Teewagen mit Ölfarbe, Lösungsmitteln, Pinseln. Das ist das Handwerkszeug des anderen Michael Fuchs, den nur wenige kennen.
Seine eigentliche Berufung. Grafik und Kommunikationsdesign sorgen bei ihm für die Butter auf dem Brot; die Malerei aber ist sein Lebensinhalt. „Ich gehe zurück zu seinen Wurzeln“, sagt er in seinem Wohnatelier.

Diese Wurzeln liegen in der Familie. „Mein Onkel war Kunstmaler“, berichtet Fuchs. Er heißt Ernst Mücke, ein älterer Herr, der noch immer malt. Vor einigen Wochen erst übergab Mücke ein Porträt von Boris Palmer an die Stadt Tübingen. Das Auftragswerk wird eines Tages die OB-Galerie im Tübinger Rathaus zieren, sobald Palmer nicht mehr im Amt sein wird.
Bei diesem malenden Onkel war Michael oft zu Besuch. Er schaute die Tuben mit der Ölfarbe an, strich über die Pinsel, drückte auf die Leinwand, die später bemalt werden sollte. „Schon als Kind war ich fasziniert von dieser Arbeit. Ich hielt mich oft im Atelier auf“, erzählt er.
An der Kunstschule wurde er sofort genommen
Da lag es nahe, dass er nach dem Abitur der Malerei zuwandte. An der Kunstschule wurde er sofort genommen. Er brachte damals einige Arbeitsproben mit – surreal anmutende Malereien im naturalistischen Stil, konventionell schon ziemlich meisterlich.
Er kann malen, kann ein Gesicht in seinen Linien und seiner Charakteristik wiedergeben. Aus einem Schrank holt er drei Bilder, die er damals gemalt hat, sie sind bestechend genau. Auf einem sieht man eine geplatzte Ölpipeline. „Das war Anfang der 80er Jahre, es war auf die Ölkrise gemünzt“, sagt er.

Er legt die Schülerarbeiten beiseite. Sie sind Vergangenheit. Er will sich weiterentwickeln. Weg von der realistischen Malerei, von der die Leute dann sagen: „Toll, das sieht aus wie ein Foto.“
Mehrere Stunden am Tag sitzt er vor der Staffelei und malt noch immer gegenständlich, aber nicht mehr naturalistisch. Mit starken verfließenden Farbflächen. Und es sind immer Menschen, die er eins ums andere Mal auf die Leinwand wirft.
Sie sind in einer Pose, einer Gebärde gefangen, weil sie etwas verloren haben. Ihre Identität ist gefährdet, weil sie sich immer mehr an Nicht-Orten aufhalten. Dieses Wort verwendet Fuchs oft während des Gesprächs zwischen Küche und Staffelei. Nicht-Orte sind Orte, die austauschbar sind, weil sie überall gleich aussehen.
Kaufhäuser einer Kette sind gleich gestaltet
Kaufhäuser einer bestimmten Kette sind in jeder deutschen Stadt gleich gestaltet. So will es die Leitung des Unternehmens, die damit an ihrem „Corporate Design“ arbeitet. Den Kunden erscheinen diese Orte alle gleich. Sie besitzen keine lokalen Wurzeln mehr, sagt Fuchs. Eben diese Menschen hält er als Künstler fest, darin sieht er seine künstlerische Aufgabe für die kommenden Jahre. „Das ist eine Fährte, der ich folge.“
In der Region wird man den Präsidenten-Maler auch weiterhin sehen. Im Museum MAC läuft aktuell eine Ausstellung mit seinen Werken. Und Hilzingen im Hegau hat ebenfalls angefragt und will ihn präsentieren. Die Fasnacht wird ihn nicht loslassen, „wenn man das mag, bleibt man sein Leben lang ein Fasnachter.“ Noch etwas bleibt: Viele Menschen auf seinen Bildern sind erkennbar maskiert.