10. Christoph Kramer: „Das Leben fing im Sommer an“ (Kiepenheuer & Witsch, 256 S. 23 Euro)
In seinem Debütroman schickt der frühere Fußballprofi Christoph Kramer eine sprachliche Gurkentruppe auf den Platz, die mit ermüdend vorhersehbarer Tika-taka-Spielweise die Geschichte einer Jugendliebe erzählt. Klarer Fall von Roter Karte!
9. Wolf Haas „Wackelkontakt“ (Hanser, 239 S., 25 Euro)
Die neueste Sprachoper aus der Feder des Wortartisten Wolf Haas handelt von einem Mafia-Aussteiger und einem Trauerredner in Wien. Welche Funken Haas aus dieser Konstellation zu schlagen vermag, ist atemberaubend und zeigt einen Meister der Erzählkunst auf dem Höhepunkt seines Könnens.
8. Kristine Bilkau: „Halbinsel“ (Luchterhand, 224 S., 24 Euro)
„Die Dinge verselbstständigen sich rasant. Wen interessieren da noch die Details?“, fragt Kristine Bilkau in ihrem Roman über eine Mutter-Tochter-Beziehung in Zeiten des Klimawandels. Dass es in der Literatur aber immer auch auf den Sonderfall, die besonderen Umstände, die Einzelheiten ankommt, beweist Bilkau in ihrem Beitrag zur Climate fiction.
7. Christian Berkel: „Sputnik“ (Ullstein, 382 S., 26 Euro)
In seinem dritten autofiktionalen Roman erweist sich Berkel als gewandter Erzähler, der souverän von seinen Jugendjahren in Berlin und Paris erzählt und dabei nie dem süßen Gift der Nostalgie erliegt: „Aus jedem Gully grinst ‚ne Nazifresse, überall suppt der alte Dreck wieder hoch.“
6. Liz Moore: „Der Gott des Waldes“ (Deutsch von Cornelius Hartz, C.H. Beck, 26 Euro)
Ein multiperspektivisch erzählter literarischer Thriller über zwei in Adirondack Mountains im Staat New York verschwundene Kinder einer Bankiersdynastie. Spannender als die Frage, ob ein Serienkiller dahintersteckt, ist Liz Moores Schilderung der psychischen Gewalt in einer dysfunktionalen Familie.
5. Christoph Hein: „Das Narrenschiff“ (Suhrkamp, 750 S., 28 Euro)
„Ein Staat ist kein Kajak. Keine Nussschale, die man herumreißen kann. Es ist ein Riesentanker, und jede Kurskorrektur muss behutsam erfolgen“, lässt Christoph Hein in seinem süffig erzählten Familienroman einen Wirtschaftsfachmann mit Sitz im ZK der SED sagen. Wie und warum das Narrenschiff namens DDR an den Klippen der Wirklichkeit zerschellte, aus diesem Buch lässt es sich erfahren.
4. Takis Würger: „Für Polina“ (Diogenes, 304 S., 26 Euro)
Takis Würger straft in seinem neuen Roman Grillparzers Einsicht, beschriebene Musik sei wie erzähltes Mittagessen, Lügen. Seine Geschichte um den Wunderpianisten Hannes und dessen Sandkastenliebe Polina ist nicht frei von Kitsch, aber so fidel und schwungvoll erzählt, das alle Einwände verstummen und schiere Leselust triumphiert.
3. Martin Suter: „Wut und Liebe“ (Diogenes, 291 S., 26 Euro)
Dass alles in Wirklichkeit ganz anders sein könnte, illustriert Suter in diesem kurzweiligen Roman über eine als Buchhalterin arbeitende Frau, die es satt hat, ihren Künstlermann durchzufüttern, und die Witwe eines Unternehmensberaters, die auf Rache auf dessen Geschäftspartner sinnt. Natürlich triumphiert am Ende auch hier die Restitution der Kleinfamilie, was denn doch an den Schluss von „Lore“-Romane denken lässt: „Ich habe auch eine Nachricht.“ Sie machte eine Pause. „Noch eine schlechte?“ Er wartete. „Sag schon.“ „Ich bin im Vierten.“ Noah war einen Moment sprachlos. „Von mir?“ Dann nahm er sie in die Arme. „Egal.“
2. Sebastian Haffner: „Abschied“ (Hanser, 192 S., 24 Euro)
Eine Liebesgeschichte in Paris Anfang der 30er-Jahre, erzählt in einem Sound, den man von Vicky Baum, Erich Kästner und Kurt Tucholsky kennt: „Ich war mit Teddy böse, und damit nicht genug, Teddy war mit mir böse.“ In Haffners mit 90 Jahren Verspätung veröffentlichten Roman blitzt noch einmal jene geistdurchtränkte Schnodderigkeit auf, die in Deutschland von den Nazis begraben wurde. Ein sentimentales Vergnügen.
1. Stephen King: „Kein Zurück“ (Deutsch von Bernhard Kleinschmidt, Heyne, 639 S., 24 Euro)
Auch ein mittelmäßiger Roman von Altmeister Stephen King vermag zu unterhalten. Zumal dieser von Kings Wut auf Trump und seine Spießgesellen durchtränkt ist. Aber seine Geschichte um die Privatermittlerin Holly Gibney, eine vom militanten Maga-Mob bedrohte Feministin, einen zu Unrecht Verurteilten und einen Serienkiller, der die in das Urteil involvierten Geschworenen tötet, besitzt weder genug Thrill noch genug Grusel, um wirklich zu befriedigen.