Bereits seit 1951 wird alljährlich der Titel der Miss World vergeben, selbst heutzutage können weder der Feminismus noch die MeToo-Bewegung dem Schönheitswettbewerb etwas anhaben. Bloß die Corona-Pandemie, aufgrund derer er in diesem Jahr erstmals überhaupt nicht stattfinden wird. Was es wohl umso passender macht, dass nun mit „Die Misswahl – Der Beginn einer Revolution“ ein Spielfilm in die Kinos kommt, der an das wohl Aufsehen erregendste Jahr in der Geschichte dieser Veranstaltung erinnert.
Inbegriff von Sexismus
1970 nämlich geschehen gleich zwei bemerkenswerte Dinge bei der Miss-World-Gala, die damals noch alljährlich in London stattfand. Zunächst wird die Show zur Zielscheibe der aufkommenden Frauenbewegung, für die ein solcher Schönheitswettbewerb der Inbegriff von Patriarchat und Sexismus ist.
Tagelang protestieren sie lautstark vor den Türen der mitverantwortlichen BBC, und einigen Aktivistinnen – darunter auch die anfangs zögerliche Geschichtsstudentin Sally Alexander (Keira Knightley) – gelingt es schließlich sogar, die von US-Fernsehstar Bob Hope (Greg Kinnear) moderierte Veranstaltung samt Mehlbomben zu stürmen. Ein Skandal, natürlich, doch die auf der ganzen Welt live übertragene Show muss nach dem Eingreifen der Polizei weitergehen, sodass der Abend noch eine weitere geschichtsträchtige Wendung nimmt. Denn mit Miss Grenada Jennifer Hosten (Gugu Mbatha-Raw) gewinnt schließlich erstmals überhaupt eine schwarze Kandidatin den Titel der Miss World.
Filmreife Geschichte
Es ist eine filmreife Geschichte, die Regisseurin Philippa Lowthorpe in „Die Misswahl“ erzählt, und wer sich ein bisschen einliest in die wahren Begebenheiten, wird schnell feststellen, dass längst nicht alle Intrigen und Konflikte, die damals hinter den Kulissen vonstatten gingen, ihren Weg auf die Leinwand gefunden haben.

Doch es geht hier auch erkennbar nicht um eine komplexe Auseinandersetzung mit den dunkleren Seiten von Veranstaltungen wie dem Miss World-Wettbewerb. Vielmehr ist es ihr und den Drehbuchautorinnen Rebecca Frayn und Gaby Chiappe daran gelegen, mit Humor und dem Herzen am rechten Fleck einen leichtfüßigen Blick auf ein Stück Feminismus-Geschichte zu werfen.
Der letztlich spannendere Aspekt des Films sind dabei am Ende nicht die Aktivistinnen, sondern die Bedeutung, die der Sieg einer nicht-weißen Schönheitskönigin 1970 hatte. Mbatha-Raw, zuletzt in „The Morning Show“ zu sehen, ist ganz wunderbar als besonnenes Zentrum dieses nachhaltigen Schocks für ein im Grunde von rassistischen Strukturen geprägten Betrieb.
Schade, dass „Die Misswahl“ nicht noch eindeutiger ihre Perspektive einnimmt und so auch den interessanten Widerspruch mehr herausstreicht, dass eine Veranstaltung wie diese gleichzeitig als fragwürdig zu kritisieren ist und doch für ihre Symbolkraft gefeiert werden kann.