Der März bringt Frühlingsstimmung ins Theater Konstanz. Erst gab Intendantin Karin Becker bekannt, dass sie entgegen ihrer ursprünglichen Ankündigung ihren bis 2025 laufenden Vertrag nun doch um drei weitere Jahre verlängern will. Dann folgte mit „Der kleine Horrorladen“ eine gefeierte Musicalpremiere. Und jetzt auch noch das: „Tragödienbastard“, eine Produktion aus der vergangenen Spielzeit, wird zum Heidelberger Stückemarkt eingeladen.

Kategorie für Zeit- und Drittaufführungen

Die Besonderheiten dieser Nachricht liegen im Detail. Der Heidelberger Stückemarkt nämlich zählt zu den bedeutenden Festivals der deutschsprachigen Theaterszene, wobei er seine Relevanz aus dem Wettbewerb für Dramatiker bezieht. Wer als Autor hier mit seinem neuen Stück vertreten ist, kann mit bundesweiter Aufmerksamkeit und entsprechend ansteigendem Auftragsvolumen rechnen. „Tragödienbastard“, geschrieben von der Bühnenautorin Ewe Benbenek, ist aber gar kein neues Stück.

Seine Uraufführung datiert auf das Jahr 2020 im Schauspielhaus Wien. Sogar ausgezeichnet wurde es bereits und zwar mit dem ebenfalls hochrenommierten Mülheimer Dramatikerpreis. In Heidelberg aber gibt es eine Kategorie für Zweit- und Drittaufführungen. Der Grund: Viele Theater brennen zwar auf Uraufführungen, anschließend aber bleiben Autoren oftmals auf ihrem Werk sitzen. Dem will der Stückemarkt entgegenwirken.

Davon profitiert nicht nur Ewe Benbenek, sondern zum Beispiel auch die Regisseurin der Konstanzer Inszenierung, Emel Aydogdu. „Sie ist ein gutes Beispiel dafür, wie so eine Zusammenarbeit sich auszahlen kann“, sagt Chefdramaturgin Maike Sasse gegenüber dem SÜDKURIER: „Emel Aydogdu übernimmt ab der kommenden Spielzeit die Leitung des Jungen Staatstheater Wiesbaden. Dazu die Einladung nach Heidelberg. Das ist nicht nur für sie eine große Auszeichnung – sondern strahlt natürlich auch auf das Haus ab.“

Knoten im Ensemble ist geplatzt

Die laufende Spielzeit scheint bei den üblichen Niveauschwankungen generell unter einem guten Stern zu stehen. Schon die Eröffnungspremiere „Die Ärztin“ war furios, zuletzt erregte das Musical „Der kleine Horrorladen“ Aufsehen. Täuscht der Eindruck, oder ist im Ensemble irgendein Knoten geplatzt? „Ja, das nehmen wir tatsächlich auch intern so wahr“, sagt Sasse: „Es dauert ja ohnehin etwa drei Spielzeiten, um in einer Stadt so richtig anzukommen. In unserem Fall kam zum Start noch die Corona-Krise dazu, das waren schon besonders schwierige Bedingungen. Jetzt haben wir alle das Gefühl, angekommen zu sein und in die Stadt hineinzuwirken.“

Als Intendantin Karin Becker im vergangenen November ihren Rückzug bekannt gab, sei das ein Schock gewesen, sagt Sasse. „Auch weil wir eben erst erfolgreich für die Werkstattbühne gekämpft hatten und vor der großen Aufgabe stehen, das Einsparpaket umzusetzen.“ Entsprechend groß nun also die Erleichterung über die Rolle rückwärts. „Wir können weiterarbeiten und uns weiterentwickeln. Das wirkt sich nicht nur positiv auf das Ensemble aus, sondern auch auf die ganze Stadt.“