Der Schweizer Schriftsteller Max Frisch (1911-1991, „Homo Faber“) notierte einst Fragen, die auch den klügsten Kopf in Verlegenheit bringen. Mit freundlicher Genehmigung des Suhrkamp-Verlags, in dem der Fragebogen erschienen ist, lassen wir regelmäßig prominente Persönlichkeiten auf einige der Fragen antworten – heute ist der US-amerikanische Autor T.C. Boyle an der Reihe.
Wissen Sie in der Regel, was Sie hoffen? Welche Hoffnung haben Sie aufgegeben?
Früher dachte ich, dass es auf die Literatur ankommt, auf mich oder auf alles mögliche andere auf dieser so traurig leeren Welt. Heute denke ich darüber etwas differenzierter.
Können Sie ohne Hoffnung denken?
Hoffnung hängt von ihren Umständen ab. Ganz gleich wie elend wir uns fühlen, können wir uns immer noch auf ein Abendessen freuen oder zumindest darauf hoffen. Und nicht zuletzt hat der Mensch natürlich Drogen erfunden als einen Weg, um Hoffnung und Hoffnungslosigkeit auszulöschen.
Hoffen Sie auf ein Jenseits?
Das Leben nach dem Tod ist eine Erfindung der Menschheit, genau wie Gott. Unser Bewusstsein ist eine schwere Last.
Kann Ideologie zu einer Heimat werden?
Jeder muss an etwas glauben und etwas zu tun haben, wenn auch nur, um Selbstmord zu verhindern.
Empfinden Sie die Erde überhaupt als heimatlich?
Ja, natürlich. Wir sind Geschöpfe wie alle anderen, und die Welt ist unsere Heimat. Sie schenkt uns Schönheit und Nahrung und ist das Einzige, was wir in diesem riesigen, unbekannten Universum begreifen können.
Können Sie sich überhaupt ohne Heimat denken?
Nein. Das Vertraute ist es, was mir die Illusion von Kontrolle inmitten der Zufälligkeit gibt.
Ist die Ehe für Sie noch ein Problem?
Sie war nie ein Problem. Ich war ein junger, lüsterner Mann, und ich kam in Kontakt mit dem, was George Bernard Shaw die „Lebenskraft“ in der Person der jungen Frau, die Frau Boyle werden sollte, nannte.
Welche Probleme löst eine gute Ehe?
Bessere Frage: Welche Probleme entstehen dadurch? Zum Beispiel, wer wird das Geschirr spülen?
Halten Sie Geheimnislosigkeit für ein Gebot der Ehe oder finden Sie, dass gerade das Geheimnis, das zwei Menschen voreinander haben, sie verbindet?
Wenn Sie die unaufhörliche Hölle in der Ehe wollen, enthüllen Sie Ihre Geheimnisse. Wenn Sie das nicht wollen, behalten Sie sie für sich.
Warum scheuen Revolutionäre den Humor?
Aus dem gleichen Grund wie religiöse Fanatiker: Humor durchbohrt ihre Weltsicht.
Gibt es einen klassenlosen Humor?
Denken Sie doch nur an Slapstick.
Was ertragen Sie nur mit Humor?
Alles, was wir wissen, von der Absurdität der sexuellen Beziehungen bis hin zum Geruch von Schweinekoteletts, die in der ungepflegten Pfanne verbrannt werden.
Verändert im Alter sich der Humor?
Ja. Er wird grimmiger.
Wie alt möchten Sie werden?
Da möchte ich Woody Allen zitieren: „Ich will nicht durch meine Arbeit unsterblich sein, ich will unsterblich sein, indem ich nicht sterbe“.
Wen, der tot ist, möchten Sie wiedersehen?
Attila der Hunne. Ich würde ihn gerne nach Washington schicken, damit er mal mit unserem „Präsidenten“ in den Ring steigt.
Wen hingegen nicht?
Donald Trump. Warte, er ist ja noch gar nicht tot, oder doch?
Hätten Sie lieber einer anderen Nation (Kultur) angehört und welcher?
Wenn ich die Wahl gehabt hätte, wäre ich der einzige Sohn der Jungfrau Maria gewesen.
Wenn Sie Macht hätten zu befehlen, was Ihnen heute richtig scheint, würden Sie es befehlen, gegen den Widerspruch der Mehrheit? Ja oder Nein.
Ja.
Warum nicht, wenn es Ihnen richtig scheint?
Denn ich allein weiß, was alle wollen und wie man die Welt glücklich, glücklich, glücklich machen kann!
Wann haben Sie aufgehört zu meinen, dass Sie klüger werden oder meinen Sie‘s noch? Angabe des Alters.
Diese Illusion habe ich noch nicht verloren. Was mein Alter betrifft, sagen wir einfach, dass ich nicht mehr in meinen Zwanzigern bin.
Überzeugt Sie Ihre Selbstkritik?
Ich halte mich nicht mit meinen Fehlern auf. Meine Kritik bezieht sich ausschließlich auf meine laufenden Arbeiten.
Gesetzt den Fall, Sie haben nie einen Menschen umgebracht, wir erklären Sie es sich, dass es dazu nie gekommen ist?
Weil ich Liebe ausstrahle.