Frau Schudt, im Film „Nelly und das Weihnachtswunder“ (22. Dezember, 20.15 Uhr, ZDF) spielen Sie die Hauptrolle: Nelly ist Weihnachten, vorsichtig gesagt, völlig egal. Würden Sie mit jemandem wie ihr gern die Weihnachtstage verbringen?
Erst mal nicht, sie ist mir zu grummelig. Aber es kommt natürlich darauf an. Man braucht ein bisschen Zeit, um so jemanden zu knacken. Wenn ich ein Signal spüren würde, dass sich das lohnt, dann würde ich es vielleicht versuchen. Aber ich bin selber kein Weihnachtswunder, glaube ich. Deshalb würde mich das überfordern.
Aber Sie mögen Weihnachten schon ein bisschen mehr, als Nelly das tut, oder?
Nelly hat ja einen Grund, warum sie Weihnachten nicht mag. Sie läuft vor etwas davon. Es ist eine klassische Weihnachtsgeschichte, es geht um Heimat und Familie und um Verlust und Transformation.
Im Film heißt es, Weihnachten sei wie nach Hause kommen. Kennen Sie das Gefühl?
Weihnachten ist natürlich ein Familienfest, wenn man es schafft, dass alle friedlich und fröhlich beieinander sitzen. Aber wir wissen alle, dass es auch anders sein kann. Ich glaube, man darf auf Weihnachten nicht zu viele Erwartungen legen, sonst wird es ganz schwierig.
Schauen Sie sich denn gern Weihnachtsfilme an?
Früher haben wir das gemacht. Da haben wir „Drei Haselnüsse für Aschenbrödel“ geschaut und andere tschechische Märchen? Heute machen wir das nicht mehr. Ich hab ja auch nur Söhne. (lacht) Die stehen da ehrlich gesagt nicht so wahnsinnig drauf.
Was wir aber tatsächlich gemacht haben, ist, die Weihnachtsgeschichte zu lesen. Allerdings habe ich vergangenes Jahr, als ich und mein großer Sohn pünktlich am 23. Dezember Corona gekriegt haben, sehr viele Filme mit ihm geguckt. Aber keine Weihnachtsfilme! (lacht)
Gibt es in Ihrer Familie weihnachtliche Traditionen?
Eine Tradition, die uns besonders wichtig ist, ist, dass wir alle allen Briefe schreiben. Bei uns gibt es nicht nur Geschenke, sondern jeder Schenkende schreibt jedem Beschenkten auch einen Brief. Das ist das Erste, was aufgemacht und vorgelesen wird, und das ist uns sehr wichtig.
Mit einem Klick ist irgendwas bestellt, dann kommt es noch in irgendein schönes Stück Papier – und fertig. Aber Briefe zu schreiben, das bedeutet tatsächlich, sich Zeit zu nehmen und sich ein paar Gedanken zu machen.

Mussten Sie von der Rolle der Nelly eigentlich überzeugt werden oder haben Sie gleich zugesagt?
Ich fand die Figur wirklich super. Und ich fand auch die Vorstellung von dem Film entzückend und hab gedacht: Das ist eine gute Rolle, eine Weihnachtsfigur, die ausschließlich schlecht gelaunt ist. Das gefiel mir, das hat viel Potenzial.
Sie sind in vielen Szenen mit Rafael Gareisen zu sehen. Kannten Sie sich vorher?
Nein, ich kannte ihn nicht als Kollege. Ich habe den Dreh mit ihm sehr genossen. Er ist ein Sonnenschein, der Rafael, der hat immer gute Laune. Wir haben uns sehr gut verstanden, das war echt eine schöne Arbeit.
Sie sind 50, er 30. Lernt er mehr von Ihnen oder profitieren beide von der Zusammenarbeit?
Ich hoffe, Schauspieler profitieren immer gegenseitig voneinander, selbst wenn es mal problematisch sein kann, mit einer Person zu arbeiten. Irgendwas gibt es immer zu lernen – und das ist gut. Natürlich ist es schöner, wenn man sich versteht. Aber ich nehme immer irgendwas vom Dreh mit. Es ist mir wirklich noch nie passiert, dass ich gedacht habe: Das hätte ich mir jetzt echt sparen können.

Was haben Sie aus „Nelly und das Weihnachtswunder“ mitgenommen?
Ich bin jemand der, der immer versucht, die Beziehungen zwischen den Figuren auszuloten. Und diese beiden Figuren, Nelly und Sonny, wollten keine haben. Das ist natürlich eine ganz, ganz starke Vorlage. Und es war für uns beide ausgesprochen lustig, das zu spielen, wie sie erst nicht wollen, dann müssen und ihre Gesellschaft zum Schluss genießen. Das hat uns viel Spaß gemacht.
Der Film endet mit einem besonderen Weihnachtsfest. Was war Ihr außergewöhnlichstes Weihnachten?
Das war vergangenes Jahr, als mein großer Sohn und ich Corona hatten. Wir hatten viele Menschen zu Hause, die es eher vermeiden wollten, sich anzustecken. Also haben wir Weihnachten isoliert auf der Couch verbracht. Das war ungeplant und ungewöhnlich und auch ein bisschen doof.
Weil Sie gern Weihnachten feiern?
Ja, sehr gern.
Ihr Kollege Moritz Treuenfels hat mal gesagt, er hätte Sie und Ihren Mann gern in der ZDF-Reihe „Familie Anders“ dabei – ein Paar im echten Leben, das auch im Film ein Paar spielt und sich in Therapie begibt. „Sie sind unglaublich tolle Schauspieler und wahnsinnig lustige Menschen – die hätte ich gerne auf meiner Couch“, waren seine Worte.
Ach! (lacht)
Würde Sie das reizen?
Nein.
Warum nicht?
Wir arbeiten sehr gerne zusammen, aber wir versuchen zu vermeiden, ein Paar zu spielen. Das wäre ja auch langweilig, weil wir ein Paar sind. Wir würden viel lieber Geschwister spielen oder verfeindete Nachbarn.
Haben Sie eigentlich schon mal in Ihrer Heimatstadt Konstanz vor der Kamera gestanden?
Nein. Aber es würde mich reizen, klar. Konstanz ist ja wirklich wunderschön und gegen wunderschöne Orte habe ich nichts! Außerdem wäre ich in der Nähe meines Vaters, das wäre nicht so schlecht.
Kommen Sie jedes Jahr zu Besuch?
Ich komme inzwischen selten nach Konstanz. Es ist sehr weit von Düsseldorf, wo wir wohnen, und die Zugverbindung ist sehr schlecht. Aber wir versuchen es regelmäßig einzurichten und einmal im Jahr bin ich mindestens dort.
Vor zwei Jahren waren Sie im Film „Laufen“ zu sehen. Für Ihre Rolle hatten Sie damals wieder mit dem Cellospielen angefangen. Spielen Sie noch?
Ja, tatsächlich. Ich habe immer noch Unterricht. Ich schaffe es nicht, jeden Tag zu üben, leider. Aber ich übe so oft wie möglich. Ich liebe mein Cello, und das ist einfach eine Beschäftigung, die keinerlei Ziel hat, die nicht effektiv sein muss. Was ich damit sagen will ist: Es geht mir nicht darum, jemandem vorzuspielen, der das dann toll findet. Das Ziel ist, dass ich das genieße. Und es ist einfach nur herrlich, zu spielen.
Ihre Filmfigur Nelly hat mehrere Jobs. Gab es solche Zeiten in Ihrem Leben auch?
Nein, ich habe nie gejobbt wie Nelly. Während der Zeit an der Schauspielschule durften wir jedoch im Theater Einlassdienst machen, um ein bisschen Geld zu verdienen. Das war natürlich sehr berufsnah, und wir durften uns dann auch immer in die Vorstellung setzen. Großartig!
Und dann habe ich mal einen Taschenladen mit einer Freundin zusammen gehabt, die eine sehr erfolgreiche Goldschmiedin und Schmuckdesignerin ist. Ich habe Taschen designt und verkauft. Das war auch eine tolle Zeit.
Sie haben Taschen designt?
Ja, dabei kann ich gar nicht designen, aber ich habe es einfach mal gemacht. (lacht) Und sie wurden alle verkauft. Aber für ich habe ich auch eine behalten.

Viele Fernsehzuschauer kennen Sie noch aus dem Dortmund-Tatort, 2022 sind Sie ausgestiegen. Schauen Sie manchmal, was die Kollegen so machen ohne Sie?
Die Kollegen machen das sehr gut, aber es ist natürlich anders. Ich würde sagen, es ist jetzt ein anderer Tatort, aber ich schaue ihn mir sehr gerne an. Und Jörg Hartmann sehe ich ja regelmäßig: Wir spielen gerade an der Schaubühne in Berlin das Stück „Changes“ zusammen.