Freitagabend, 19 Uhr, backstage im Radolfzeller Milchwerk. Neben der Tür ein großes Schild mit der Aufschrift „Matthias Reim“. Sein langjähriger Manager und ständiger Begleiter Dieter Weidenfeld klopft an und begleitet das SÜDKURIER-Team in die Garderobe des Künstlers.
„Das wird so geil heute!“
Ein großes „Hallo“, eine herzliche Begrüßung. „Holt euch doch erst mal was zu trinken und vom Catering“, sagt Reim. „Nee, nee, erst wollen wir arbeiten“, sagen wir, zücken Block und Stift, Kollege Oliver Hanser packt seine Kamera aus. „Das wird so geil heute!“, sagt Reim und man merkt, dass dem Wahl-Stockacher das Konzert in seiner Heimat am Bodensee besonders am Herzen liegt.
In seiner Garderobe geht es derweilen zu wie im Taubenschlag. Snake, Reims rechte Hand und wie er sich selbst bezeichnet „das Mädchen für alles“, kommt in die Garderobe, klärt Details, organisiert und versorgt das SÜDKURIER-Team mit Ausweisen, die den Zugang zu allen Bereichen ermöglichen.
Der Tour-Manager, ein großer, kantiger Typ aus Berlin, ist nicht begeistert, dass die Presse im Backstage-Bereich neugierige Fragen stellt. Er mischt sich immer mal wieder ein: „Nein, das schreibt ihr jetzt aber besser nicht!“ Doch, das tun wir, denn Matthias Reim hat das letzte Wort und entscheidet, dass wir das dürfen.
Fans haben ein Geschenk für Reims Tochter dabei
19.30 Uhr. Das Milchwerk ist komplett voll, die Fans warten ungeduldig, die Stimmung heizt sich auf. Direkt hinter der Absperrung zur Bühne befragen wir einige Fans. Unter ihnen sind Heidi und Oskar Stallmann aus Karlsruhe.
Sie erzählen, dass Reims jüngstes Kind heute Geburtstag hat und dass sie ein Geschenk für die kleine Zoe abgegeben hätten. Ob das auch bei Reim und seiner Frau Christin Stark angekommen sei, wollen sie wissen, und wir deshalb mal eben nachfragen könnten.
Das Autogramm als Tätowierung auf dem Arm
Die Freundinnen Sina und Sani sind extra aus Brandenburg angereist, sie sind treue Fans und „mit Reims Musik aufgewachsen“. Sie haben sich sogar sein Autogramm auf den Arm tätowieren lassen. Marianne und Anton Saile kommen von der Zollernalb und hatten die Tickets schon vor zwei Jahren gekauft. Sie können den Auftritt kaum abwarten und im Verlauf des Konzerts zeigt sich, dass die beiden die Lieder textsicher mitsingen.

Nicole, Sven und deren Tochter Lenya aus Konstanz standen schon um 17 Uhr vor dem Milchwerk, um einen guten Platz zu ergattern. Fan Irene Ulrich hatte sich dort sogar bereits um elf Uhr morgens einen Platz gesichert. Ein paar Reihen weiter recken Fans die Arme, um ihre großen selbst gemalten Plakate in die Höhe zu halten.
So schwört sich die Band ein
Backstage, also hinter der Bühne, spürt man die Anspannung. Die Crew, 19 Personen, darunter die zehnköpfige Band, laufen hin und her. Martin Ziaja, der neue musikalische Leiter, macht Dehnübungen.
19.57 Uhr. Matthias Reim kommt aus der Garderobe, versammelt seine Band um sich, alle stecken die Köpfe zusammen, er stimmt einen Sprechgesang an: „Wer sind die geilsten?“ Die Band antwortet. „Wir sind die geilsten!“ Diese Frage-Antwort-Sätze wiederholen sich, steigern sich. Dann umarmt jeder jeden.

20.03 Uhr. Die Band kommt – unter tobendem Sprechgesang der Fans – auf die Bühne und die ersten Akkorde erklingen. Als Reim die Bühne betritt, erobert er das Publikum ab der ersten Minute. Seine Songs, die er gemeinsam mit Martin Ziaja in den vergangenen Monaten in seinem Stockacher Studio neu arrangiert hat, klingen ebenso vertraut wie „ansprechend anders“ und das Publikum honoriert das mit großem Applaus.
Nach einer Stunde und einem Duett mit – und Solo von – Sohn Julian (27), der auch als Background-Sänger mit dabei ist, ist Pause. Als das Team des SÜDKURIER in Matthias Reims Garderobe kommt, quatscht er gerade mit seiner Frau Christin, die im zweiten Part des Konzerts einen Solo-Auftritt hat und sich dafür in ein sexy Glitzer-Outfit geworfen hat.
Zur Entspannung ein bisschen daddeln
„Die Radolfzeller sind der Hammer, das Konzert läuft. Alles, was jetzt noch kommt, ist ein Selbstläufer.“ Er lacht, wirkt zufrieden, schaut auf seinen Laptop. Erklärend sagt er: „Ach, das ist so ein Videospiel, das mache ich in der Pause oder vor dem Konzert zur Entspannung.“

Auf die Frage, warum er nach so vielen Jahren im Musikgeschäft vor dem Konzert immer noch aufgeregt sei, antwortet er: „Ich glaube, das ist eine Sache des Respekts. Hier sind über 1900 Leute, die sich auf das Konzert freuen, die will ich nicht enttäuschen. Du kannst als Musiker noch so gut sein, ohne dein Publikum bist du nichts.“ Er grinst und sagt: „Wartet mal, was wir noch im zweiten Part geplant haben. Jetzt reißen wir gleich die Hütte ab.“
Und zu Oliver Hanser gewandt: „Das musst du unbedingt fotografieren.“ Als der SÜDKURIER-Fotograf zu bedenken gibt, dass der Tour-Manager nur für die ersten drei Songs grünes Licht zum Fotografieren gegeben hatte, klärt Christin Stark das Okay für die Fotos auf kurzen Wegen.
Nach 20 Minuten Pause versammelt sich die Band wieder und geht auf die Bühne. Jetzt deutlich entspannter. Den Song „Pech und Schwefel“, den Reim jüngst mit Rapper Finch herausgebracht hat, präsentiert er gemeinsam mit Sohn Julian. Der übernimmt den Part von Finch überaus souverän – das Publikum flippt aus. Und bei dem Konzert ist klar: Matthias Reim ist nach so vielen Jahren auf der Bühne immer noch Rampensau.