Ein deutscher Paragleiter, 56, stürzte erst vor wenigen Tagen in Kärnten in den Tod. Ein 47-jähriger Österreicher zog sich in Tirol schwere Verletzungen zu, weil er sich am Berg an einem Stein festhielt , der plötzlich abbrach. Eine vierzigjährige Frau verletzte sich in einem Klettersteig in Vorarlberg, als sie in das Klettersteigset fiel.
Höhenunterschiede und die Hitze vertragen nicht alle
Walter Walcher ist Bauer, Bergführer und auch gleichzeitig Bergretter in Ramsau am Dachstein. Er erlebt fast wöchentlich, dass Touristen die Belastung nicht vertragen, die Höhenunterschiede und Hitze mit sich bringen. „Erst vergangene Woche mussten wir einen Mann aus dem Klettersteig an der Silberkarklamm holen“, erzählt er. „Er war erschöpft und konnte nicht mehr vor und zurück“. Laut Walcher ist dieser Kletterer kein Einzelfall.

21 Klettersteige gibt es in der Ramsau unterhalb des Dachsteinmassivs und immer wieder kommt es zu Abstürzen. „Die meisten Unfälle passieren, weil die Menschen ihre Kräfte überschätzen“, sagt Walcher. „Man braucht eine gute Vorbereitung und muss trainiert sein, wenn man anspruchsvolle Klettersteige gehen will“.
Berge sind die Stars auf Instagram
Der 2700 Meter hohe Dachstein ist gerade zum Instagram-Star unter Österreichs Gipfeln gekürt worden. Knapp 131 000 Postings auf der Social Media Plattform zeigten die schroffen Felswände vor blitzblauem Himmel an der Grenze zwischen der Steiermark und Oberösterreich. An zweiter Stelle liegt der Arlberg, es folgen das Kitzsteinhorn und der Großglockner.
Am Fuße des Dachsteins in Ramsau spielt die ZDF-Serie „Bergretter“, für die auch in diesem Sommer gedreht wird. Mitten im Ort täuschen große Schaufensterscheiben das Büro der Bergretter vor, Ausrüstungsgegenstände und Rucksäcke liegen herum. „Diese Räume sind aber nur fürs Fernsehen. Wir haben nur ein kleines Büro beim Tourismusverband,“ erklärt Walcher schmunzelnd.
Gondel fahren geht nur mit Buchung im Voraus
Der Dachstein selbst bietet mit der Gletscherbahn, der spektakulären Aussichtsplattform „Skywalk“, einer Hängebrücke, einem Eispalast und einer Eishöhle viele Attraktionen. Deshalb muss man die Fahrt mit der Gondel hinauf ein paar Tage vorher buchen. Mehr als 2000 Personen können täglich zum Gletscher transportiert werden, 50 pro Gondel. „Oben ist es jetzt natürlich etwas überlaufen. Viele Leute, die nur einen Kaffee trinken und die Hängebrücke anschauen“, so Walcher. „Aber man kann auch weiterwandern. Es gibt einen präparierten Weg.“

Auf der Suche nach dem Kick
Etliche Touristen suchen am Dachstein den ultimativen Kick und Nervenkitzel. Sie streben hoch hinaus und trauen sich viel zu. Einen Bergführer zu buchen, ist nicht billig. 350 Euro am Tag muss man rechnen. „Wenn bei mir die Tour auf den Dachstein gebucht wird, rede ich vorher darüber, was die Gäste schon gemacht haben. Aber ich bin auch schon mit den Gästen umgekehrt, als ich merkte, dass es nicht funktioniert“, so Walcher.
In die Berge anstatt ans Meer
Viel mehr Menschen machen inzwischen Urlaub in den Bergen, die vielleicht früher ans Meer gefahren sind. Für den Alpentourismus und die Bergführer ist das gut. Doch die Bergrettung, die ja aus Freiwilligen besteht, ist so im Dauereinsatz. Seit Anfang Juli wurde sie allein in der Steiermark mehr als 120 mal gerufen.
In Ramsau werden zur Risikominimierung Kurse für Klettersteig-Nutzer angeboten. Kinder, Jugendliche und Erwachsene können getrennt lernen, wie man die Ausrüstung samt Gurt, Karabinerhaken und Steinschlaghelm richtig nutzt und sich sicher am Klettersteig bewegt. Im Kurs ist auch das Wetter ein wichtiges Thema. „Ein Gewitter am Klettersteig kann tödlich sein“, so Walcher. „Der Blitz schlägt leicht in die Eisenstifte ein, mit denen das Drahtseil verankert ist“.
Nach dem langen und schneereichen Winter sind die zahlreichen Schneefelder eine Gefahr, die sich gehalten haben und auf deren harter Oberfläche Wanderer leicht ausrutschen. „Um die Felder risikolos zu überqueren, braucht man Steigeisen“, so Walcher. „Hat man keine, muss man die Schneefelder umgehen.“
Mehr Einsätze
Die Einsätze der Bergwacht Bayern im Sommer sind von 1582 im Jahr 2006 auf 3071 im vergangenen Jahr gestiegen – das ist fast eine Verdoppelung. Auch die Zahl der sogenannten Einsätze mit Todesfolge ist gewachsen, von 85 im Jahr 2006 auf 98 im Jahr 2018 – diese Zahlen beziehen sich allerdings auf Sommer- und Wintereinsätze. Auch in Österreich sind laut dem Bundesverband Bergwacht die Einsatzzahlen gestiegen. Von 7615 im Jahr 2015 auf 9607 in 2018. Ganz anders sieht es unter den Mitgliedern des Deutschen Alpenvereins (DAV) aus. Trotz des Ansturms auf die Berge sinkt die Zahl der vom DAV registrierten tödlichen Unfälle. Für die Bergunfallstatistik für 2018 sprach der DAV sogar von einem neuen Tiefstand. Von den knapp 1,3 Millionen Mitgliedern seien 2018 31 ihrer Mitglieder beim Bergsport gestorben, 10 weniger als 2017. (sst/dpa)
Diese Tipps geben Bergretter
Peter Haberstock von der Bergwacht Bayern und Walter Walcher von der Bergwacht Ramsau am Dachstein geben Tipps, für eine möglichst unfallfreie Bergtour:
- Die richtige Einschätzung: „Es wäre wichtig, dass die Menschen nur die Touren machen, die sie auch im Kreuz haben“, sagt Haberstock. Wenn ein Nicht-Kletterer in schwieriges Felsgelände gehe, dann sei das unvernünftig.
- Kondition beachten: Wer keine Kondition hat, der sollte sich an keinen Acht-Stunden-Marsch wagen. „Es kommt immer wieder vor, dass sich Wanderer eine lange Tour vornehmen und bei der Hälfte merken, dass sie es nicht schaffen werden“, so Haberstock.
- Früh Aufbrechen: In den heißen Sommern empfiehlt Bergführer Walter Walcher, früh aufzubrechen, Wege auf der Nordseite zu wählen und ausreichend Wasser dabei zu haben. Jeder sollte vorher genau überlegen, welche Route gegangen werden soll und welche Besonderheiten sie hat.
- Die richtige Ausrüstung: Ein Muss sind Wanderschuhe, keine Turnschuhe oder Sandalen. Wer sich unsicher ist, könne sich bei Bergführern vor Ort informieren. (msb/sst)