Acht Frauenmorde in sechs Wochen beschäftigen Politik und Öffentlichkeit in Österreich; zuletzt wurde am vergangenen Freitag eine Rentnerin in ihrer Wohnung in Niederösterreich erschlagen aufgefunden. Noch herrscht Unklarheit über den Täter. Doch schon seit Anfang 2018 nimmt die Gewalt gegen Frauen in Österreich zu.
Erstochen, ertränkt, erwürgt
Mitte Dezember wurde Michelle, 17, in Steyr von ihrem afghanischen Ex-Freund erstochen. Am Heiligen Abend wurde eine Krankenschwester in Wien Liesing von ihrem Mann mit malaysischen Wurzeln in der Badewanne ertränkt.
Am 8. Januar wurde einer 40-jährigen vierfachen Mutter vor den Augen ihrer Kinder 38-mal ein Messer in den Bauch gerammt. Der Täter, ihr Ehemann, war der Polizei in Amstetten als Islamist bekannt. Ebenfalls bekannt war ein österreichischer Waffennarr, der seine Frau am 9. Januar tötete.
Am 13. Januar wurde ein sechzehnjähriges Mädchen in Wiener Neustadt von ihrem 19-jährigen syrischen Ex-Freund erwürgt. Zwei Tage später wurde eine 25-jährige Frau mit äthiopischen Wurzeln von ihrem Bruder am Wiener Hauptbahnhof von hinten erstochen. Anfang vergangener Woche wurde eine Mazedonierin, 32, von ihrem Ex-Mann auf einem Parkplatz in Tulln erstochen.
Höchste Zahl an Frauenmorden seit zehn Jahren
Zwischen Januar und November 2018 wurden in Österreich 41 Frauen ermordet. Das ist die höchste Zahl seit zehn Jahren. 29 Mordopfer waren Männer. Sehr häufig wurden Frauen zusätzlich Opfer schwerer Körperverletzungen und Sexualstraftaten.
Noch 2015 zählte die Kriminalstatistik eine weit niedrigere Zahl weiblicher Mordopfer, nämlich siebzehn Frauen und 23 Männer. Mehr als die Hälfte der Täter oder Tatverdächtigen stammte 2018 aus dem Ausland. Das war im Jahr 2017 noch anders, als von 89 Tätern nur dreizehn Ausländer waren.
Regierung verspricht bessere Vorbeugung
Der österreichische Innenminister Herbert Kickl will durchgreifen und hat angekündigt, Kommunikationsmängel zwischen den verschiedenen zuständigen Stellen zu beseitigen, um eine bessere Vorbeugung zu ermöglichen.
Außerdem sollen die Hieb- und Stichwaffen untersucht werden, um Tätergruppen identifizieren zu können. Kickl verbindet damit die Forderung nach rascheren Abschiebungen.
Selbstbewusstsein als Todesurteil?
Die Wissenschaftlerin Birgit Haller vom Institut für Konfliktforschung ebenso wie viele Mitarbeiterinnen von Frauenhäusern sehen die Hauptursache für die wachsende Zahl von Ausländern als Täter in der patriarchalen und krieg geprägten Struktur der Herkunftsländer.
Der Soziologe Kenan Güngör weist darauf hin, dass etliche Frauen aus zugewanderten Familien jetzt ihre Selbstständigkeit einfordern. Dies bezahlen sie teilweise mit dem Leben.
Kritik an der neuen Notrufnummer für Frauen
Während eine von der Regierung angekündigte neue Notrufnummer von Opferschutz-Experten als unnötig angesehen wird, wird die Einführung eines umfassenden Annäherungsverbotes auf 50 Meter für Täter begrüßt.
Die Verurteilungsquote für Gewalt- und Sexualstraftäter, die bei zehn Prozent liege, müsse erhöht werden, verlangte eine Expertengruppe im Parlament. Wenn Aussage gegen Aussage steht, werden Verfahren häufig eingestellt. Opfer hätten dann das Gefühl, es nutze ohnehin nichts, zur Polizei zu gehen. Auch die Dokumentation der Verbrechen gelte es zu verbessern. Opferschutz müsse vor Datenschutz gehen, sagte der Chef des Weißen Rings, Karl Jesionek.
Genaue Analyse der Täter
Um der zunehmenden Anzahl von Frauenmorden zu begegneten, hat das österreichische Innenministerium eine sogenannte „Screening-Gruppe“ gegründet. Diese soll laut dem Online-Portal "Vienna.at" auch die Muster der Taten unteruschen. Innenstaatssekretärin Karoline Edtstadler (ÖVP) sagte im ORF, dass künftig nicht mehr allein zwischen Täter unterschieden, die Österreicher oder Nicht-Österreicher sind, sondern „ob der Österreicher Migrationshintergrund hat oder nicht.“ (sk)