Ein Lockdown nur für Ungeimpfte soll verhindern, dass Österreichs Bürger in diesem Winter wieder alle zu Hause bleiben müssen. Er wird ab Montag in Oberösterreich und Salzburg gelten. Bundeskanzler Alexander Schallenberg kündigte für Sonntag darüber hinaus einen bundesweit geltenden Beschluss an. Experten bezweifeln jedoch schon jetzt die Wirksamkeit eines Teil-Lockdowns und stellen besonders die Kontrollmöglichkeiten in Frage. Sie erwarten wieder für alle geltende Kontaktbeschränkungen.
Quarantäne für Familien nach der Rückkehr aus Österreich
Schockiert reagierten gestern Vertreter der Tourismusbranche darauf, dass Deutschland Österreich ab Sonntag wieder zum Hochrisikogebiet erklärt hat. Ausnahmen sind Jungholz, Mittelberg, das Rißtal, Vomp, Eben am Achensee und der kleine Grenzverkehr. Alle Rückkehrer müssen sich über „www.einreisemeldung.de„ digital anmelden und ihren Impfnachweis hochladen. Geimpfte und Genesene haben kein Problem.
Doch für Familien wird es kompliziert. Denn Ungeimpfte, auch Kinder unter zwölf Jahren, müssen nach der Rückkehr nach Deutschland in Quarantäne. Erst nach fünf Tagen können sie sich frei testen lassen. Das dürfte für manche geimpften oder genesenen Eltern ein Grund sein, den Winterurlaub in Österreich abzusagen, befürchtet auch Christian Schützinger, Chef von Vorarlberg Tourismus.

„Eine atmosphärische Katastrophe“
Die Vorsitzende der Österreichischen Hoteliersvereinigung Michaela Reitterer nannte die deutsche Reisewarnung „eine atmosphärische Katastrophe“. Die Branche hatte gehofft, durch die Einführung von 2G in Hotels und Gasthäusern ebenso wie in Skiliften auf der sicheren Seite zu sein. In Gondeln müssen außerdem alle FFP2 – Masken tragen.

Für die dramatische Entwicklung und die darauf folgende Reisewarnung sei „der Eiertanz der Politik“ verantwortlich, sagte die Tourismus-Sprecherin in der Wirtschaftskammer Susanne Kraus–Winkler. „Es ist ein Desaster – es ist eine totale Verunsicherung da, die äußert sich in großer Enttäuschung von der Politik.“ Denn schon die Einführung der 2G Regel am 8. November brachte für die Gastronomie zahllose Stornierungen im Weihnachtsgeschäft.
Unverständnis in Oberösterreich und Salzburg
Danach hatte die Regierung gezögert und sich an den verabschiedeten Stufenplan gehalten, anstatt flexibel auf die steigenden Zahlen zu reagieren. Besonders die Landesväter von Oberösterreich und Salzburg, Stelzer und Haslauer, wo die Infektionszahlen in einigen Gemeinden über 2000 liegen, hatten die Forderung des grünen Gesundheitsministers Mückstein nach einem regionalen Lockdown für Ungeimpfte zunächst abgelehnt. Haslauer erklärte, Virologen hätten es „am liebsten“ jeder sperre sich in sein Zimmer ein, würde dann aber „verdursten und verhungern“.
Ruf nach einer Inzidenzkontrolle
Dabei betrug die Zahl der Neuinfektionen am Freitag in ganz Österreich 11.798. Intensivstationen sind mit 436 Corona – Patienten am Limit und 40 Menschen starben an Corona. Im Vergleich dazu gab es in Deutschland bei einer zehnmal größeren Bevölkerungszahl mit 48.640 eine etwa viermal so große Zahl an Neuinfektionen. „Wir brauchen rasch eine Inzidenzkontrolle. Sonst soll die Politik sagen: wir wollen die Zahlen nicht senken, es sollen mehr Leute sterben“, so die Innsbrucker Virologin Dorothee von Laer.

Noch kein Lockdown für alle
Ob der Lockdown für Ungeimpfte ausreicht, sagt sie nicht. Immerhin gilt dann für ein Drittel der Bevölkerung, dass sie ihre Wohnung nur noch verlassen dürfen, wenn sie zur Arbeit gehen, Lebensmittel einkaufen oder sich die Füße vertreten. Ob und wie diese Regel eingehalten wird, soll stichprobenartig von Polizisten kontrolliert werden. Außerdem werde die Impfpflicht für Gesundheitspersonal und die Maskenpflicht in Schulen eingeführt. Obwohl die Wirkung erst verzögert eintritt, lehnt der Bundeskanzler noch einen allgemeinen Lockdown ab. „Zwei Drittel haben alles richtig gemacht“, sagt Kanzler Schallenberg. Diese sollten nicht ihre Freiheitsrechte verlieren. Man müsse die Stimmung berücksichtigen. „Was sollen sich jene Menschen denken, die sich impfen haben lassen, wenn sie dann in der Küche landen und eingesperrt sind“, so Schallenberg.