Die Kämpfe in den Außenbezirken der libyschen Hauptstadt Tripolis schüren die Befürchtung, das ölreiche nordafrikanische Land könnte in einem neuen Bürgerkrieg versinken. Im Mittelpunkt der neuen Konfrontation steht General Khalifa Haftar, der ost-libysche Truppen in den Kampf gegen die west-libysche Regierung führt. Haftar ist eine schillernde Persönlichkeit – er ist ein früherer Offizier des 2011 entmachteten Diktators Muammar Gaddafi. Im amerikanischen Exil nahm Haftar die US-Staatsbürgerschaft an, arbeitete offenbar eng mit dem US-Geheimdienst CIA zusammen und präsentiert sich jetzt als Befreier des Landes.
Welche Ziele verfolgt der General?
Angeblich geht es Haftar allein um den Kampf gegen Extremisten. Während sich seine Libysche Nationale Armee (LNA) am Stadtrand von Tripolis erste Gefechte mit Milizen der international anerkannten Regierung lieferten, telefonierte Haftar mit dem russischen Vize-Außenminister Mikhail Bogdanow. In dem Gespräch betonte Haftar nach Angaben Moskaus seine Entschlossenheit, „Terroristen in Libyen zu bekämpfen“.
Haftar sucht engen Kontakt zu Russland
Dass Haftar in dieser heiklen Phase des Konflikts den engen Kontakt zum Kreml sucht, ist ein Zeichen für die Bereitschaft des Generals, mit vielen verschiedenen Akteuren zu kooperieren, wenn es seinen Plänen dient. Russland zählt ebenso zu den Unterstützern der LNA wie Ägypten und die Vereinigten Arabischen Emirate. Der Einfluss dieser internationalen Kräfte auf Haftar ist jedoch begrenzt – der General verfolgt seine eigenen Ziele.
Er unterstützte Gaddafis Staatsstreich gegen den damaligen König Idris
Taktische Flexibilität ist ein Markenzeichen des 75-Jährigen. Im Laufe seiner Karriere hat er gelernt, immer wieder umzudenken. 1969 gehörte er zu den Offizieren, die Gaddafis Staatsstreich unterstützten. Seine Laufbahn endete jäh, als er als Chef libyscher Truppen 1986 im Tschad in Gefangenschaft geriet. Gaddafi distanzierte sich daraufhin von seinem Feldherrn.
In den Wirren nach der Entmachtung und Ermordung Gaddafis 2011 bildeten sich zwei rivalisierende Regierungen des Landes heraus: die von der UNO anerkannte Führung in Tripolis und eine Parallel-Regierung im Osten. Der erfolgreiche Feldzug gegen die islamistischen Extremisten in Benghazi stärkte Haftars Macht im Osten, doch im Westen blieb er wegen seiner Vergangenheit als Gaddafi-Anhänger vielen seiner Landsleute suspekt. Dass Haftar nun mit der angekündigten Schlacht um Tripoli eine neue blutige Phase in dem Konflikt einläuten will, hat die internationale Gemeinschaft geschockt.