Es war ein Abend wie er zum zähen Wahlkampf passte: Kaum ausgelassener Jubel, nirgends enthemmte Stimmung, eher ein Abend der langen Gesichter, an dessen Ende weniger klar war als erhofft. Außer, dass es bei genauem Hinsehen mehr Verlierer bei der Wahl gibt als Gewinner.
Die härteste Strafe kassiert die Union mit dem schlechtesten Wahlergebnis ihrer Geschichte. Es ist die Quittung nicht nur für einen verkorksten Wahlkampf mit einem glücklosen Kandidaten Laschet, sondern es ist die Quittung für zögerlichen Reformwillen und mangelnde Gestaltungskraft in den vergangenen Jahren. Wer deshalb bei der Aufarbeitung dieser Klatsche allzu viel Schuld bei Angela Merkel und Armin Laschet abladen will, wird die Partei noch stärker in den Abgrund führen als es das Ergebnis spiegelt. Das Desaster reicht weit über Personen hinaus.

Dem zwischenzeitlichen Höhenflug der Grünen auf Umfragewerte von bis zu 30 Prozent folgt jetzt die harte Landung. Ihr Wahlergebnis ist zwar das beste seit Parteigründung, aber sehr weit von den eigenen Hoffnungen entfernt. Berauscht vom Selbstbild, das Original der Klimaschützer zu sein, haben die Grünen um Annalena Baerbock zu viele Themen nicht glaubhaft besetzen können. Die Skepsis der Wähler, dem grünen Wahlprogramm zu vertrauen, hat die Parteispitze am Abend kalt erwischt. Die Hoffnung auf eine rot-rot-grüne Regierungskoalition ist jedenfalls dahin – es reicht rechnerisch nicht. Zum einen, weil die Linken zu schwach sind, zum anderen aber auch, weil die Sozialdemokraten ihren Gegner CDU doch nicht auf ausreichend großen Abstand halten konnten.
So gesehen ist auch Olaf Scholz nicht der strahlende Sieger, als der er sich selbst sieht. Denn obwohl er den freien Fall der SPD hat bremsen und umkehren können, ist nicht sicher, dass er auch der neue Bundeskanzler Deutschlands werden wird – auch wenn er das Amt für sich beansprucht.
So bleibt am Wahltag eigentlich nur ein strahlender Sieger: Christian Lindner. Zwar humpelt auch er mit seiner FDP den eigenen Zielen hinterher und hat weniger von der Schwäche der Union profitieren können als gedacht. Aber auf ihn und die FDP kommt es in der Frage an, wie Deutschland künftig regiert werden wird: von einer Jamaika-Koalition oder einer Ampel. Christian Lindner wird der Kanzlermacher und dass ihm diese Rolle gefällt, war ihm deutlich anzusehen. Und zu hören, dass ihm Armin Laschet lieber ist als Olaf Scholz.