Es geht um Datenschutz und den Schutz der Gesundheit. Beides muss gewährleistet sein, wenn die Verknüpfung der verschiedenen Corona-Warn-Apps in der gesamten EU funktionieren soll. Denn die Warnung vor möglichen Infektionen funktioniert nur, wenn die App den Nutzer auch dann informieren kann, wenn er sich im Ausland aufhält oder dort angesteckt hat.
Die EU-Komission hat Ende Juli die deutschen Firmen SAP und die Telekomtochter T-Systems beauftragt, an einem Konzept zu arbeiten, der die verschiedenen Apps miteinander kompatibel macht, so dass Warnapps aus anderen Ländern auf die Daten zugreifen können. Doch das Konzept beinhaltet nicht die Schweiz.
Rechtsfragen stehen Verknüpfung im Weg
Die EU begründet das offiziell mit rechtlichen Schwierigkeiten. Tatsächlich hat die Schweiz als Nicht-EU-Mitglied einen anderen Status, rechtliche Fragen müssen immer neu geklärt werden. Auch deshalb kämpft die EU seit Jahren um ein Rahmenabkommen, das die gut über 120 Einzelverträge mit der Schweiz bündeln soll und eine sogenannte dynamische Rechtsentwicklung vorsieht: Ändert die EU ein Gesetz, müsste die Schweiz ihr nationales Gesetz entsprechend anpassen oder eine gleichwertige Lösung anbieten.
Ist dies nicht möglich oder kommt es zum Streitfall, soll ein Schiedsgericht über eine gangbare Lösung entscheiden. Die Schweiz tut sich allerdings schwer mit dem Paket, fürchtet sie doch, dass die Eidgenossen darin eine Beschneidung ihrer Freiheit sehen könnten. Doch die Schweiz erhält im Gegenzug den uneingeschränkten Marktzugang zum EU-Binnenmarkt. Für den Schweizer Bund ist das als Inselstaat umgeben von EU-Ländern unabdingbar.

Doch die Verhandlungen sind ins Stocken geraten, die Schweiz hat eine erneute Beratungsphase eingeläutet, eine Volksabstimmung steht im Raum. Das alles kostet Zeit. Die EU dagegen ist nicht bereit, Abkommen zu erneuern oder neue Verträge zu schließen, solange die Schweiz das Rahmenabkommen nicht unterzeichnet.
Im konkreten Fall wären rechtliche Fragen wie der Datenschutz im Rahmenabkommen festgehalten. So aber müsste für den Zusammenschluss der EU-Corona-Warn-Apps mit dem Schweizer Pendant eine neue Rechtsgrundlage geschaffen werden. Nach den jahrelangen Verhandlungen um ein Rahmenabkommen zwischen beiden Seiten scheint das utopisch.
Fast 50.000 Berufspendler passieren die Grenze
Dabei wäre eine Verknüpfung nur logisch, sagen mehrere CDU-Politiker aus der Region. Andreas Schwab, EU-Abgeordneter und Bezirksvorsitzender der CDU Südbaden, verweist gemeinsam mit den Bundestagsabgeordneten Armin Schuster (Kreis Müllheim-Lörrach), Felix Schreiner (Kreis Waldshut) und Andreas Jung (Kreis Konstanz) auf die circa 46.000 deutschen Berufspendler in der Region Bodensee-Hochrhein, die täglich die Grenze zur Schweiz passieren.
„Das Corona-Virus kennt keine Grenzen“, mahnen die Abgeordneten in einer gemeinsamen Stellungnahme. Die europaweite Verknüpfung der Corona-Apps sei zwar ein wichtiger Baustein im Kampf gegen die Pandemie, aber: „Die Schweiz muss unbedingt von vornherein in die Verknüpfung der Corona-Warn-Apps mit einbezogen werden“, erklären die Abgeordneten. Gerade die Pandemie zeige „wie unter einem Brennglas“, dass die Europäer „die großen Herausforderungen nur gemeinsam bewältigen können, nicht jeder für sich alleine“, mahnen sie.
EU-Kommission soll mit der Schweiz verhandeln
In einem gemeinsamen Schreiben vom Sonntag an Kommissionspräsidenten Ursula von der Leyen fordern die CDU-Politiker, die politischen Verhandlungen um den Rahmenvertrag sowie ein zusätzliches Gesundheitsabkommen losgelöst von der aktuellen Situation zu behandeln.
Zwar erwarteten auch Schwab, Jung, Schreiner und Schuster „seitens der Schweiz die Bereitschaft zum zeitnahen Abschluss dieser Verträge mit der EU. Doch „angesichts der Dringlichkeit und der Bedeutung der gemeinsamen Bekämpfung der Corona-Pandemie muss schon zuvor in Erwartung der beiden Abkommen die europaweite Verknüpfung der Corona-Warn-Apps auch mit der Schweiz umgesetzt werden.“
Grundlage der Corona-Warn-Apps ist es, Nutzer zu warnen, wenn sie Kontakt zu einem Corona-Infizierten hatten. In Deutschland gibt es seit Mitte Juni eine im Auftrag der Bundesregierung entwickelte Corona-Warn-App. Inzwischen wurde sie mehr als 16 Millionen mal heruntergeladen.