Wer es sich einfach machen will, hat bei den Grünen leichtes Spiel. Eine Partei voller realitätsferner Öko-Träumer, die den Menschen vorschreiben will, was sie zu essen und wie sie zu sprechen haben. Das muss auch das Bild gewesen sein, das die Demonstranten in Biberach vor Augen hatten, als sie an Aschermittwoch ihrer Wut freien Lauf ließen.

Dass es dort längst nicht mehr um die Belange der Landwirtschaft ging, sondern sich der Protest und letztlich die Gewalt gezielt gegen die Grünen richtete, war offensichtlich. Es ist eine Eskalation, die nicht überraschend kam. Sie richtet sich gegen ein Feindbild, das zwar mit der Realität kaum etwas zu tun hat, in manchen Köpfen aber zu einem unbändigen Hass gegen diese Partei geführt hat.

Einfaches Zauberwort

Ein Grund sind, wenig überraschend, die politischen Gegner. Wenn CDU, Linke, FDP, aber auch SPD und erst recht CSU und AfD mit Argumenten nicht weiterkommen, greifen ihre Vertreter gern zum Zauberwort „Ideologie“. Das ist bequem, weil es jede politische Forderung gleich als Hirngespinst abtut, ohne dass man sich eingehender damit befassen müsste.

Auch die Charakterisierung der Grünen als Verbotspartei und Sprachpolizei ist ein eingeübtes Ritual. Das zeigt Wirkung, hat sich in den Köpfen vieler Menschen längst verfestigt, ist aber falsch. Die Grünen haben auf ihrem Weg in Regierungsämter so ziemlich alle Forderungen abgeräumt, die nach Bevormundung klingen könnten.

Wer aber CSU-Chef Markus Söder zuhört, muss den Eindruck haben, dass sich bei der Partei noch immer alles nur ums Gendern dreht. Doch der letzte Vorstoß dazu von einem führenden Grünen-Mitglied kam Ende 2021. Damals hatte Annalena Baerbock angeregt, in Gesetzestexten Männer und Frauen gleichermaßen anzusprechen.

Alles ist irgendwie grün

Ein anderes Problem für die Grünen ist: ihr Name. Wann immer es um Nachhaltigkeit, Umweltschutz oder das Klima geht, ist die Rede von grünem Wachstum, grüner Landwirtschaft, grüner Energie. Mit den Grünen hat das erst einmal nichts zu tun, bis auf ihre politischen Forderungen, wie diese Ziele zu erreichen sind. Doch solche Vorschläge haben auch die meisten anderen Parteien.

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Wenn nun also vom „Green Deal“ von Ursula von der Leyen die Rede ist, geht es um das Projekt einer EU-Kommissionspräsidentin mit CDU-Parteibuch. Und wenn die EU Plastikprodukte verbietet und strengere Düngeverordnungen beschließt, ist das der Wille einer EU, in der es keinen einzigen grünen Regierungschef gibt. Bei vielen kommt trotzdem an: Die Grünen haben das durchgesetzt.

Rascher Umbau nötig

Und da beginnt vielleicht das größte Problem der Partei, die wie kaum eine andere in Deutschland für den Klimaschutz steht. Denn einige Dinge hat sie tatsächlich bewirkt, wie die Energiewende, die zwar noch von der CDU-Kanzlerin Angela Merkel eingeleitet wurde, oder zuletzt das Heizungsgesetz. Beides verdammen die Unionsparteien auf das Schlimmste, aber wer auch nur die Chance erhalten will, die globalen Klimavereinbarungen noch einzuhalten, muss diese Bereiche rasch umbauen.

Beliebt macht sich damit niemand, das haben die Grünen längst schmerzvoll erfahren. Aber es ist eben auch nicht so, als würde das aus ideologischer Verblendung geschehen, sondern auf immer drängendere Warnungen der Wissenschaft.

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Klare Prioritäten setzen

Die Grünen müssen also mit dem Widerspruch leben, dass die Mehrheit der Bürger zwar mehr Klimaschutz will und trotzdem möglichst alles so bleiben soll wie bisher. Dieses Dilemma lässt sich nicht auflösen. Aber die Partei muss klarer Prioritäten setzen, sich wieder stärker auf die Klimapolitik konzentrieren.

Und sie täte gut daran, die identitätspolitischen Forderungen mit ihrer gesellschaftlichen Sprengkraft hinten anzustellen. Denn was nützen all diese Debatten, wenn rund herum der Planet in Flammen steht? Im Gegenzug könnten ebenso manch erhitzte Gemüter ihre Einstellung zu den Grünen überdenken. Sie sind keine Opfer, sie sind keine Dämonen, sondern einfach eine Partei wie viele andere auch.