Die gute Nachricht so kurz vor der Bundestagswahl ist, dass die Parteien der bürgerlichen Mitte die Mehrheit auf sich vereinen werden und ein Abrutschen unserer politischen Führung in die Niederungen des Radikalen abgewendet ist. In einer Welt, in der Populisten, Spalter und Heißmacher nach der Macht greifen, ist das ein Gewinn für die deutsche Gesellschaft.
Wir werden – anders als die USA – keinen Regierungschef erhalten, der verbal auf die Schwächsten eindrischt. Und wir werden auch keine Regierung erhalten, die die europäische Idee zerstören will. Oder sich Putins Eroberungsfantasien anschließt.
Es hilft, das Schwere auszuhalten, das auf uns zukommt
In Zeiten, in denen viele Menschen mit ihrer Wahlentscheidung hadern und überzeugende Parteiprogramme vermissen, hat das etwas Versöhnliches. Und es hilft dabei, das Kommende auszuhalten, denn auf Deutschland kommen schwere Jahre zu, egal wer am Ende auf der Regierungsbank im Bundestag sitzen wird.
Außenpolitische Hauptaufgabe wird sein, die europäische Idee, den Zusammenhalt des Staatenbundes und die wirtschaftliche Schlagkraft der EU gegen alle Angriffe abzusichern, vor allem gegen die aus den USA. Donald Trump, sein Vize J.D. Vance und die mit ihnen verbündeten Tech-Giganten setzen seit langer Zeit schon alles daran, Europa zu erschüttern, zu destabilisieren und den Keil zwischen Frankreich und Deutschland tiefer zu treiben.
Sie wissen, dass sie einzelne Nationalstaaten zur Durchsetzung eigener Interessen in den Würgegriff nehmen können – einen starken Staatenbund aber nicht. Deshalb ist es auch keine müde Laune von Trump, Musk und Co., die schützende Hand über dem Kontinent wegzuziehen und Radikale wie die AfD zu stärken. Sondern es ist Teil eines knallharten Plans.
Hört mit leeren Versprechungen auf
Innenpolitisch braucht es künftig viel mehr Klartext und das Ende der Nebelgranaten. Wir leben über unsere Verhältnisse, wir investieren zu viele Mittel in die Absicherung des Sozialstaats und verteilen nicht nach dem Prinzip der Bedürftigkeit, sondern nach dem Prinzip der Gießkanne.
Die Renten-, Krankenversicherungs- und Pflegesysteme stehen vor dem Kollaps, die Wirtschaft lahmt, die Herausforderungen durch Migration werden größer und trotzdem werden Steuererleichterungen versprochen – das muss aufhören, weil es nicht passieren wird. Die Menschen können harte Wahrheiten vertragen. Aber es müssen Wahrheiten sein. Dass das Aussprechen des Notwendigen dauerhaft vermieden wird, ist eine Krankheit deutscher Politik.
Wünschenswert wäre eine Koalition aus zwei Partnern
Aus diesem Grund ist es wünschenswert, dass nach der Wahl eine Koalition aus zwei Parteien regieren kann. Es erhöht die Chance auf einen klaren Kurs und minimiert die Gefahr, dass kleine Partner Randinteressen durchsetzen, die niemandem helfen außer ihnen selbst.
Wie es nicht geht, konnten wir bei der gescheiterten Ampel beobachten. Wiederholt sich so ein politisches Desaster, drohen uns bei der nächsten Wahl 2029 Zustände wie in Österreich. Niemand, der die plurale Demokratie für eine gute Idee hält, kann das wollen. Am wenigsten die alten Regierungsparteien selbst, denn das Theater hat ihnen nicht genutzt.
Lindner und Scholz sind angezählt
Die FDP von Christian Lindner, die sich als Heldin des Ampel-Endes feiern lassen wollte, ist unter die Räder geraten und fürchtet, zum zweiten Mal nach 2013 aus dem Bundestag zu fliegen – das schwächt die politische Mitte und stärkt die Ränder. So oder so werden innerhalb der Partei hinter den Kulissen Pläne geschmiedet, um die Ära Lindner enden zu lassen.
Auch Olaf Scholz werden wir nicht wiedersehen. Er glaubt zwar immer noch daran, dass er der nächste Kanzler sein wird, was beeindruckend selbstbewusst und entrückt zugleich ist. Aber seine SPD wird aller Voraussicht nach das schlechteste Ergebnis ihrer Geschichte einfahren und ihn vom Hof jagen.
Fröhlich pfeifend weitermachen ist da nicht. Und auch die Grünen werden in derzeitigen Umfragen abgestraft und ringen in der Aufarbeitung der Ampelzeit um Erklärungen.
Die AfD wird nicht regieren
Mindestens eine, vielleicht auch zwei dieser Parteien werden trotzdem mit der künftigen Kanzlerpartei CDU eine Koalition eingehen und einen belastbaren Zukunftsplan für die Republik schmieden müssen, der viele Härten enthalten wird.
Je mehr Stimmen sie in der Mitte erhalten, desto höher ist die Rückendeckung und Verpflichtung. Wer AfD oder andere Radikale wählt, artikuliert zwar seine Unzufriedenheit, schmeißt seine Stimme aber weg. Denn eine Regierungsbeteiligung wird es für sie nicht geben. Auch das ist eine gute Nachricht, wenn man – siehe oben – an das Verbindende in Europa und Deutschland glaubt.