Angesichts der wachsenden Belastung der Kliniken durch steigende Corona-Infektionszahlen fordern Ärztevertreter eine FFP2-Maskenpflicht im Nahverkehr und Innenräumen. Macht das Sinn? Zwei Debattenbeiträge aus der SÜDKURIER-Redaktion.
Die Maskenpflicht dient dem Schutz aller, sagt SÜDKURIER-Redakteurin Mirjam Moll. Denn das Virus bleibt gefährlich
Der Ärzteverband weiß, wovon er spricht. Denn wenn im Supermarkt wieder geniest wird, am besten in die eigene Hand oder gleich frei heraus, verteilen sich die Viren im Handumdrehen. Die steigenden Infektionszahlen zeigen es bereits jetzt: Das Coronavirus, aber auch die Grippeviren haben wieder freie Bahn – nicht zuletzt deshalb, weil immer weniger Menschen freiwillig eine Maske tragen.
Und dort, wo sie es müssen, tragen sie sie oft nicht richtig, sondern lax unter die Nase geklemmt. Sicherlich kann man sich dann die Frage stellen, wie sinnvoll es ist, wieder eine Maskenpflicht in Innenräumen einzuführen. Doch die Erfahrung zeigt: Als die Maskenpflicht überall galt, haben sich die meisten auch daran gehalten.

Die Warnung des Ärzteverbands kommt im Übrigen nicht von ungefähr. Die Ärzte wollen eine Überlastung der Kliniken verhindern, die durch immer gravierenderen Personalmangel schneller in Engpässe geraten, auch wenn die Intensivstationen nicht voller Covid-Patienten sind. Der Krieg in der Ukraine mag die Pandemie ein wenig aus dem Bewusstsein gedrängt haben: Wir haben gerade andere, größere Probleme.
Doch das Virus ist noch da. Und auch wenn es derzeit weniger aggressiv ist – es bleibt wandelbar und ist nach wie vor alles andere als ungefährlich. Die zunehmenden Fälle von Long-Covid werden das Gesundheitssystem dauerhaft belasten. Viele Ansteckungen könnten durch das Tragen einer Maske in öffentlichen Innenräumen verhindert werden. Aber dafür braucht es schon eine Pflicht, freiwillig tun es zu wenige.
Es ist Zeit für Eigenverantwortung, sagt SÜDKURIER-Redakteurin Angelika Wohlfrom. Eine Maskenpflicht ist nicht gerechtfertigt
Raus aus den Kartoffeln, rin in die Kartoffeln. Wurde nicht erst vor einem Monat ein neues Infektionsschutzgesetz beschlossen? Und jetzt könnten die Regeln schon wieder verschärft werden. Bei allem Verständnis für staatliche Fürsorge: Es wird Zeit für mehr Eigenverantwortung. Im dritten Jahr der Pandemie weiß jeder, was er zu seinem Schutz tun muss.
Klar zählt die Maskenpflicht noch zu den milderen Methoden – wenn man bedenkt, was wir schon hatten: Ausgangssperren, Zugang nur für Geimpfte etc. Sie ist für viele zu verkraften – doch nicht für alle: Was ist mit Schülern und Lehrern? Sollen die sich wieder monatelang nicht ins Gesicht schauen können? Was ist mit körperlich anstrengenden Berufen, dem Schweiß unter der Maske?
Staatliche Maßnahmen können gerechtfertigt sein, wenn wirklich Not am Mann ist. Sprich: Wenn sich die Intensivstationen bedrohlich füllen, wenn nicht mehr gewährleistet werden kann, dass jeder im Ernstfall gut versorgt wird. Das ist aber nicht der Fall, da sowohl die Impfung als auch neue Virus-Varianten dafür sorgen, dass schwere Erkrankungen selten sind. Stattdessen gibt es viele Krankheitsausfälle beim Personal, Atemwegserkrankungen schlagen – nach jahrelangem Maskentragen – wieder richtig zu.
Es spricht überhaupt nichts gegen das Tragen einer Maske. Die Vorsichtigen unter uns haben sie längst wieder aufgesetzt beim Supermarktbesuch. Den Sorglosen muss man sie aber nicht aufzwingen – nicht in dieser Situation.