„30 Pflanzen pro Woche“. So lautet der Titel eines Kochbuchs der österreichischen Autorin und Journalistin Katharina Seiser. „Die Mikrobiomforschung zeigt: Es kommt darauf an, viele verschiedene Pflanzen zu essen“, wird in der Buchbeschreibung bei Thalia erklärt: „Essen wir eine möglichst große Vielfalt an Pflanzen pro Woche, tun wir unserem Mikrobiom und Immunsystem nachweislich Gutes.“ Seiser ist nicht die einzige Ernährungsexpertin, die das propagiert. Mehrere Ernährungsratgeber empfehlen, mindestens 30 Pflanzen pro Woche zu sich zu nehmen. So auch das Buch „Nahrung fürs Leben“ von Tim Spector, seines Zeichens Professor für genetische Epidemiologie am King’s College in London.
Die Ratgeber haben einen Social-Media-Trend losgetreten. Bei TikTok und Instagram gibt es mittlerweile Challenges, bei denen sich User gegenseitig überbieten möchten. Nach dem Motto: Wer mehr Pflanzen zu sich nimmt, gewinnt. Außerdem tauschen sich Personen in Communitys aus, wie das Ziel von 30 Pflanzen in einer Woche am besten erreicht werden kann. Wie das geht, und ob der Trend überhaupt gesund ist.
30 Pflanzen pro Woche: Macht das Sinn?
Die Ernährungsweise kann als eine Variante der „5-am-Tag-Regel“ gesehen werden, bei der die Faustformel laut eines Berichts von Utopia lautet: Am Tag sollten fünf Portionen Obst und Gemüse gegessen werden. Wer nun die einfache Rechnung von fünf Portionen am Tag und sieben Tagen die Woche durchführt, kommt mit dieser Marschroute auf 35 Portionen Obst und Gemüse in der Woche. Die 30-Pflanzen-Regel greift nicht ganz so weit – und bezieht sich nicht nur auf Obst und Gemüse, sondern auf alle pflanzlichen Lebensmittel.
Zufällig gewählt ist die Zahl 30 unterdessen nicht. Sie basiert auf einer Studie aus den USA. Beim „The American Gut Project“ wurden Stuhlproben von mehr als 11.000 Personen weltweit untersucht. Das Ergebnis: Bei den Menschen, die 30 Pflanzen pro Woche gegessen hatten, wurde eine größere Vielfalt in ihrem Darmmikrobiom festgestellt als bei den Personen, die nur auf zehn Pflanzen pro Woche kamen. Vereinfacht kann laut Utopia gesagt werden: je vielfältiger das Darmmikrobiom, desto gesünder der Mensch. Es handelt sich dabei um die Gesamtheit der Mikroorganismen, die ihren Lebensraum im Darm haben. Das betrifft vor allem Viren, Bakterien und Pilze. Das Darmmikrobiom eines jeden Menschen ist individuell. Es beeinflusst viele Körperfunktionen. Allen voran die Verdauung, das Immunsystem und die Bildung von Vitaminen und Hormonen. Laut Seiser wird durch die 30-Pflanzen-Ernährungsweise auch eine Prävention von Krankheiten wie Diabetes, Übergewicht, Herz-Kreislauf-Erkrankungen, Krebs und Depressionen erreicht. Und die Vitamine, die in den Pflanzen enthalten sind, schaden dem Körper sicherlich nicht.
Der Spiegel merkt jedoch an, dass die untersuchte Gruppe der Personen mit 30 Pflanzen in der Woche klein war. Sie umfasst nur 41 Teilnehmerinnen und Teilnehmer. Einen Beleg liefert die Studie daher nicht, allerdings durchaus ein Hinweis, den viele Ernährungsexperten aufgegriffen haben und für sinnvoll erachten. „Es ist gut, wenn man möglichst viele pflanzliche Lebensmittel verzehrt“, wird Antje Gahl von der Deutschen Gesellschaft für Ernährung im Bericht des Spiegel zitiert. Ob es nun genau 30 sein müssen, ist fraglich, allerdings kann ein Ziel in dieser Reichweite demnach als gesund eingestuft werden. „Vielleicht ist die Challenge ein Ansporn. Man sollte sich aber nicht verbissen darauf konzentrieren“, rät Gahl.
Welche Pflanzen und welche Mengen sind empfehlenswert?
Alle essbaren Pflanzen oder Pflanzenteile können zu den 30 Pflanzen hinzugezählt werden, wie Utopia berichtet. Es spielt demnach keine Rolle, ob diese kalt oder warm seien – und auch nicht, ob sie im Ganzen oder zerkleinert, roh oder gegart und eingelegt oder fermentiert gegessen werden. Dopplungen sollen innerhalb von einer Woche aber nicht gezählt werden, es muss sich um 30 verschiedene Pflanzen handeln. Die empfohlenen Mengen variieren. Bei Obst und Gemüse eine Tasse, bei Nüssen reicht eine Handvoll aus und bei Gewürzen sollte es mindestens ein Teelöffel sein.
Mit den folgenden Pflanzen kann die Marke von 30 erreicht werden:
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Gemüse: Je mehr Vielfalt, desto besser.
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Obst: Sorten und Farben zählen. Drei verschiedene Paprika-Sorten (gelb, grün und rot) zählen beispielsweise als drei verschiedene Pflanzen.
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Getreide und Hülsenfrüchte: Beispielsweise Haferflocken, Hirse, Bohnen, Erbsen, Bulgur, Quinoa, Vollkornnudel und Vollkornreis.
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Kräuter und Gewürze: Von Basilikum über Koriander bis hin zu Zimt und schwarzem Pfeffer. Durch frische Kräuter ist ein halber Pflanzen-Punkt zu erreichen, durch Gewürze nur ein Viertel-Punkt.
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Nüsse und Samen: Beispielsweise Mandeln, Sonnenblumenkerne und Walnüsse.
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Olivenöl: Darf ruhig häufiger als einmal die Woche dabei sein. Ob es mehrfach bepunktet wird, ist Auslegungssache.
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Tee und Kaffee: Zählt auch, da eine positive Wirkung auf das Mikrobiom nachgewiesen ist.
30 Pflanzen in der Woche: Wie kann dieses Ziel erreicht werden?
Da alle Pflanzen und Pflanzenteile zählen, dürfte das Ziel für die meisten Personen realistisch zu erreichen sein. Spector gibt in seinem Buch fünf Tipps, die helfen sollen, die Challenge zu meistern – und sich dabei gesund zu ernähren.
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„Eat the rainbow“: Essen nach dem Regenbogen also. Gemeint ist damit, dass Sie sich möglichst abwechslungsreich ernähren sollten. Buntes Obst und Gemüse ist gefragt.
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Hoch verarbeitete Lebensmittel meiden: Auf die Qualität kommt es an. Hochverarbeitete Lebensmittel würden viel Fett, Salz und Zucker enthalten, weswegen Sie diese meiden sollten.
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Fermentierte Lebensmittel: Joghurt, Kefir, Kimchi und Sauerkraut sind zu empfehlen. Fermentiertes bringt häufig Bakterien mit sich, die dem Darm guttun können.
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Pflanzliches Eiweiß: Pflanzliche Eiweiße wie Soja oder Erbsenprotein anstelle von tierischen Eiweißen. Derartige Eiweißquellen können kombiniert werden, beispielsweise mit Käse und Getreide. Fisch und Fleisch in kleinen Mengen.
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Intervallfasten: Spector rät, Essenspausen einzubauen. Sie sollten demnach eine Fastenzeit von 12 bis 14 Stunden integrieren, damit der Darm entlastet wird.
Wie läuft die Plant-Point-Challenger ab?
Auch die Plant-Point-Challenge kann Ihnen dabei helfen, 30 Pflanzen in der Woche zu essen. Sie ist auf Social-Media-Plattformen wie TikTok und Instagram mittlerweile weit verbreitet. Dort posten User ihre Punkterechnungen und motivieren sich gegenseitig. Dabei fällt auf, dass die Punktezählung sehr stark Auslegungssache ist. Für ein Müsli mit Früchten und Nüssen geben sich manche Personen fünf Punkte, andere nur einen. Wie streng Sie die Regeln für sich selbst auslegen möchten, ist Ihre Sache. Das Ziel ist bei den unterschiedlichen Herangehensweisen letztlich dasselbe: Pflanzliche Lebensmittel sollen in die alltägliche Ernährung integriert werden.