Für einen kurzen Moment überließen ihm seine Mitspieler die große Bühne allein. Mit ausgestreckten Armen und Demut im Blick stand Torschütze Sébastien Haller vor der bebenden Dortmunder Südtribüne – beseelt von den Ovationen der Fans. Erst wenig später nahmen ihn die Teamgefährten in ihre Mitte und erfreuten sich mit ihm zusammen an der Magie des Augenblicks.

Haller trifft am Weltkrebstag

Sein erster Treffer (51.) für den BVB nur wenige Monate nach seinen Krebsoperationen und Chemotherapien ging dem 28-Jährigen beim 5:1 (1:1) über den SC Freiburg mächtig nahe: „Ich habe seit Tag eins darauf gewartet. Man schwebt auf einer Wolke. Nicht nur das Stadion, sondern auch meine Mitspieler waren on fire.“

Ähnlich emotional reagierte Nico Schlotterbeck auf das Fußball-Märchen um Haller, bei dem im vergangenen Sommer Hodenkrebs diagnostiziert worden war. „Ich hatte Gänsehaut am ganzen Körper. Beim Torjubel wäre ich neben ihm gewesen, aber ich habe ihn erstmal allein gelassen, weil es für ihn etwas Großes war.“

Der ivorische Nationalspieler nutzte das Scheinwerferlicht am Weltkrebstag auf seine Weise und deutete auf seinen Schuh mit der Aufschrift „Fuck Cancer“ („Scheiß auf Krebs“): „Dass ich das Tor ausgerechnet an diesem Datum erzielt habe, bedeutet mir sehr viel. Ich bin glücklich und hoffe, dass ich viele andere Menschen glücklich gemacht habe“, schwärmte er.

BVB versetzt Fans in Euphorie

Als der Hauptdarsteller des Spiels nur zehn Minuten nach seinem Kopfball ins Glück ausgewechselt wurde, ging ein weiterer Orkan durch das größte Bundesliga-Stadion. Inspiriert durch die gute Stimmung verspürte Haller Lust auf mehr: „Das gibt mir einen Schub. Ich hoffe auf weitere Tore.“ Doch nicht nur das erfolgreiche Comeback des Torjägers, sondern auch der famose Auftritt des gesamten Teams versetzte die Fans in euphorische Stimmung wie lange nicht. Nach vier Siegen in den vergangenen vier Spielen und dem Sprung auf Rang drei gab es sogar wieder „Meister“-Sprechchöre von den Rängen.

Begünstigt durch den frühen Platzverweis für den Freiburger Kiliann Sildillia (17.) spielten sich die Dortmunder in einen Rausch und kamen durch weitere Treffer von Nico Schlotterbeck (26.), Karim Adeyemi (48.), Julian Brandt (69.) und Giovanni Reyna (82.) zu einem 5:1-Kantersieg.

Streich wird auf die Tribüne geschickt

Für den Freiburger Trainer Christian Streich bleibt das Dortmunder Stadion dagegen ein verwunschener Ort. Auch nach seinem elften Spiel als Freiburger Trainer geht das Warten auf einen Sieg weiter. Und diesmal musste der Coach nicht nur das deutliche 1:5 (1:1) seines Teams, sondern auch seine Gelb-Rote-Karte (77.) verkraften.

Christian Streich beklatscht hämisch die Gelbe Karte gegen sich – und erhält als Zugabe einen Platzverweis durch Schiedsrichter ...
Christian Streich beklatscht hämisch die Gelbe Karte gegen sich – und erhält als Zugabe einen Platzverweis durch Schiedsrichter Robert Schröder. | Bild: IMAGO/Maik Hölter/TEAM2sportphoto

„Das darf mir nicht passieren. Es war meine Dummheit und hilft der Mannschaft nicht. Ich ärgere mich maßlos über mich selbst“, kommentierte der Trainer reumütig. Gleichwohl konnte sich der Fußball-Lehrer auch nach dem Schlusspfiff Kritik an Schiedsrichter Robert Schröder nicht verkneifen.

Mit Bezug auf den frühen Platzverweis für Außenverteidiger Kiliann Sildillia (17.) nach wiederholtem Foulspiel verwies er auf ein ähnliches und folgenloses Vergehen von BVB-Nationalspieler Niklas Süle kurz zuvor. „Das ist nicht die Verhältnismäßigkeit, die man sich wünscht – vor allem nicht in Dortmund vor 80 000 Zuschauern“, klagte Streich. Dass er dem 37 Jahre alten Unparteiischen aus Hannover in der Schlussphase vorschlug, „ein gelbes Trikot anzuziehen“ und die folgende Gelbe Karte höhnisch beklatschte, brachte ihm einen Verweis von der Trainerbank ein. (dpa)