Lieber Toni Kroos,
ich weiß gerade gar nicht so richtig, wo ich anfangen soll. Beim bitteren Viertelfinal-Aus Ihrer Mannschaft gegen Spanien, das so vermeidbar schien? Bei den unglaublichen Erfolgen, die Sie in Ihrer Fußball-Karriere mit Deutschland, dem FC Bayern und Real Madrid erreicht haben? Oder bei der Frage, ob Sie nicht doch noch einmal weiter machen wollen, weil Sie mit Ihren 34 Jahren noch so unfassbar gut sind und bestimmt noch zwei Jahre auf Topniveau spielen könnten?
Wahrscheinlich ist es besser für mich, solche Gedankenspiele direkt auszublenden. Sie haben ja längst einen Entschluss gefasst, der Ihnen selbst sicher alles andere als leicht gefallen ist. Und daher ist jetzt der perfekte Moment, Ihnen einfach nur Danke zu sagen.
Danke, dass Sie bei der Heim-Europameisterschaft noch einmal das Trikot der deutschen Nationalelf getragen haben. Die DFB-Auswahl erlebte in den vergangenen Jahren eine Krise nach der anderen. Nach der EM 2021 traten Sie zurück, immer wieder wurden Sie kritisiert, als „Querpass-Toni“ in den sozialen Medien bezeichnet. Wertschätzung erlebten Sie in Spanien viel mehr als in Deutschland, nicht nur bei den Anhängern Ihres Clubs.
Trotzdem haben Sie sich beim DFB für einen Rücktritt vom Rücktritt entschieden, was riskant war. Die Erwartungshaltung an Sie war schließlich riesig, Sie wurden als der neue Hoffnungsträger auserkoren, auch wenn Sie direkt klarstellten, dass Sie nicht der Heilsbringer sind. Aber Sie haben dem Druck standgehalten. Ihr Beitrag am Aufschwung der Nationalelf ab März war groß. Nun treten Sie zwar nicht als Europameister ab. Aber Sie haben es ja vor dem Turnier selbst gesagt: Vielleicht wäre das nach Ihrem sechsten Champions-League auch einfach ein bisschen zu kitschig gewesen.
Ihre Laufbahn sucht auch so Ihresgleichen. Aber es sind nicht mal nur die vielen Titel, die Ihre Karriere so besonders machen. Es ist die Art und Weise, wie Sie Fußball gespielt haben. Ihr Mitspieler Luka Modric hat es vor einigen Jahren mal herrlich formuliert: „Der wird nie nervös. Es ist unglaublich, da kann passieren, was will, aber er wird nie nervös.“ Es war einfach eine Freude, Ihnen zuzuschauen, weil Sie in Drucksituationen immer eine Lösung fanden, ruhig am Ball blieben und Ihren freien Mitspieler so gut wie nie übersahen. Ihre Technik, gepaart mit der Präzision, der Übersicht. Ach, das war schon eine Augenweide, das wird fehlen.
Was mich aber am allermeisten fasziniert: Ihre Weggefährten sprechen zwar auch über Sie als Fußballer oder Titelsammler, aber viel lieber und gefühlt sogar häufiger über Sie als Menschen. Demütig, ein Teamplayer, der sich selbst nicht zu wichtig nimmt, der für eine Mannschaft alles aus sich heraus holt, der als Typ einfach eine riesige Bereicherung ist. Es war faszinierend zu sehen, wie nach dem Schlusspfiff am Freitagabend auch zahlreiche spanische Spieler versuchten, Sie zu trösten. Das spricht für sich. Danke für alles, Toni Kroos.