Die Reise der deutschen Nationalelf ist vorbei, die Enttäuschung riesig: Das Team von Bundestrainer Julian Nagelsmann hat das Viertelfinale bei der Fußball-EM gegen Spanien in Stuttgart mit 1:2 nach Verlängerung verloren.
Fußball-Fans in Europa erwarteten ein vorgezogenes Finale. Aus gutem Grund: Der stark aufspielende Gastgeber gegen die Mannschaft, die bis dato den wohl besten Fußball gespielt hatte. Brisanz in das Duell brachten zudem einige spannenden Fragen: Kann Deutschland erstmals seit der EM 1988 wieder in einem Pflichtspiel seinen Angstgegner bezwingen? Wird die Karriere für Mittelfeldchef Toni Kroos enden? Und welches Team hat weiter die Chance auf seinen vierten Titel?
Nagelsmann veränderte seine Startformation im Vergleich zum Dänemark-Erfolg auf zwei Positionen: Wie erwartet kehrte der zuletzt gesperrte Jonathan Tah für Nico Schlotterbeck zurück. Überraschend saß Robert Andrich nur auf der Bank, Emre Can spielte von Beginn an. Leroy Sané und David Raum erhielten erneut den Vorzug vor Florian Wirtz und Maximilian Mittelstädt. Der spanische Coach Luis de la Fuente setzte wieder auf seine Erfolgself, die den ersten Abschluss hatte: Pedri brachte aber keinen Druck hinter den Ball (1. Minute). Es entwickelte sich anschließend eine wilde Anfangsphase, mit wenig Spielfluss und vielen Unterbrechungen – begleitet von gellenden Pfiffen der Zuschauer, die mit den Entscheidungen von Schiedsrichter Anthony Taylor nur selten einverstanden waren.
Havertz mit mehreren Möglichkeiten zur Führung
„La Furia Roja“ musste früh wechseln: Der Leipziger Dani Olmo kam für Pedri, der sich verletzt hatte (8.). „Auf geht‘s Deutschland, schieß ein Tor“, forderten die Fans von der DFB-Elf, die zunächst aber keine Chancen kreieren konnte. Anders Spanien: Antonio Rüdiger foulte Olmo knapp vor dem Strafraum, den Freistoß setzte der erst 16 Jahre alte Lamine Yamal nur knapp vorbei. Fabian schoss nach einem Konter über das Tor von Manuel Neuer (17.).
Dann die erste Möglichkeit für die Nagelsmann-Elf, die nach anfänglichen Problemen nun besser im Spiel war: Kai Havertz köpfte nach Flanke von Joshua Kimmich aber in die Arme von Unai Simon (21.). Das Duell blieb umkämpft, Taylor gab auf beiden Seiten Gelbe Karten – unter anderem für Antonio Rüdiger, für den es die zweite im Turnier war. Zu nennenswerten Chancen kam es erst einmal nicht mehr – bis zur 35. Minute, als Havertz den Ball gut fest machte, viel Platz hatte, mit seinem schwachen Fuß aber nicht für einen gefährlichen Abschluss sorgen konnte. Die letzte Möglichkeit in Durchgang eins hatte Spanien: Olmo prüfte mit einem Aufsetzer Neuer (39.).
Zur Halbzeit reagierte Nagelsmann gleich zweimal: Andrich ersetzte Can, Wirtz kam für Sané. Die erste Riesenchance gehörte aber Spanien. Yamal spielte Alvaro Morata an, der sich clever eindrehte und über das Tor schoss (47.). Die Führung deutete sich an – und sie fiel: Weil Yamal auf dem Flügel nicht angegriffen wurde, ins Zentrum passte auf Olmo, der überlegt ins Eck abschloss (52.). Nach dem 1:0 wechselte der Bundestrainer erneut doppelt: Niclas Füllkrug und Mittelstädt sollten anstelle von Gündogan und Raum für frische Impulse sorgen (57.).
Wirtz gleich aus
Und Deutschland wurde mutiger, auch die Fans schalteten einen Gang höher. Der Abschluss von Wirtz aus der Distanz wurde noch abgefälscht (60.), dann servierte Füllkrug für Andrich, dessen Schuss Simon stark parierte (70.). Deutschland wollte, es fehlte noch die letzte Konsequenz – und Glück: Wirtz bediente Füllkrug, der im Fallen an den Pfosten schoss (76.). Havertz lupfte drüber, als Simon schon aus dem Tor geeilt war (82.). Deutschland gab aber nie auf und wurde spät belohnt! Wirtz traf mit Hilfe des Innenpfostens, nachdem Kimmich überragend mit dem Kopf aufgelegt hatte (89.). Riesenjubel bei den deutschen Fans über den verdienten Ausgleich, es ging in die Verlängerung!

Die Kräfte schwanden bei den Spielern beider Mannschaften, dennoch kam es noch zu Chancen auf beiden Seiten. Der eingewechselte Mikel Oyarzabal für Spanien (104.) und Florian Wirtz verpassten jeweils die Führung (105.). Und dann kam es noch zu einer Szene, die für Diskussionen sorgen wird: Die deutschen Spieler forderten einen Handelfmeter, doch Taylor ließ bei guter Sicht weiterspielen und schaute sich die Szene nicht noch einmal an. Anschließend verpasste Füllkrug per Kopf das 2:1 (117.). Das fiel kurz vor dem Ende auf der anderen Seite: Mikel Merino schockte die DFB-Auswahl und köpfte Spanien ins EM-Halbfinale (119.).