Kay, Sie wechseln im Sommer innerhalb der Tischtennis-Bundesliga von Borussia Düsseldorf zum Post SV Mühlhausen nach Thüringen. Was ist der Grund für den Tapetenwechsel?

Da gibt es gleich mehrere Gründe. Zuerst einmal möchte ich mehr spielen. Ich mache jetzt mit Borussia Düsseldorf die ganzen Reisen mit und spiele dann nicht, das ist sehr anstrengend und kostet mich sehr wertvolle Spiel- und Trainingszeit. Ein großer Vorteil ist, dass in Mühlhausen der Fokus mehr auf mich gerichtet ist und dass um mich herum eine Mannschaft aufgebaut werden soll. So denke ich, dass das meiner Entwicklung noch mal deutlich hilft. Ich habe das auch mit meinen Eltern und mit den Trainern abgesprochen und habe fast ausschließlich gutes Feedback für meine Entscheidung bekommen.

Die Situation ähnelt ein wenig der vor drei Jahren, als Sie in Neu-Ulm nicht zum Einsatz kamen, obwohl Sie gut in Form waren. Damals sagten Sie: „Die Stimmung ist nicht gut.“ Wie ist die Stimmung nun in Düsseldorf?

Sie ist okay. Es ist kein Vergleich zu der Situation in Ulm, es ist deutlich besser, auch im Training – und auch nachdem ich meinen Wechsel bekannt gegeben habe. Ich verstehe mich mit meinen Mitspielern super, auch mit den Trainern. Ich bin Düsseldorf sehr, sehr dankbar für alles. Ich bin ja nicht der erste junge deutsche Spieler, der Borussia verlassen hat, und der Wechsel hatte ja auch beispielsweise für Patrick Franziska oder Ricardo Walther positive Auswirkungen. Außerdem bleibt Düsseldorf ja mein Lebensmittelpunkt. Außer Dang Qiu, der weiter hier spielt, sind alle anderen deutschen Top-Spieler für andere Vereine im Einsatz. Wir trainieren gemeinsam und fahren für die Spiele zu unseren Vereinen.

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In der Champions League war Ihr Team zuletzt im Viertelfinale zu Gast bei Alliance Nimes/Montpellier in Frankreich. Wie sehr schmerzt es, als vierter Mann zuschauen zu müssen, wenn ein 3:0-Sieg über die Olympiastars Felix und Alexis Lebrun gelingt?

Das tut schon weh, aber solange wir gewinnen, ist es nicht so schlimm. Ich habe ja auch in der Champions League schon sehr wichtige Spiele gemacht, wie die zwei Finals gegen Saarbrücken, als Timo Boll verletzt war, und dabei auch sehr gut gespielt. Das ist mir natürlich lieber, obwohl wir am Ende bitter verloren haben, aber solche Einsätze bringen mich halt weiter. Generell performe ich in größeren Spielen gut. Aber das Zuschauen ist fast anstrengender, als selber zu spielen. Ich mache die Reise mit und bereite mich so vor, als ob ich spielen würde, weil immer etwas passieren kann. Das kostet Kraft und Energie.

Machen Sie sich Hoffnungen auf einen Einsatz im Rückspiel am 16. Februar?

Ich denke mal, dass wir so ähnlich spielen werden wie im Hinspiel, aber ich hätte auch vor zwei Jahren nicht gedacht, dass ich das Champions-League-Finale spielen würde. Ich bin auf jeden Fall bereit und trainiere so, als ob ich spielen würde – und wenn ich nicht zum Einsatz komme, habe ich mich durch das Training trotzdem verbessert.

Sie sind binnen weniger Monate in der Weltrangliste von Rang 162 auf 71 geklettert und der sechstbeste Deutsche. Worin liegt das Geheimnis des Erfolges?

Ich habe mein Training deutlich verbessert seit Juni letzten Jahres. Da lief es nicht so gut, auch international, und ich musste einiges umstellen. Ich trainiere noch mal einen Tick mehr und konzentrierter, habe generell mein Spiel ein bisschen umgestellt. Und ich muss sagen, gerade international läuft es extrem gut. Ich habe schon viele Turniere sehr gut gespielt. Es ist ja noch nicht das Ende: In diesem Jahr will ich die Top 50 erreichen. Das kann realistisch sein, wenn ich weiterhin so spiele.

War bereits in jungen Jahren sehr erfolgreich: Kay Stumper, hier bei einem Badenliga-Spiel mit zwölf Jahren.
War bereits in jungen Jahren sehr erfolgreich: Kay Stumper, hier bei einem Badenliga-Spiel mit zwölf Jahren. | Bild: Daniel F. Koch

Werden wir Sie künftig häufiger im Dress der Nationalmannschaft sehen, wenn Ihr Noch-Mannschaftskollege Timo Boll im Sommer seine Karriere beendet haben wird?

Ja, ich denke, dass ich in der Zukunft öfter spielen werde, das hat die Natur so in sich. Timo wird aufhören, ein Spieler wie Dima (Dimitrij Ovtcharov, d. Red.) ist immer noch Weltklasse, aber auch schon 36 Jahre alt. Niemand kann ewig spielen. Wenn ich mich weiter so entwickle, verletzungsfrei und gesund bleibe, dann denke ich schon, dass ich nominiert werde.

Welche Bedeutung hatte oder hat Boll für das deutsche Tischtennis?

Timo hat alles gewonnen, was man gewinnen kann, und er hat eine sehr große Bedeutung, auch für mich. Wir verstehen uns privat sehr, sehr gut, auch wenn er doppelt so alt ist wie ich. Er hat mir viele gute Tipps gegeben. Ich bin traurig, dass er aufhört, sehe aber auch hinter den Kulissen, wie es ihm geht. Ich bewundere es sehr, dass er in diesem Alter noch auf einem solchen Niveau spielen kann, aber es wird eben körperlich immer schwerer.

Ein Mannschaftsbild mit dem TTC Singen (von links) aus vergangenen Tagen: Stefan Goldberg, Trainer und Betreuer Rudi Stumper, Adam ...
Ein Mannschaftsbild mit dem TTC Singen (von links) aus vergangenen Tagen: Stefan Goldberg, Trainer und Betreuer Rudi Stumper, Adam Robertson, Pekka Pelz, Patrik Schmidt, Marco Reich, Nico Vasdaris, Kay Stumper und Marius Heinemann. | Bild: Daniel F. Koch

Wie häufig sind Sie noch zu Besuch in der alten Heimat im Hegau?

Oft. Ich bin in Singen aufgewachsen und fühle mich sehr, sehr wohl dort. Ich bin sehr gerne zuhause bei meinem kleinen Bruder, den ich sehr vermisse. Meine Eltern sehe ich öfter, sie besuchen mich abwechselnd in Düsseldorf und trainieren mit mir.

Stichwort: zweite Heimat. Werden Sie im Sommer wieder nach China fliegen, um im Heimatland Ihrer Mutter Bao Di mit den Besten der Welt zu trainieren?

Nein, ich habe das schon lange nicht mehr gemacht. Seit Corona nicht mehr. Das letzte Mal war ich 2019 zum Training in China. Ich habe aber die WM 2022 in Chengdu gespielt und zwei Jahre lang den Mixed-World-Team-Cup in China – da sind mich meine Verwandten besuchen gekommen. Durch den engen Terminkalender und die vielen Punktspiele und internationalen Turniere ist aber nicht viel Zeit, um dort drei Wochen zu trainieren. Zumal das Training in Düsseldorf genauso gut ist.

Was sind Ihre Ziele für die kommenden Jahre? Beschäftigen Sie sich schon mit Olympia 2028 in Los Angeles?

Es würde mir nicht so viel bringen, mich schon jetzt damit zu beschäftigen. Es kann sich in einem halben Jahr so viel ändern – positiv, wie auch negativ. Es wäre natürlich schön, aber es ist noch viel Zeit bis dahin. Ich gebe mir Mühe, es nach Los Angeles zu schaffen, aber es ist nicht so, dass ich mir den Kopf darüber zerbreche.

Ihr kleiner Bruder Flynn ist ein talentierter Golfer. Wie realistisch ist es, dass der Traum Ihres Vaters Rudi in Erfüllung geht, seine Söhne bei den Sommerspielen 2032 in Brisbane sehen zu können?

Das kann gut sein, dann bin ich 29. Es ist in beiden Sportarten zwar sehr schwierig, sich zu qualifizieren, aber es kann alles passieren. Das wäre schon sehr, sehr cool. So gesehen wäre das auch mein Traum.