Alles noch präsent nach der über zwei Monate langen Winterpause der Fußball-Bundesliga? Der SC Freiburg ist nach 15 absolvierten Spielen mit 30 Punkten Tabellenzweiter, nur vier Zähler hinter Spitzenreiter Bayern München und zwei vor dem Dritten, RB Leipzig. Diese beiden Vereine eröffnen heute (20.30 Uhr) die Fortsetzung der Liga. Die Freiburger müssen am Samstag um 15.30 Uhr beim Siebten der Rangliste, dem VfL Wolfsburg, ran. Die Frage, die Fußball-Experten bewegt, aber vor allem die SC-Fans: Geht der Höhenflug der Mannschaft von Trainer Christian Streich weiter?
Die These: Ja, der SC Freiburg wird auch im nächsten halben Jahr eine starke Figur abgeben. Wohin das am Ende führt in Bundesliga, DFB-Pokal und Europa League, kann natürlich nicht prognostiziert werden. Aber ein hervorragender Tabellenplatz in der Liga mit der erneuten Qualifikation fürs europäische Fußballgeschäft ist sehr realistisch. In den Pokalwettbewerben mit K.o.-Spielen kommt es auch darauf an, welche Gegner der Sportclub erwischt. Im DFB-Pokal ist die Hürde Sandhausen sicher eine, die bewältigt werden muss, auch wenn der SCF tatsächlich schon mal gegen den Zweitligisten aus dem Pokal geflogen ist (25. Oktober 2016 in der 2. Runde auf eigenem Platz im Elfmeterschießen). Auf den Achtelfinalgegner in der Europa League müssen die Freiburger noch warten, bis die Playoffs der Gruppen-zweiten gegen die Champions-League-Absteiger ausgespielt sind.
- Die Erfolgsgründe, erstens: Der aktuelle Kader ist der stärkste aller Zeiten. Das ist nicht etwa durch die rosarote Fanbrille geurteilt, das ist zum Beispiel auch die Meinung von Nicolas Höfler, zusammen mit Kapitän Christian Günter dienstältester Kicker in den SC-Reihen. Auf die Frage, ob die jetzige Mannschaft die beste ist, in der er je gespielt habe, sagte Höfler: „Das kann ich mit voller Überzeugung sagen.“
- Die Erfolgsgründe, zweitens: die Neuzugänge! Ritsu Doan, bei der WM beim japanischen 2:1-Sieg gegen Deutschland Torschütze; der Österreicher Michael Gregoritsch, der sechs Tore und drei Vorlagen zum Liga-Erfolg beisteuerte und weitere vier Pflichtspieltore im Pokal und in der Europa League; der ghanaische Nationalspieler Daniel-Kofi Kyereh (drei Pflichtspieltore), von dem Kollege Höfler sagt, man habe wegen Verletzungsproblemen „den wahren Kofi“ noch gar nicht gesehen; Rückkehrer Matthias Ginter, der eigener Einschätzung nach sein „bisher bestes halbes Jahr als Profi“ hinlegte – sie alle haben dazu beigetragen, dass die Qualität in Freiburg enorm gestiegen ist.
- Die Erfolgsgründe, drittens: Alle, die den Stamm bilden, sind gestandene Spieler oder Riesentalente wie etwa Verteidiger Killian Sildillia. Einige ragen sicher noch heraus, etwa Torhüter Mark Flekken, Innenverteidiger Philipp Lienhart, Höfler, Günter und vor allem Vincenzo Grifo, der bereits neun Bundesligatore erzielte, darunter einen Hattrick beim 4:1 gegen Union Berlin. Wie gut die „Alten“ sind, hat mit Michael Gregoritsch ein „Neuer“ ansehnlich beschrieben. Schon in der Vorbereitung im Sommer 2022 habe er der Mannschaft sagen müssen, dass sie gar nicht wisse, wie gut sie ist. „Ich kam da rein und habe eine Riesenqualität vorgefunden“, sagte der 28-Jährige, „unglaublich und nicht zu vergleichen mit dem, was ich kannte.“
- Die Erfolgsgründe, viertens: In der Mannschaft gibt es wichtige Blöcke, was auch ein Verdienst von Trainer Christian Streich ist – „im Team mit meinen Trainerkollegen“, wie er stets zu sagen pflegt. Beispiele: Das Innenverteidigerpaar mit Ginter und Philipp Lienhart harmoniert prächtig. Dass der Sportclub mit nur 17 Gegentoren nach den Bayern (13) die zweitwenigsten hinnehmen musste, hat auch mit der Formstärke der beiden zu tun. Im Mittelfeld ist Höfler, der zu den am meisten unterschätzten Spieler der Liga gehört, Lenker und Denker. Er und Maximilian Eggestein bilden eine kompakte Zentrale. Auf der linken Seite sind Christian Günter und Vincenzo Grifo ein Duo, das ein ums andere Mal Abwehrverbünde aus den Angeln hebt. Alle Gegner wissen, was die beiden wie machen, aber verhindern können sie deren Wirkung für das Freiburger Angriffsspiel nicht.
Wie gut ist der SC Freiburg? Warnung von Christian Streich
- Die Fragezeichen: Natürlich gehört Christian Streich zu den Mahnern. Der Trainer attestiert seinen Spielern, dass sie sich verbessert und an Erfahrung gewonnen hätten, die erfolgreichen Auftritte seien aber auch von glücklichen Umständen begleitet gewesen. „In Qarabag, gegen Bochum und Mainz sowie in Stuttgart können wir verlieren“, zählt Streich auf, „es waren viele enge Spiele. Gegner hatten Rote Karten, späte Tore von uns. Dinge sind uns dadurch leichter gefallen.“ Auch habe man in der bisherigen Saison noch keine zweimal hintereinander verloren, weshalb ihn die Fragen umtreiben: „Wie gehen wir mit Enttäuschungen um? Wie gestalten wir das dritte Spiel, wenn zuvor zwei am Stück verloren wurden?“ Grundsätzlich blickt Streich „vorsichtig optimistisch“ auf die Fortsetzung der Saison, in die Spieler wie Trainer „mit dem Ansporn gehen, das Maximale herauszuholen“. Die Spiele in Wolfsburg und gegen Frankfurt sind ein erster Stresstest. Doch wie auch immer, ganz wichtig sei, sagt Christian Streich: „Man muss vernünftig bleiben im Kopf, man darf nie anfangen durchzudrehen!“ Und fügt augenzwinkernd hinzu: „Das ist gar nicht so einfach.“