Nicolas, Sie haben kürzlich einmal mehr den Vertrag beim SC Freiburg verlängert. Wie finden Sie die Bezeichnungen „Urgestein“ und „Oldie“, die Ihnen viele Medien zuteilwerden ließen?

Ich brauche diese Worte nicht zwingend, aber sind sie ja auch nicht ganz falsch. Ich bin 34 und damit in einem Fußballalter, in dem ich zu den älteren Herrschaften im Geschäft zähle. Wenn man dann noch meine lange Vereinszugehörigkeit betrachtet, ist das Urgestein schon passend. Aber der Oldie ist jetzt nicht gerade mein Lieblingswort.

Sportvorstand Jochen Saier hat von einer außergewöhnlichen Verbindung gesprochen. Er adelt ihre professionelle Herangehensweise, sieht sie als sportliche Säule und als Mitglied im Mannschaftsrat mit Verantwortung auch neben dem Platz. Mehr geht nicht. Jetzt dürfen Sie mal den Club loben.

Ich bin als 15-Jähriger nach Freiburg gekommen und konnte mich sofort mit dem Sportclub identifizieren, weil sie dort ganz viel von dem verkörpern, was mich selbst ausmacht. Werte, mit denen ich zuhause aufgewachsen bin. Das hat sich in der Fußballschule ganz schnell als Familie angefühlt. Bei mir ist nie der Wunsch aufgekommen, mich verändern zu wollen. Als ich dann doch zwei Jahre in Aue war (ausgeliehen von 2011 bis 2013; Anm. d. Red.), war es mir extrem wichtig, dass ich den Schritt zurück machen kann. Dafür habe ich alles investiert. Ich wollte unbedingt wieder Teil der SC-Familie sein. Dass es danach bis heute so weit ging, dass ich nur beim SC spiele, davon hatte ich nicht geträumt. Ich bin sehr glücklich, dass ich auch ein bisschen zurückgeben konnte.

Chicco Höfler kennt sich auch auf der Südtribüne bei den Fans bestens aus.
Chicco Höfler kennt sich auch auf der Südtribüne bei den Fans bestens aus. | Bild: Harry Langer

Sie sagen, dass Ihr Blick nicht nach hinten geht auf eine tolle Karriere, sondern nach vorne und dass Sie weiter attackieren wollen. In dieser Saison hat das gemessen an den Einsatzzeiten aber noch nicht so richtig geklappt. In elf Bundesligaspielen 269 von 990 möglichen Minuten, nur zweimal war es die Startelf ...

Das ist natürlich nicht so, wie ich es mir vorgestellt hatte. Jetzt ist der Punkt da, wo ich sagen könnte, gut, war eine schöne Karriere, die lass‘ ich jetzt ausklingen. Oder ich sage, ich tue alles dafür, dass sich das wieder ändert. Und genau das mache ich, ich haue alles rein, dass sich die Situation wieder zu meinen Gunsten verändert. Am Ende entscheidet immer die Leistung auf dem Platz, und wenn man nicht so viel spielt, dann ist es die Leistung auf dem Trainingsplatz. Ich glaube schon, die ist gut. Natürlich ist man nicht immer mit Entscheidungen zufrieden, aber nun gehört es für mich eben auch dazu, geduldig zu sein. In den vergangenen Jahren waren es andere, die geduldig sein mussten.

Im Sommer-Trainingslager in Schruns hatten Sie eine Fußverletzung. Sie sagten, es sei „nichts Gravierendes“. Wurde Ihnen die beeinträchtigte Vorbereitung zum Verhängnis?

Die Verletzung als solche war nicht gravierend, die Auswirkungen dann schon. Ob es anders gekommen wäre ohne die Verletzung bleibt aber spekulativ.

Sie und Maximilian Eggestein waren ein eingespieltes, starkes Mittelfeldduo. Jetzt scheint Neuzugang Patrick Osterhage ein bisschen vorne dran zu sein. Wie sehen Sie den jungen Mann?

Patrick ist gut reingekommen. Er gibt uns was, das wir so nicht oder weniger hatten.

Schön war‘s (v.l.): Nils Petersen, Oliver Sorg (beide Fußball-Rentner) und Chicco Höfler.
Schön war‘s (v.l.): Nils Petersen, Oliver Sorg (beide Fußball-Rentner) und Chicco Höfler. | Bild: unbekannt

Mehr Konkurrent oder mehr Kollege?

Beides. Jeder kämpft natürlich um seine eigene Spielzeit, aber unter der Prämisse, dass die Mannschaft erfolgreich ist. Das heißt eben, dass man nicht nur Mannschaftssportler ist, es geht auch um die eigenen Qualitäten und jeder für sich das Maximale auf den Platz bringt. So übt man im Konkurrenzkampf auch maximalen Druck auf den Konkurrenten aus, was ihn wiederum zwingt, an die Kante zu gehen. Das ist dann gegenseitiges Profitieren des Einzelnen im Sinne der Mannschaft, weder negativ noch gar schädlich, sondern hilfreich.

Was machen Sie, um wieder mehr Spielzeit zu bekommen? Nach ihrer schweren Knieverletzung 2018 gingen Sie den Kampf um die Rückkehr so an: „hart arbeiten ohne zu hadern, mit Mut, Zutrauen in die eigenen Fähigkeiten und auch mit Spaß“. Der Königsweg auch jetzt?

Das habe ich damals zu 50 Prozent gelebt und mir zu 50 Prozent eingeredet. Heute bin ich weiter, ich bin völlig überzeugt von dieser Herangehensweise, völlig überzeugt, dass es genau der richtige Weg ist, wieder dahin zu kommen, wo ich war. Es bleiben auch nur zwei Möglichkeiten, entweder du gibst auf oder du kämpfst. So wie ich es damals gesagt und Sie mir gerade noch mal beschrieben haben, so gehe ich jetzt jeden Tag im Training an die Arbeit. Auch wenn ich noch weit weg von glücklich bin, es wäre ja zweifellos nicht zielführend, über Wochen deprimiert zu sein. Da hilft es viel mehr, mit einem Lachen zum Training und mit einem Lachen wieder nach Hause zu fahren. Das habe ich gelernt.

Osterhage muss nach Gelb-Rot in Dortmund am Samstag gegen Gladbach pausieren. Für ihn schlecht, für Sie gut?

Das würde ich nie so sagen.

Haben die SC-Spieler Ziele ausgegeben für das Spieljahr? Vielleicht ein Abschneiden in der Bundesliga mit Blick auf Europa oder im Pokal mit Blick Richtung Finale in Berlin?

Ja, wir haben Ziele formuliert, aber intern, die geben wir nicht nach außen raus. Wir haben dafür Zeit investiert und besprochen, für was wir stehen, für was wir kämpfen wollen. Natürlich sehen wir, dass wir im Pokal mit einem Sieg in Bielefeld schon unter den letzten wären. Mehr sage ich nicht.

Urgestein okay, Oldie eher nicht, Attacke ja – alles klar. Aber wie zu hören, arbeiten Sie trotzdem schon an der Zukunft nach der Profikarriere. Sie sind vorerst auf dem Weg Richtung Trainer-B-Lizenz, einen Nicolas Höfler ohne Fußball wird es also nie geben?

Oje, das ist ein Thema. Ich bin da ein Stück weit reingerutscht und wollte eigentlich nicht, dass das publik wird. Meine Idee war nie, während der laufenden Karriere einen Trainerschein zu machen. Es hat sich so ergeben, weil der Südbadische Fußballverband so zuvorkommend war, dass ich mir sagte, du musst diese Chance schon nutzen. Das heißt aber überhaupt nicht, dass ich nach meiner aktiven Laufbahn einmal Trainer sein werde. Ja noch nicht mal, ob ich Trainer sein will.

Nicolas Höfler an der Freiburger Fußballschule wäre doch eine Option.

Das hört sich super an und würde mir sicher auch Spaß machen. Aber da gehören ja auch immer zwei dazu. Nochmal: Für mich wird irgendwann ein klares Bild entstehen, das habe ich jetzt noch nicht. Das heißt, doch: Erst mal weiter auf dem Rasen, ich habe ja noch ein bisschen Vertrag! (kurzes Lachen).

Vielleicht doch Trainer? Als Kicker haben Sie mal einen gewissen Julian Schuster als Stammspieler verdrängt. Da gäbe es eine weitere Chance ...

Das ist mir etwas zu weit nach vorne gesponnen. Obwohl, witzig wär‘s ja schon. (herzhaftes Lachen)