Jetzt ist es auch bei den Volksbanken soweit: Seit dieser Woche können ihre Kunden mit der entsprechenden App auch per Smartphone zahlen. "Mit unserer mobilen Bezahllösung folgen wir den Nutzungsgewohnheiten vieler Kunden, die ihr Smartphone immer griffbereit haben", sagt Andreas Martin, Vorstandsmitglied des Bundesverbandes der Deutschen Volksbanken und Raiffeisenbanken.
Die Kassentechnik muss dafür kontaktloses Bezahlen unterstützen – ein großer Teil der Terminals in Deutschland ist aber bereits umgerüstet. Zuvor hatten bereits die Sparkassen einen ähnlichen Service angekündigt. Allerdings ist die Zahlung per Smartphone bisher auf Android-Handys beschränkt. Apple will in diesem Jahr seinen eigenen Bezahldienst Apple Pay in Deutschland auf den Markt bringen.
Aus für das Bargeld?
Diese Beispiele zeigen, dass bargeldloses Zahlen auf dem Vormarsch ist. Vor allem jungen Leute verzichten immer öfter auf Münzen und Scheine. Das bestätigt auch der Supermarkt Edeka Baur, der Filialen in Konstanz, Friedrichshafen, Hilzingen und Gottmadingen betreibt. "Die Anzahl der bargeldlos zahlenden Kunden steigt allmählich aber stetig", erklärt eine Sprecherin. Bis zu einem Betrag von 25 Euro könne man bereits heute in den Märkten von Edeka Baur kontaktlos zahlen.
Auch die Sparkasse Schwarzwald-Baar teilt auf Anfrage mit, dass der bargeldlose Zahlungsverkehr an Bedeutung gewonnen habe. Bedeutet der Aufstieg des mobilen Zahlens im Umkehrschluss das Aus für das Bargeld? Schließlich gibt es viele Argumente für eine Wirtschaft ohne Bargeld. Zum einen, so argumentieren Befürworter einer bargeldlosen Gesellschaft, erleichtert Bargeld kriminelle Geschäfte, Steuerhinterziehung und Schwarzarbeit.
Zweitens kosten die Herstellung und die Aufbewahrung von Münzen und Scheinen viel Geld. Bargeld sei „schrecklich ineffizient“, sagte einmal der ehemalige Chef der Deutschen Bank, John Cryan. Und schließlich würde in einer bargeldlosen Gesellschaft der Traum vieler Notenbanker wahr werden. Sie könnten für Spareinlagen Negativzinsen verlangen und so den Konsum in Krisenzeiten stimulieren. Letzteres funktioniert nämlich in einer Bargeld-Gesellschaft nicht, weil die Menschen durch Abhebungen immer Negativzinsen umgehen könnten.
Viele Bürger wollen nicht auf Münzen und Scheine verzichten
Zu den prominentesten Befürwortern einer bargeldlosen Gesellschaft zählt der Harvard-Ökonom Kenneth Rogoff. "Die allmähliche Abschaffung des Bargelds ist unbestreitbar die einfachste und eleganteste Lösung, um den Zentralbanken eine uneingeschränkte Negativzinspolitik zu ermöglichen", sagt er. Auch Apple-Chef Tim Cook hält Bargeld für überlebt. „Was sollen wir mit dem Zeug?“, fragte er jüngst auf einem Aktionärstreffen in Kalifornien.
Doch vielen Bürger geht das zu weit. Sie wollen nicht Münzen und Scheine verzichten. "Die Deutschen bevorzugen nach unseren Betrachtungen Bargeld vor allem für kleine Bezahlvorgänge im Alltag", teilt die Sparkasse Schwarzwald-Baar mit. Ähnlich sieht das der Vorstandsvorsitzende des Baden-Württembergischen Genossenschaftsverbands (BWGV), Roman Glaser. "Die Menschen sollten die Wahlfreiheit haben, ob sie mit Bargeld oder bargeldlos bezahlen wollen", fordert er. Auch politisch formiert sich Widerstand. "Bargeldnutzung ist ein bürgerliches Freiheitsrecht. Wir treten dafür ein, das Bargeld uneingeschränkt als gesetzliches Zahlungsmittel zu erhalten", schreibt zum Beispiel AfD in ihrem Grundsatzprogramm.
Die großen Euro-Scheine stehen schon bald vor dem Aus. So druckt die Europäische Zentralbank schon heute keine 500-Euro-Scheine mehr. In vielen europäischen Ländern wie Frankreich oder Spanien gibt es schon länger Obergrenzen für Barzahlungen. Der 500-Euro-Schein bleibt aber (zumindest vorerst) ein gesetztlich anerkanntes Zahlungsmittel.
Trotzdem gibt es nach wie vor Bereiche, in denen Bargeld zumindest einen hohen emotionalen Wert hat. Die Sparkasse Bodensee nennt einige plastische Beispiele dafür: "Das Geld von der Oma, ein Trinkgeld oder das schöne Geräusch, wenn die Münze in das Sparschwein fällt."
Initiativen gegen Münzen und Scheine
- Kleve: Die niederrheinische Kleinstadt wollte eigentlich Ein- und Zwei-Cent-Münzen abschaffen. Stattdessen sollte in Geschäften und Supermärkten mit dem Einverständnis der Kunden einfach der Preis auf- oder abgerundet werden. Doch mittlerweile haben die Händler das Projekt wieder abgebrochen. Viele Kunden hätten sich unter dem Strich benachteiligt gefühlt, da in der Summe öfter auf- als abgerundet worden sei. Zudem standen viele Händler in der Pflicht, abweichende Kassenbestände dem Finanzamt erklären zu müssen
- Amsterdam: Im Bahnhofsviertel der holländischen Hauptstadt kann mittlerweile nur noch bargeldlos gezahlt werden. Selbst um ein Brötchen zu kaufen, muss man seine Geldkarte zücken. Damit will die Stadt die Klein- und Drogenkriminalität bekämpfen. Denn für Ganoven gibt es in den Geschäften kein Geld mehr zu erbeuten.
- Schweden: Das Land gilt als Vorreiter des bargeldlosen Zahlens. Viele Restaurants und Geschäfte nehmen gar keine Scheine und Münzen an. Selbst auf den Flohmärkten in Stockholm ist das Zahlen mit der in Schweden entwickelten Smartphone-App Swish üblich. Sogar Obdachlose haben das Bezahlsystem übernommen. Inzwischen nutzen fast nur noch ältere Menschen in ländlichen Regionen Swish nicht. Die Notenbank denkt sogar darüber nach, eine eigene elektronische Währung, die E-Krone, einzuführen.
- Indien: Das asiatische Land erklärte 2016 in einer Nacht- und Nebelaktion alle 500- und 1000 Rupien-Scheine für ungültig. Die Entscheidung sorgte kurzfristig für ein Chaos – schließlich besitzen viele Inder kein Bankkonto, Indien ist traditionell eine Bargeldgesellschaft. Mit der Aktion wollte Indien gegen Korruption, Schwarzgeld und Steuerhinterziehung ankämpfen. Experten stellen der Regierung aber ein zwiespältiges Zeugnis aus. Vielen Kriminellen sei es gelungen, ihr Geld reinzuwaschen.