Xavier Sala-i-Martin zählt zu den Exoten unter den Ökonomen. Der Katalane ist vor allem für seine bunten Jackets bekannt. Mal sind sie lila, mal gelb, mal rosa und mal knallblau. Zudem war der gebürtige Katalane, der an der Columbia Universität in New York lehrt, zeitweise Präsident des FC Barcelona – auch das nicht gerade typisch für einen Wirtschaftswissenschaftler. Doch fachlich ist seine Expertise über jeden Zweifel erhaben. Sala-i-Martin wurde sogar schon für den Wirtschaftsnobelpreis gehandelt. Auch beim WEF in Davos steht seine Meinung hoch im Kurs. Bereits zum 19. Mal reist der 56-Jährige in diesem Jahr in die Alpenstadt.

Er ist ein Dauergast beim WEF in Davos und mag bunte Jackets: der spanische Ökonom Xavier Sala-i-Martin.
Er ist ein Dauergast beim WEF in Davos und mag bunte Jackets: der spanische Ökonom Xavier Sala-i-Martin. | Bild: Xavier Sala -i- Martin

„In Davos ist es möglich, zu Vereinbarungen zu kommen, die anderswo unmöglich wären“, sagt er und verweist als Beispiel auf die Davos Deklaration von 1988, durch die ein Krieg zwischen Griechenland und der Türkei wegen des Zypern-Konflikts verhindert worden sei, und auf das Treffen des damaligen israelischen Außenminister Peres mit Palästinenserführer Jassir Arafat. „Was Davos so besonders macht ist, dass man jede Idee äußern kann, unabhängig davon, wie verrückt sie ist“, sagt Sala-i-Martin im Gespräch mit unserer Zeitung. Ein weiterer Vorteil von Davos sei die Abgeschlossenheit durch die Berge. Niemand verlasse nach seinem Vortrag den Veranstaltungsort für ein Mittagessen in einem trendigen Großstadt-Restaurant. Dadurch, dass alle Teilnehmer vor Ort bleiben, entstehe eine produktive Gruppendynamik. „Man kommt mit Leuten ins Gespräch, mit denen man sonst nie zu tun hat“, so Sala-i-Martin. Besonders intensiv erinnere er sich noch an ein Treffen mit dem damaligen Microsoft-Chef Bill Gates, bei dem Gates lange vor der Erfindung des iPads von einem Computer so dünn wie ein Blatt Papier gesprochen habe – was Sala-i-Martin damals nie für möglich gehalten hätte. „Was man in vier Tagen in Davos lernen kann, ist schlicht unglaublich“, sagt Sala-i-Martin.

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Deutlich kritischer beurteilt Christian Felber das Weltwirtschaftsforum. „Grundsätzlich darf sich treffen wer will“, sagt der österreichische Ökonom und Philosoph dem SÜDKURIER. Es gebe aber ein „systemisches Machtproblem“. „Die gleichen Staatschefs und Regierungsmitglieder, die auf dem WEF relativ unreflektiert auftanzen, unternehmen gleichzeitig – in ihren demokratischen Foren – nichts oder viel zu wenig, um die sie nach Davos einladenden Weltkonzerne nach demokratischen Grundsätzen zu regulieren“, sagt Felber, einer der führenden Köpfe der Gemeinwohlökonomie, welche die Wirtschaft stärker auf soziale und ökologische Ziele anstatt auf Gewinnmaximierung ausrichten will. Felber spricht von einem „Agenda-Setting nach dem Geschmack der Konzerne und ihrer elitären Eigentümern“ und fordert eine Reform des Forums. Nicht nur Politiker, Großkonzerne und Wissenschaftler sollten eingeladen werden, sondern alle Betroffenengruppen: Kleinunternehmen, Mittelständler, Gewerkschaften, Landlose, Landarbeiter, Kleinbauern, Mütter, Umweltschützer und Vertreter zukünftiger Generationen.

Felber selber wurde noch nie zum WEF eingeladen, würde aber eine Einladung akzeptieren. Unterdessen nimmt er in diesem Jahr an zwei Alternativveranstaltungen teil: dem NESI (Neue Wirtschaftssysteme und Soziale Innovationen) in Málaga, wo alternative ökonomische Ansätze wie die Gemeinwohl-Ökonomie vorgestellt werden, und dem „Best Economy Forum“ in Bozen, das ausschließlich von nachhaltigen und gemeinwohlorientierten Unternehmen organisiert wird.