Ein starkes Deutschlandgeschäft hat dem Schwarzwälder Elektronikspezialisten Testo das ansonsten ernüchternde Geschäftsjahr gerettet. „Das Jahr 2024 war nicht so gut, wie wir uns das vorgestellt haben“, sagte der Testo-Vorstandsvorsitzende Burkart Knospe bei der Vorstellung der Jahreszahlen für 2024 in Titisee-Neustadt. Vor allem in den Auslandsmärkten hätten die Umsatzziele nicht erreicht werden können.

Handwerk bleibt ein guter Kunde

Der deutsche Markt habe sich hingegen robust entwickelt. Im umsatzmäßig wichtigsten Testo-Geschäftsfeld Instrumentation sei Deutschland mit einem Plus von 6,6 Prozent gegenüber dem Vorjahr die stärkste Region weltweit gewesen.

Knospe begründete den Zuwachs unter anderem durch die Leistung der Mitarbeiter, die trotz struktureller Hemmnisse am Standort „einen guten Job gemacht“ hätten. Hinzu komme die Stabilität im heimischen Handwerk. Testo beliefert die Techniker in seinem Instrumenten-Geschäft beispielsweise mit Messgeräten zur Wartung von Heizungen.

Burkart Knospe, langjähriger Vorstandschef und Gesellschafter des Schwarzwälder Mittelständlers Testo.
Burkart Knospe, langjähriger Vorstandschef und Gesellschafter des Schwarzwälder Mittelständlers Testo. | Bild: Testo

Rund 40 Prozent seines Gruppen-Umsatzes erzielt das Schwarzwälder Unternehmen mit Handwerksbetrieben, weitere 40 Prozent mit Industriekunden aus dem Pharma- und Ernährungssektor, den Rest maßgeblich mit öffentlichen Auftraggebern.

Knospe: „Industriefeindliche Politik seit einem Jahrzehnt“

Dafür, dass es in Deutschland nicht noch besser lief, macht Knospe vor allem die Politik verantwortlich. Insbesondere die Diskussion um das sogenannte Heizungsgesetz beeinträchtigt die Geschäfte von Testo seit Jahren.

Weil viele Verbraucher beim Einbau einer neuen Heizung zögern, ist der Verkauf von Anlagen 2024 um bis zu 40 Prozent eingebrochen. Das macht sich bei Testo durch einen geringeren Absatz von Sensoren bemerkbar. Testo ist sowohl für Öl- und Gasheizungen als auch für Wärmepumpen einer der Standardausstatter der Sensor-Bauteile.

In Deutschland blicke man „auf zehn Jahre industriefeindliche Politik zurück“, sagte der Mittelständler. Diese sei gekennzeichnet durch eine starke Erhöhung der Arbeitskosten, eine im Vergleich zum Ausland höhere Steuerlast sowie Energiekosten und eine massive Zunahme bürokratischer Vorschriften.

Nicht alles sei der Ampelkoalition anzulasten. „Absurde“ Vorgaben wie das Lieferkettengesetz oder das Entgelttransparenzgesetz, das die Auskunftspflichten des Arbeitgebers gegenüber den Beschäftigten erhöht, gingen auf die Merkel-Ära zurück, sagte er und betonte, der Trend zur Deindustrialisierung im Land bereite ihm Sorge.

Blick auf die futuristische Zentrale von Testo in Titisee-Neustadt im Schwarzwald.
Blick auf die futuristische Zentrale von Testo in Titisee-Neustadt im Schwarzwald. | Bild: Testo

Auch deswegen treibt Testo seit Jahren seine Auslandspräsenz voran. 2300 der konzernweit 3900 Mitarbeiter, arbeiten im Ausland. Allerdings gibt es auch hier Rückschläge. Sorgenkind bisher war der von China dominierte asiatische Markt, wo das Testo-Geschäft aufgrund von Problemen im regionalen Management hinter den Zielen zurückblieb.

Nach einer umfassenden Umorganisation sei man nun wieder auf Spur, so der 63-Jährige. Als Folge sei der Asien-Umsatz 2024 wieder leicht um drei Prozent angestiegen. Ähnliche Probleme gibt es derzeit im US-Markt, wo man 2024 „nicht so gut unterwegs gewesen“ sei. Grund sei ein „schwaches Management und falsche Entscheidungen“ gewesen, sagt Knospe. Nach einem Umsatzminus von neun Prozent 2024 sei man aktuell dabei, die Führungsspitze in den USA neu zu besetzen.

Ziel ist Umsatzverdopplung in Asien und den USA in fünf Jahren

Mittelfristig kommt Asien und den USA für Testo aber hohe Bedeutung zu. Innerhalb der kommenden fünf Jahre soll der Umsatz in beiden Weltregionen verdoppelt werden – auf rund 100 Millionen Euro in Übersee und etwa 50 Millionen Euro in Asien, wo die Schwarzwälder vor allem auch auf den indischen Markt setzen, der sich zuletzt mit zweistelligen Zuwachsraten gut entwickelt hat.

Petra Toischer ist seit Jahresbeginn 2025 neuer Vertriebsvorstand von Testo. Zusammen mit zwei weiteren Vorständen arbeitet sie dem ...
Petra Toischer ist seit Jahresbeginn 2025 neuer Vertriebsvorstand von Testo. Zusammen mit zwei weiteren Vorständen arbeitet sie dem Vorstandsvorsitzenden Burkart Knospe zu. | Bild: Testo

Die Kern-Absatzregion bleibt aber Europa. Hier erwirtschaftet das Unternehmen mit knapp 350 Millionen Euro einen Großteil seiner weltweiten Umsätze von knapp 467 Millionen Euro (2024), was einem Plus von knapp drei Prozent gegenüber dem Vorjahr entspricht.

Einer der Vorzeigekunden in Europa ist der Weltkonzern McDonald‘s. Testo ist in den meisten EU-Ländern Generalausstatter des Filialisten mit Messgeräten und Sensoren für die Qualitätssicherung der Lebensmittel.

60 neue Jobs in der Region

In der Region ist das 1957 gegründete Unternehmen mit Werken und Standorten in Titisee, Lenzkirch und Kirchzarten vertreten, wo Ende 2024 gut 1600 Menschen auf der Testo-Gehaltsliste standen. Im laufenden Jahr sollen hier rund 60 Stellen aufgebaut werden.

Testo in Deutschland ist nicht tarifgebunden. Standard ist eine 40-Stunden-Woche. Der Großteil des Personalaufbaus soll aber in Portugal stattfinden, wo im Herbst ein neues Werk mit rund 200 Arbeitsplätzen eröffnet wird.