Die Ankündigung neuer Zölle für den Automobilsektor zeigt Auswirkungen bis in den Süden Baden-Württembergs. Die Bodenseeregion und Oberschwaben sowie der Schwarzwald sind Kernregionen des Automobilzuliefergeschäfts.

Entsprechend alarmiert fallen die Reaktionen auf die Zollpläne der USA aus. „Trumps Zollhammer trifft die deutsche Autoindustrie zur Unzeit. Die Folgen werden auch im Schwarzwald zu spüren sein“, sagt etwa Christoph Münzer, Hauptgeschäftsführer des Freiburger Industrieverbands WVIB.

Hauptgeschäftsführer des Industrieverbands WVIB, Christoph Münzer: „Zu Verhandlungen mit Trump den großen Knüppel mitnehmen“.
Hauptgeschäftsführer des Industrieverbands WVIB, Christoph Münzer: „Zu Verhandlungen mit Trump den großen Knüppel mitnehmen“. | Bild: Felix Kästle

WVIB spricht von „Erpressungsmethoden“

Mit Blick auf die angekündigte Einführung eines Zolls von 25 Prozent auf Importe von Autos und -teilen aus der EU in die USA spricht er von „Erpressungsmethoden“, auf die „mit aller Deutlichkeit“ reagiert werden müsse. „Natürlich muss die EU auch mit Trump verhandeln – aber sie sollte nicht ohne große Keulen im Gepäck nach Washington fahren“, sagt er.

IHK in Ravensburg: Pessimismus auf Höchststand

Die IHK Bodensee-Oberschwaben spricht von einer „drastischen Verschlechterung des Auslandsgeschäfts“. Auch in Folge der angedrohten Zölle seien 2025 die „negativen Geschäftsaussichten auf einem Höchststand“. Insbesondere die Bewertung des Absatzmarkts USA habe sich innerhalb eines Jahres komplett gedreht.

Martin Buck ist Präsident der IHK Bodensee-Oberschwaben.
Martin Buck ist Präsident der IHK Bodensee-Oberschwaben. | Bild: IHK/PhotoArt Hund

Sei Nordamerika für die heimische Industrie im Jahr 2024 der Wirtschaftsraum mit den besten Geschäftsaussichten gewesen, erwarteten mittlerweile mehr als 80 Prozent der international tätigen Regio-Unternehmen, dass sich die neuen Zölle und andere Handelshemmnisse der US-Regierung „negativ auf das Auslandsgeschäft auswirken werden“, sagt etwa Martin Buck, IHK-Präsident in Ravensburg.

Harald Marquard ist Eigner des gleichnamigen Zulieferers aus Rietheim und Südwestmetall-Chef im Bezirk Schwarzwald.
Harald Marquard ist Eigner des gleichnamigen Zulieferers aus Rietheim und Südwestmetall-Chef im Bezirk Schwarzwald. | Bild: Schuele, Sabrina

Von der Arbeitgebervereinigung Südwestmetall hieß es, man blicke „besorgt auf die Ankündigung von US-Präsident Donald Trump“. „Das wäre ein schwerer Schlag für den internationalen Handel und hätte massive Auswirkungen – sowohl für US-Autokäufer als auch für Hersteller und Zulieferer weltweit“, sagte der Vorsitzende der Bezirksgruppe Schwarzwald-Hegau, Harald Marquardt.

Marquardt ist auch Eigner des gleichnamigen Autozulieferers aus Rietheim im Kreis Tuttlingen. Ein Viertel aller deutschen Exporte in die USA stamme aus Baden-Württemberg. „Die Zölle in der angekündigten Höhe werden auch die Firmen der Branche in unserer Region hart treffen“, sagte Marquardt.

Deloitte: Strömungsabriss bei Exporten

Nach Berechnungen der Wirtschaftsprüfungsgesellschaft Deloitte würden die Zölle, die kommende Woche in Kraft treten sollen, die deutschen Autoexporte drastisch einbrechen lassen. Die Ausfuhren von Fahrzeugen und Autoteilen in die USA könnten demnach um bis zu 29 Prozent sinken. Das würde einem Minus von 8,2 Milliarden Euro entsprechen.

Rund 40 Milliarden Euro Umsatz und gut neuen Milliarden in den USA: Zulieferer ZF.
Rund 40 Milliarden Euro Umsatz und gut neuen Milliarden in den USA: Zulieferer ZF. | Bild: Wieland, Fabiane

Die heimische Industrie reagiert bereits. Deutschlands zweitgrößter Autozulieferer ZF aus Friedrichshafen fährt seine US-Investitionen hoch. Derzeit investiere man rund 500 Millionen in den Ausbau seines Produktionswerks in South Carolina, sagte ein ZF-Sprecher dem SÜDKURIER. Seit Jahren verfolgt ZF, wie ein Großteil der Branche, den Ansatz, die jeweiligen Märkte aus der entsprechenden Weltregion heraus zu beliefern.

In der aktuellen Situation erweise sich das „als richtig und notwendig“, sagte der Sprecher. Dennoch seien negative Folgen der Zölle auf Wachstum, Wohlstand und Arbeitsplätze absehbar. Protektionismus schaffe nur Verlierer. Lieferketten so zu optimieren, um möglichst wenig grenzüberschreitend tätig zu sein, sei nun die Herausforderung. ZF erwirtschaftete 2024 mit 20 Werken und Niederlassungen in den USA 9,5 Milliarden US-Dollar.

IMS Gear hat fast 600 Mitarbeiter in den USA

Andernorts ist man vorsichtiger. „Ob und wenn ja, welche Auswirkungen die jetzt angekündigten US-Zölle auf Importfahrzeuge haben werden, lässt sich aktuell nicht mit Bestimmtheit sagen“, sagt etwa Ales Starek, Vorstand beim Donaueschinger Zulieferer IMS Gear.

Ales Starek – Manager mit viel Automobilerfahrung – ist seit einigen Jahren im Vorstand von IMS Gear aus Donaueschingen.
Ales Starek – Manager mit viel Automobilerfahrung – ist seit einigen Jahren im Vorstand von IMS Gear aus Donaueschingen. | Bild: Roland Sigwart

Auch bei IMS Gear verfolgt man den „Local-for-Local-Ansatz“ – also in den jeweiligen Märkten für die jeweiligen Märkte zu produzieren. Mit 175 Millionen Euro erwirtschaftet der Hersteller von Kleinantrieben wie elektrischen Sitzverstellungen oder Heckklappen knapp ein Drittel des Jahresumsatzes von knapp 600 Millionen Euro (2023) in Werken in den USA und Mexiko. In den Vereinigten Staaten hat man 560 Mitarbeiter auf der Lohnrolle.

Der Ventil-Spezialist Eto Magnetic in Stockach liefert an Zulieferer, die ihrerseits in die USA liefern. Bild: Freißmann
Der Ventil-Spezialist Eto Magnetic in Stockach liefert an Zulieferer, die ihrerseits in die USA liefern. Bild: Freißmann | Bild: Freißmann, Stephan

Ventil-Spezialist Eto noch zurückhaltend

Der Vorstandschef des Stockacher Ventil-Spezialisten Eto Magnetic, Michael Schwabe, sagte unserer Zeitung, Einfuhrzölle stellten die hochvernetzten und komplexen Wertschöpfungsketten der Automobilindustrie vor Probleme.

Michael Schwabe ist Chef der Eto-Magnetic in Stockach am Bodensee.
Michael Schwabe ist Chef der Eto-Magnetic in Stockach am Bodensee. | Bild: ETO Gruppe

Man könne aber noch nicht abschätzen, inwieweit welcher Eto-Kunde davon betroffen sein werde. Man selbst versuche „durch hohe Flexibilisierung eigener Wertschöpfungsketten flexibel zu reagieren“, so Schwabe. Eto, das über Werke in den USA als auch in Mexiko verfügt, liefert in der Regel von seinen EU-Standorten nicht direkt in die USA.