Der Vorstandschef des Friedrichshafener Großmotorenbauers Rolls Royce Power Systems (RRPS), Andreas Schell, sieht den Betriebsfrieden durch die Auseinandersetzung zwischen Russland, der Ukraine und dem Westen nicht gefährdet. „Wir haben Mitarbeiter aus der Ukraine und Russland in unserer Belegschaft“, sagte der RRPS-Chef am Donnerstag.

Er sei sich aber sicher, dass man etwaige Meinungsverschiedenheiten offen diskutieren könne, ohne dass es eskaliert. „Wir haben einen ganz starken Team-Geist bei RRPS“, sagte er. Man pflege einen offenen Dialog und eine Kultur, heikle Dinge auch anzusprechen. Extreme Meinungen hätten aber da keinen Platz, sagte Schell, der den Motorenbauer seit 2017 leitet.

In Friedrichshafen haben nur wenige RRPSler russischen oder ukrainischen Pass

Allein am Friedrichshafener Stammsitz beschäftigt das Unternehmen etwa 5500 Mitarbeiter, in Deutschland 6000, weltweit rund 9000. Indes hat nur eine kleine Minderheit der Beschäftigten von 14 Personen am Friedrichshafener Stammsitz nach Angaben eines RRPS-Sprechers einen russischen oder ukrainischen Pass.

Sogenannte „Off-Highway“-Anwendungen sind die Domäne von RRPS- beziehungsweise MTU-Motoren.
Sogenannte „Off-Highway“-Anwendungen sind die Domäne von RRPS- beziehungsweise MTU-Motoren. | Bild: RRPS

RRPS-Chef Schell gehört zu jener Minderheit an Firmenlenkern, die sich immer wieder offen zu gesellschaftlichen oder politischen Fragen positionieren. 2019 nahm er beispielsweise zusammen mit RRPS-Angestellten am Stuttgarter Christopher Street Day (CSD) teil, um ein Zeichen gegen Intoleranz zu setzen.

RRPS-Chef zu Ukrainern: „Das sind Europäer, ihr Land hat die europäische Kultur mitgeprägt“

Zur dramatischen Eskalation der Ukraine-Krise sagte Schell, seine Gedanken seien zuerst bei den 46 Millionen Menschen in dem Land. „Das sind Europäer, ihr Land hat die europäische Kultur mitgeprägt“, sagte er. Über die Entwicklungen sei man „in großer Sorge“. Gleichzeitig respektiere und unterstütze RRPS mit Blick auf Sanktionen politische Entscheidungen.

Als Markt sind Russland und die Ukraine für RRPS von untergeordneter Bedeutung. In Russland hat das Unternehmen, das durch seine Großmotorenmarke MTU weithin bekannt ist, nach Angaben eines Sprechers nur etwa 50 Angestellte. Zwar bestehe die Gefahr, dass durch die politische Lage die Märkte kleiner würden, die Prognosen zum Verlauf des Geschäftsjahrs beeinflusse das im Moment aber nicht.

Marineschiffe wie dieses werden oft von MTU-Dieseln angetrieben.
Marineschiffe wie dieses werden oft von MTU-Dieseln angetrieben. | Bild: RRPS

Für 2022 bleibt RRPS daher optimistisch. Beim Gewinn und Umsatz strebe das Unternehmen an, „große Schritte hin zum Vor-Pandemie-Niveau“ zu gehen, wie Schell sagte. 2019 machte RRPS einen Umsatz von mehr als vier Milliarden Euro und gut 400 Millionen Euro Gewinn. Mit eingerechnet war da allerdings noch der Motorenbauer Bergen Engines, den RRPS mittlerweile abgestoßen hat.

Neun Prozent Rüstungsanteil bei RRPS-Umsätzen

Optimistisch stimmt Schell ein Rekord bei den Auftragsbeständen, die sich zum Jahresende auf etwa 2,8 Milliarden Euro summierten. Das sei eine „hervorragende Basis für 2022“, sagte er. Insbesondere bei Schiffmotoren, stationären Notstromaggregaten, etwa für Rechenzentren, aber auch im Verteidigungsbereich gebe es mehr Aufträge. Rund neuen Prozent seiner Umsätze erwirtschaftet RRPS nach Worten Schells derzeit mit Rüstungsanwendungen, etwa schweren Dieselmotoren für Schiffe oder Panzer.

Auch in Panzer und gepanzerte Fahrzeuge werden Dieselmotoren von MTU vom Bodensee eingebaut. Der Anteil der Rüstung am RRPS-Umsatz liegt ...
Auch in Panzer und gepanzerte Fahrzeuge werden Dieselmotoren von MTU vom Bodensee eingebaut. Der Anteil der Rüstung am RRPS-Umsatz liegt bei etwa neun Prozent. | Bild: Armin Weigel

Im Jahr 2021 stieg der um Sondereffekte bereinigte operative Gewinn (Ebitda) von 212 Millionen Euro im Jahr 2020 auf 282 Millionen Euro. Auch der Umsatz stieg deutlich auf knapp 3,2 Milliarden Euro. Die Umsatzrendite klettere auf 8,8 Prozent. Bis 2025 peile man hier einen „zweistelligen Wert an“, sagte Schell.

Das könnte Sie auch interessieren

Der Dieselmotorenbauer, der bis Ende 2023 rund 80 Prozent seiner Motorenbaureihen auf regenerative Brennstoffe umstellen will, stellt daher auch neue Mitarbeiter ein.

Plan für 2030: Grüne Technologien statt Diesel

Allein für nachhaltige Antriebslösungen würden im laufenden Jahr rund 100 Stellen geschaffen, sagte Schell. Das Geld hierfür kommt nicht zuletzt von der britischen Firmen-Mutter Rolls Royce, die in den kommenden Jahren 400 Millionen Euro in RRPS stecken will.

Das Logo von Rolls Royce (RR) ist auf einer Stehle vor dem Werk 1 in Friedrichshafen angebracht. Sowohl RR als auch seine deutsche ...
Das Logo von Rolls Royce (RR) ist auf einer Stehle vor dem Werk 1 in Friedrichshafen angebracht. Sowohl RR als auch seine deutsche Tochter schrieben 2021 Gewinn. | Bild: Felix Kästle, dpa

Der britische Triebwerkshersteller hat ebenfalls am Donnerstag Zahlen vorgelegt und ist 2021 nach herben Verlusten in den Vorjahren in die Gewinnzone zurückgekehrt. Obwohl der Umsatz um gut zwei Prozent auf 11,2 Milliarden britische Pfund (13,4 Milliarden Euro) zurückging, blieb unterm Strich ein Überschuss von 120 Millionen Pfund, wie das Unternehmen in London mitteilte.