Holz rückt in der Baubranche immer stärker in den Fokus. Als CO2-Speicher und nachwachsender Rohstoff wird seine Nachhaltigkeit und Klimafreundlichkeit oft betont. Und so setzt sich der pflanzliche Baustoff immer weiter durch. 2019 wurden über 30 Prozent der genehmigten Wohnbauten in Baden-Württemberg überwiegend aus Holz gebaut. Der Fertighausbauer Braun in Stetten am kalten Markt profitiert von dem Boom. Die Nachfrage ist trotz gestiegener Preise hoch. Die Wartezeiten für Häuslebauer haben sich verdoppelt.
Anteil von Fertighäusern bei fast 40 Prozent
Bis zu 18 Monate dauert es derzeit bis Winfried Braun das Fertighaus schlüsselfertig an seine Kunden übergeben kann. Eine Ausnahmesituation, wie er sagt. Zwischen sechs und neun Monaten liegt eigentlich die übliche Wartezeit, von der Auftragsvergabe bis zum Einzug. Wer baut, entscheidet sich dabei immer öfter für ein Fertighaus, heißt es vom Verband der Deutschen Fertighausbauer. Im ersten Halbjahr diesen Jahres lag der Anteil für diese Art zu bauen in Baden-Württemberg bei fast 40 Prozent.
Alle Teile kommen vorgefertigt auf das vorbereitete Baugrundstück und werden wie bei einem riesigen 3D-Puzzle vor Ort zu dem gewünschten Traumhaus zusammengesetzt. In etwa 48 Stunden steht das Gebäude samt Dach. Braun Holzbau aus Stetten ist eher einer der kleinen Anbieter in der Branche. 60 Häuser stellt das Team aus 27 Zimmerern im Jahr auf.
„Kein Haus von der Stange“
Dabei betont Geschäftsinhaber Winfried Braun, dass keines der Häuser von der Stange kommt. Alle würden nach den Wünschen der Kunden gefertigt. Der 60-Jährige führt das Familienunternehmen bereits in der dritten Generation. Seine Kunden empfängt er für das Planungsgespräch im Bürobau neben den großen Werksatthallen, in denen Wände und Dachkonstruktionen entstehen.
Auch das Fertighaus ist teurer geworden
Braun ist regional aufgestellt, baut seine Häuser in einem Umkreis von etwa 100 Kilometern bis zum Bodensee hinunter. 80 Prozent der Kunden kämen auf Empfehlung, sagt der Chef. Auch durch die gestiegenen Preise hat er keinen Nachfragerückgang festgestellt – im Gegenteil. Durchschnittlich zahlen die Kunden 420.000 Euro für ihren Wunsch nach einem Eigenheim. Bis zu 15 Prozent mehr als noch vor ein paar Jahren.
Vor allem schnörkellose zweigeschossige Gebäude mit geraden Linien sind momentan gefragt. Meist weiß verputzt und mit anthrazitfarbenen Dachziegeln, erzählt Winfried Braun. Dabei sind Häuser mit Einliegerwohnungen gefragt. So können Hausbauer bei der KfW, der Kreditanstalt für Wiederaufbau, gleich das Doppelte an Förderung beantragen, sagt Braun. Bis zu 75.000 Euro seien pro Haus möglich, denn sie würden alle die geforderte Effizienzhaus-Stufe 40 erreichen.

Gute Dämmung spart Heizkosten
Es sei kaum Heizenergie nötig, was das Wohnen klimafreundlich mache, sagt Braun. „Der KfW-Standard verpflichtet uns, dicht zu bauen.“ Luft könne nicht unkontrolliert entweichen. Mithilfe einer dezentralen Lüftung gelange die Feuchtigkeit aus dem Haus. „Das ersetzt das Lüften durch die Fenster aber nicht.“

Die Dämmung der Wände ist dabei fast ausschließlich aus Holz. Dafür wird das Holzgerüst der Wände, die Holzgefache, mit Zellulose aus Altpapier aufgefüllt. Außen- und Innenwand werden dann mit Holzfaserplatten abgedeckt. „Wir haben einen komplett ökologischen Wandaufbau“, sagt Winfried Braun.
Seit drei Wochen ist Holzbau Braun nun Mitglied im Bundesverband Deutscher Fertigbau. Dort spricht Achim Hannott als Geschäftsführer für mittlerweile 49 Unternehmen in Deutschland. „Unser Marktanteil wächst rasant“, sagt Hannott. „Es dauert nicht mehr lang, dann ist jedes vierte gebaute Haus in Deutschland ein Fertighaus.“
Vor allem Baden-Württemberg erreiche einen Spitzenwert, da das Bauen mit Holz hier Tradition habe und viel Wissen um den Baustoff vorhanden sei. Der Branche gehe es gut. Die Unternehmen im Verband würden zusammen voraussichtlich im Jahr 2021 einen Umsatz von rund 3,5 Milliarden Euro erreichen. Gerade durch Corona hätten die Unternehmen einen Nachfrageschub gespürt: „Ein Eigenheim war nie so begehrt.“
Liegt die Zukunft des Bauens im Umbauen?
Für ein Fertighaus sprechen aus Sicht der Architektenkammer Baden-Württemberg, dass die Bauherren schneller und vom Wetter unabhängig bauen könnten, da alle teile vorgefertigt sind. Auch seien die Kosten gut kalkulierbar und es gäbe wenig Überraschungen beim Bauen. „Vielfach wird das Fertighaus indes noch für die günstigere Gebäude-Realisierung gehalten als die mit einem Freien Architekturbüro. Das ist nach unserem Dafürhalten ein Irrglaube“, so die Pressesprecherin der Kammer.
Ebenso weist die Kammer auf den hohen Flächenverbrauch hin, den Neubauten in meist neu erschlossenen Gebieten benötigen. „Das Bauen der Zeit und der Zukunft ist Bauen im Bestand.“ Das heißt Umbau und Sanierung bestehender Gebäude. „Die Bundesstiftung Baukultur schätzt, dass bis 2030 nur noch acht Prozent der Bautätigkeit Neubau sein wird, der Rest Bestandsbau. Da stellt sich weniger die Frage Fertigbau oder Massiv-Bau, sondern die der individuellen, passgenauen baulichen Lösung“, blickt die Sprecherin in die Zukunft. Sie sieht da die Grenzen des Fertighausbaus.
Probleme gab und gibt es allerdings noch immer mit den Rohstoffen. Nach einem schwindelerregenden Anstieg der Bauholzpreise im Frühjahr hätten sich diese nun wieder auf einem hohen Niveau eingependelt. Doch auch der Preisanstieg bei Stahl, Kupfer, Plastik und Altpapier machten die Kalkulationen für die Unternehmer schwierig. Denn nach Vertragsabschluss ist der Verkaufspreis gesetzt.
Eigenes Sägewerk sichert Material
Wegen der Lieferschwierigkeiten für Holz hat Winfried Braun auch das alte Sägewerk auf dem Firmengelände wieder aktiviert. 15 Prozent des Materialbedarfs deckt es ab. Der Rest wird aus Wäldern aus dem Umland gekauft. Dass der Baustoffholz irgendwann einmal ausgeht, bezweifelt Hannott: „Das für ein Fertighaus benötigte Holz wächst in den deutschen Wäldern innerhalb von 23 Sekunden nach.“
Auch das Land Baden-Württemberg setzt mit der Holzbau-Offensive auf Gebäude aus dem nachhaltigen Rohstoff. Die Landesregierung möchte mit diesem Projekt gleich mehrere wichtige Themen voranbringen, wie das Schaffen von Wohnraum, den Klimaschutz und die Förderung von Innovationen.
An die Zukunft des Betriebs glaubt bei Holzbau Braun auch die vierte Generation. Von den fünf Kindern von Winfried Braun wollen zwei Söhne den Familienbetrieb übernehmen. Ganz aufhören werde er dann jedoch nicht, so der 60-Jährige. „Man kann doch immer gebraucht werden“, sagt er grinsend.