Nach dem Bekanntwerden milliardenschwerer Sparpläne bei Deutschlands zweitgrößtem Autozulieferer ZF, ist noch nicht abzusehen, wie einzelne Werke betroffen sein werden. „Die Auswirkungen der angekündigten Einsparungen auf die Standorte sind noch unklar“, sagte ein ZF-Sprecher auf SÜDKURIER-Nachfrage. Allerdings müsse in Deutschland überproportional gespart werden.

ZF hatte am Dienstag einen Bericht des SÜDKURIER und der „Automobilwoche“ bestätigt, wonach in den kommenden zwei Jahren über alle Bereiche und Regionen hinweg bis zu sechs Milliarden Euro an Kosten eingespart werden müssen.

ZF reagiert damit auf schwindende Wettbewerbsfähigkeit, Sparprogramme bei Autobauer-Kunden sowie steigende Energie- und Materialkosten.

ZF beschäftigt weltweit Tausende Mitarbeiter

Der Zulieferer beschäftigt weltweit rund 165.000 Mitarbeiter, 54.000 in Deutschland. Hier befürchtet der Konzernbetriebsrat auch einen Stellenabbau von bis zu 12.000 Jobs bis Ende des Jahrzehnts. Der Konzern äußert sich dazu nicht konkret.

ZF-Chef Holger Klein hält ein Modul mit Siliziumkarbid-Chips hoch. Im Saarland plant der Konzern mit dem Partner Wolfspeed den Bau einer ...
ZF-Chef Holger Klein hält ein Modul mit Siliziumkarbid-Chips hoch. Im Saarland plant der Konzern mit dem Partner Wolfspeed den Bau einer Chipfabrik. | Bild: Felix Kästle/dpa

ZF steckt wie viele Konkurrenten schon länger in der Krise, bedingt durch sich nach Corona nur langsam erholende Welt-Fahrzeugmärkte und einen Strömungsabriss im Verkauf von E-Autos, insbesondere in Europa.

Für den Friedrichshafener Konzern kommen hohe Schulden hinzu, die am Gewinn zehren. Seit Jahren durchleuchtet ZF daher seine Werke auf Wettbewerbsfähigkeit und definiert Zukunftsperspektiven – sogenannte Zielbilder – für seine Standorte, oft verbunden mit Beschäftigungsgarantien.

Für die meisten großen Werke in Deutschland ist der Prozess schon abgeschlossen.

Die großen ZF-Werke sind erst einmal gesichert

Für den Getriebestandort Saarbrücken, das E-Kompetenzzentrum Schweinfurt sowie die Werke Hannover und Passau mit jeweils Tausenden Mitarbeitern existieren Zielbildvereinbarungen, teilweise – wie in Saarbrücken oder Hannover – mit Beschäftigungssicherung bis in die Jahre Ende 2025 beziehungsweise 2026.

Am Friedrichshafener Stammsitz, wo sich die etwa 10.000 Mitarbeiter starke Belegschaft in einen Nutzfahrzeugteil (Betrieb N) und einen Teil für Verwaltung und Forschung (Betrieb Z) hälftig aufteilt, existieren derzeit noch keine Beschäftigungssicherungen.

Bei den rund 5000 ZFlern im Nutzfahrzeugbereich ist das auch nicht nötig. Hier brummt das Geschäft. Die Auftragsbücher sind nach Angaben des Betriebsrats bis tief ins Jahr 2026 gefüllt. Zudem ist noch für dieses Jahr der Anlauf eines neuen Bandes für Lkw-Getriebe (Traxon) geplant, was mit hohen Investitionen einhergeht.

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Knackpunkt sind die Forschung und Verwaltung am Stammsitz (Betrieb Z). Ende vergangenen Jahres brach der Betriebsrat sich über Monate hinziehende Gespräche mit dem Konzern ab.

Der Grund: Zu einer langlaufenden Beschäftigungssicherung über 2025/26 hinaus konnte man sich seitens ZF nicht durchringen. Mittlerweile bewege man sich aber wieder „auf einem guten Pfad“, sagte ZF-Konzernchef Holger Klein am Dienstag in Stuttgart.

ZF in Friedrichshafen: Entwicklung nicht ausgelastet

Fakt ist aber: Entwicklungskapazitäten in Friedrichshafen sind derzeit laut Konzern nicht ausgelastet. So hatte ZF Ende 2023 angekündigt, nicht länger komplette autonome Transportsysteme – sogenannte Roboter-Busse – anzubieten.

In einem eigens ausgegründeten Betriebsteil, Kürzel XAZ, arbeiten derzeit etwa 210 Beschäftigte in Friedrichshafen – und warten auf externe Kunden, denen sie ihr Entwicklungs-Know-How für autonom fahrende Kleinbusse anbieten können.

Der geplante Börsengang der ZF-Sparte für Passive Sicherheitstechnik, oft Airbag-Sparte genannt, könnte indes für einen weiteren Standort im Südwesten mehr Geschäft bringen. In Alfdorf bei Schwäbisch Gmünd arbeiten etwa 1700 Menschen an Systemen wie Airbags oder Sicherheitsgurten.

Ein Börsengang oder die Beteiligung eines Investors, etwa im Rahmen eines Gemeinschaftsunternehmens, würde frisches Geld in die Kassen spülen. „Für den Hauptsitz der Division R in Alfdorf ergeben sich durch einen möglichen Börsengang Perspektiven für mehr Investitionen“, sagte ein ZF-Sprecher.

Arbeitszeitkonten, Schließtage, Kurzarbeit

Klar ist aber, dass das Jahr 2024 schwieriger wird als das Vorjahr, in dem ZF nach Aussagen des Konzernchef seine Ziele mit Blick auf Umsatz, operativen Gewinn und Liquidität (Free Cash-Flow) weitgehend erreicht hat. „Ich glaube, dass 2024 ein sehr hartes Jahr wird“, sagte er Anfang der Woche.

Deshalb sei mit Anpassungsmaßnahmen wie der Abschmelzung von Arbeitszeitkonten und Schließtagen zu rechnen. Ziel sei es, mehr Flexibilität bei Nachfrageeinbrüchen zu schaffen. Details nannte er nicht.

Die Möglichkeit hierzu hat sich ZF in den vergangenen Monaten durch die Zielbild-Verhandlungen mit der Arbeitnehmerseite einräumen lassen. Auch der vermehrte Einsatz von Kurzarbeit wird nicht ausgeschlossen.