Nach Ansicht mittelständischer Firmen-Chefs läuft der Südwesten Gefahr, seine führende Rolle in industriellen Kernbereichen wie der Fahrzeugtechnik zu verlieren.
In der Zukunftstechnologie Wasserstoff seien beispielsweise alle wichtigen Industriekerne im Norden Deutschlands angesiedelt, sagte Andreas Kämpfe, Vorsitzender der Geschäftsführung des Pforzheimer Automobilzulieferers Witzenmann, auf einer Veranstaltung des Schwarzwälder Industrieverbands WVIB. In der Chipindustrie seien die führenden Firmen eher in Sachsen und Bayern ansässig.
Witzenmann-Chef Kämpfe: Für den Südwesten wird es schwieriger
Der Südwesten sei dagegen in den klassischen Antriebs-Technologien und damit verbundenen Bereichen stark. „Neues siedelt sich aber eher dort an, wo es preiswert ist, also im Norden und Osten Deutschlands“, sagte der Witzenmann-Chef. Die Neuansiedlung von Zukunftstechnologien würden beispielsweise durch hohe Löhne und teure Grundstückspreise erschwert. Deutschland sei ein teurer Standort und im Südwesten sitze man in der teuersten Ecke. Für Baden-Württemberg als klassischen Automotive-Standort werde es daher in Zukunft schwieriger.
„Die Herausforderung für die Firmen im Südwesten wird sein, Produkte und Geschäftsmodelle zu finden, die hier wettbewerbsfähig hergestellt werden können“, sagte Kämpfe, dessen Unternehmen 2020 mit 4300 Mitarbeitern etwa 560 Millionen Euro Umsatz erwirtschaftete.

Bei Investitionen seien die besten Standortbedingungen ein wichtiger Faktor, sagte der geschäftsführende Gesellschafter des Rietheimer Autozulieferers Marquardt, Harald Marquardt. Dabei dürfe man die Augen vor dem Ausland nicht verschließen. Dessen Attraktivität erhöhe sich. Marquardt führte das Lohnniveau im Metall- und Elektrobereich an, das in Teilen Baden-Württembergs noch über dem Niveau des Chemie-Tarifvertags liege. Dieser gilt gemeinhin als Maßstab für die Lohnhöhe im tariflichen Bereich.
Thomas Burger, Chef des Schonacher Zahnrad-Spezialisten Burger-Gruppe wies auf Schwierigkeiten hin, den Arbeitskräftebedarf im Südwesten zu sichern. „Das Berufsbild des klassischen Facharbeiters sehe ich im Dahinschwinden“, sagte er. Sollte dieser Trend nicht umgekehrt werden können, könnte der Arbeitsmarkt die Firmen ins Ausland drängen.
Durch den Trend zu E-Fahrzeugen, die aus deutlich weniger Teilen aufgebaut sind wie klassische Fahrzeuge, sinke die Wertschöpfung, sagte Michael Schwabe, Chef des Stockacher Autozulieferers Eto Magnetic. Das erhöhe die Spielräume für die Automobilkonzerne Lieferanten auszusieben und Preise zu drücken.
Was wird aus dem Verbrenner?
Die Firmenchefs, die sich generell für die Wende hin zu neuen Antrieben aussprechen, halten den Verbrenner indes weltweit nicht für ein Auslaufmodell. Kämpfe und Marquardt sagten, In Märkten wie Asien, den USA oder Südamerika werde die Technologie noch für viele Jahre dominierend bleiben.