Christoph Feil, dpa und Alexander Michel

Beleidigungen, Belästigungen, Bedrohungen – Hass kann im Netz viele Formen annehmen. Zum heutigen Safer Internet Day hat sich die EU-Initiative klicksafe den Kampf gegen Cyber-Mobbing vorgenommen. Mit dem Aktionstag sollen insbesondere Schulklassen, Organisationen und Unternehmen für die Gefahren im Internet sensibilisiert werden.

  1. Was ist Mobbing beziehungsweise Cyber-Mobbing? Mobbing ist das wiederholte und systematische Herabwürdigen anderer, das der Befriedigung eigener Bedürfnisse dient, insbesondere nach Macht und Ansehen. So definiert die EU-Initiative klicksafe, das Phänomen. Dabei handele es sich um einen gruppendynamischen Prozess, an dem viele Personen beteiligt seien. Mobbing finde heute überwiegend nicht mehr nur von Angesicht zu Angesicht in Schulen, Sportvereinen oder Unternehmen statt, sondern zusätzlich im Internet, den sozialen Medien und über das Handy. Dem soll der Begriff Cyber-Mobbing Rechnung tragen.

  2. Welche Zahlen gibt es dazu? Bereits jeder Dritte der Zwölf- bis 19-Jährigen hat schon einmal erlebt, dass jemand aus seinem Bekanntenkreis im Internet oder per Handy „fertig gemacht wurde“. Das zeigen die Ergebnisse der Jugend, Information, (Multi-)Media-Studie 2016, die vom Medienpädagogischen Forschungsverbund Südwest herausgegeben wurde. Je älter die Jugendlichen sind, desto eher haben sie von solchen Fällen etwas mitbekommen. Acht Prozent der Befragten gaben zudem an, selbst bereits Opfer von Mobbing gewesen zu sein. Dies entspricht etwa 500 000 Jugendlichen in Deutschland. Tendenziell sind mehr Mädchen (neun Prozent) als Jungen (sieben Prozent) das Ziel solcher Attacken.

  3. Warum wird überhaupt gemobbt? Langeweile und Spaß seien zwei der Hauptmotive jugendlicher Täter, erklärt Uwe Leest, Vorstandsvorsitzender des Vereins Bündnis gegen Cyber-Mobbing. Dies gehe aus der Cyberlife-Umfrage aus dem Jahr 2013 hervor. „Der Täter tut etwas, ohne sich bewusst zu sein, was er tut“, betont Leest. Auch Gruppenzwang spiele dabei eine Rolle. Demnach beteiligen sich Jugendliche an Mobbing, „weil andere es auch tun“. Als weitere Gründe kämen infrage: Täter und Opfer hatten Ärger miteinander oder der Täter handle in der Überzeugung, „dass diese Person es verdient hat“.

  4. Was sind Folgen für Betroffene? Gedrückte Stimmung, Konzentrationsschwächen und zunehmend schlechte Leistungen in der Schule sind Folgen, unter denen Mobbingopfer leiden können, zählt Uwe Leest vom Bündnis gegen Cyber-Mobbing auf. Rund 30 Prozent der betroffenen Jugendlichen berichten über Kopf- und Magenschmerzen, so Leest. Auch Angstzustände könnten auftreten. Dies führe dazu, dass betroffene Schüler oft im Unterricht fehlten. Werde anonym im Netz beleidigt oder bedroht, baue sich möglicherweise solches Misstrauen gegenüber der Umwelt auf, dass selbst der beste Freund verdächtigt werde, Täter zu sein.

     

    Idiot, Dummkopf, hässliche Kuh: Im Internet werden Beleidigungen schnell ausgesprochen.
    Idiot, Dummkopf, hässliche Kuh: Im Internet werden Beleidigungen schnell ausgesprochen. | Bild: GiZGRAPHICS – Fototila
  5. Was können Opfer unmittelbar tun? Wichtig ist es, Ruhe zu bewahren und die Situation nicht durch unbedachtes Zurückgiften eskalieren zu lassen. Man darf seinen Ärger nicht offen zeigen, denn darauf warten die Täter nur. Besser ist es, Beweise zu sichern. Das geht mit Screenshots oder ausgedruckten Seiten. Dann hat man für eine eventuelle gerichtliche Auseinandersetzung belastendes Material in der Hand.

  6. Kann man sich rechtlich gegen Cyber-Mobbing wehren? Cyber-Mobbing als solches ist kein Straftatbestand. Was aber zum Beispiel das Verfertigen und Verbreiten von für andere eventuell peinliche Fotos oder Videos betrifft, hat der Gesetzgeber im vergangenen Jahr nachjustiert. Mit juristischen Konsequenzen muss nun auch derjenige rechnen, der „Bildaufnahmen, die die Hilflosigkeit einer anderen Person zur Schau stellen, unbefugt herstellt oder einer dritten Person zugänglich macht und dadurch den höchstpersönlichen Lebensbereich der abgebildeten Person verletzt“, wie Juliane Baer-Henney vom Bundesjustizministerium erklärt. Auch das Verbreiten von Aufnahmen, die dem Ansehen der abgebildeten Person erheblich schaden können, ist strafbar. Außerdem angezeigt und geahndet werden können in Zusammenhang mit Cyber-Mobbing: Beleidigung, Nachstellung, Nötigung und Bedrohung und – je nachdem – auch Körperverletzung. Es gilt jedoch: Ist der Täter unter 14 Jahre alt und damit straf­unmündig, könne eine Strafverfolgung nicht erfolgen, teilt die Sprecherin mit.

  7. Welche Soforthilfe gibt es? Die Cyber-Mobbing-Erste-Hilfe-App von klicksafe zum Beispiel. „Diese gibt Tipps, wenn sich Jugendliche betroffen fühlen“, erklärt Birgit Kimmel, pädagogische Leiterin der EU-Initiative. Die App kläre über das Phänomen auf und gebe Hinweise, was die nächsten Schritte sein können, und wohin man sich wenden könne. Denn: „Opfer kann jeder werden“, betont Kimmel. Aber: „Man muss es nicht einfach hinnehmen.“ Seit einem Jahr sei die App verfügbar, erläutert Kimmel. „Erhältlich ist sie sowohl für iPhones als auch für Smartphones mit dem Betriebssystem Android.“

  8. Wie erkennen Eltern Cyber-Mobbing bei Kindern? Oft ist es so, dass Eltern das Cyber-Mobbing gar nicht mitbekommen, weil Kinder selten offen darüber sprechen. Anzeichen ist ein sozialer Rückzug, Verschlossenheit, schlechte Laune, nachlassende Leistungen für die Schule und das deutlich nachlassende Interesse an der Handynutzung. Bei schwerem Mobbing sollten die Schule und Lehrer informiert und eingeschaltet werden. Auch bei der Polizei gibt es geschulte Beamte, die Eltern und Kinder in diesen Fällen beraten.

Eltern sorgen sich wegen Cyber-Mobbing.
Eltern sorgen sich wegen Cyber-Mobbing.

Safer Internet Day 2017

Der Safer Internet Day (SID) beschränkt sich nicht auf Deutschland. Unter dem Motto "Be the change: unite for a better internet" ruft die Initiative der Europäischen Kommission wieder weltweit zu Veranstaltungen und Aktionen zum Thema Internetsicherheit auf. Auch in diesem Jahr initiiert und koordiniert klicksafe in Deutschland die Aktivitäten. Klicksafe unterstützt Schulen beim Kampf gegen Cyber-Mobbing. (mic)

Bestellung des klicksafe-Unterrichtsmoduls „Was tun bei Cyber-Mobbing?“: www.klicksafe.de