Wichtige Änderung für Millionen Mieter mit Kabel-TV: Ab Juli haben sie freie Wahl und können – ohne doppelte Kosten – zum Fernsehen via Internet, Satellit oder Antenne wechseln. Wer jedoch beim Kabel bleiben will, benötigt einen neuen Vertrag. Um eine mögliche Schwarznutzung zu verhindern, hat der größte Kabelnetzbetreiber Vodafone bereits erste Mietshäuser abgeklemmt – darunter auch in Konstanz.
Was ändert sich ab Juli?
Bislang ist es noch so, dass Vermieter die Kosten des Kabelanschlusses für ein Mehrfamilienhaus auf alle Mieter umlegen können, ob diese Kabel-TV nutzen oder nicht. Mit diesem sogenannten Nebenkostenprivileg ist ab Anfang Juli Schluss, das heißt die Umlagemöglichkeit entfällt. Deshalb dürften die meisten Vermieter den Mehrnutzervertrag für ihr Mietshaus zum Monatsende Juni schon gekündigt haben, da sie auf den Kosten fürs Kabel-TV sonst sitzen bleiben würden.
Für die Mieter bedeutet das: Sie können einen Vertrag als Einzelnutzer abschließen, um weiter übers Kabel fernzusehen – müssen dies aber nicht. Stattdessen haben sie auch die Möglichkeit, zum Internet-TV, Satelliten-TV oder Antennen-TV zu wechseln, ohne weiter auch fürs Kabel bezahlen zu müssen, wie das bisher nötig war. Nach Angaben von Vodafone werden die Kabelverträge „auf Wunsch vieler Unternehmen aus der Wohnungswirtschaft“ teils auch schon vor dem 1. Juli umgestellt.
Achtung: Nicht hereinfallen sollten Mieter auf sogenannte Medienberater, die an Haustüren klingeln und versuchen, ihnen einen neuen Kabelvertrag aufzudrängen, warnen die Verbraucherzentralen. Es handele sich um freiberufliche Verkäufer, die auf Provision für Netzbetreiber arbeiten.
„Da wird Mietern schon einmal gedroht: Wenn sie jetzt keinen neuen Vertrag abschließen, liegt Schwarznutzung vor, das wird teuer“, sagt Michael Gundall von der Verbraucherzentrale Rheinland-Pfalz. Sein Rat: Nicht überrumpeln lassen und nichts an der Haustür unterschreiben. Auch eine unangekündigte Überprüfung des Kabelanschlusses diene meist nur dazu, einen neuen Vertrag zu verkaufen.
Wie ist das mit der Schwarznutzung?
Solange der Netzbetreiber den Anschluss nicht sperrt, kommt das TV-Signal in der Regel weiter ins Haus und die Wohnung. „Nur, wenn die physische Leitung zur Wohnung abgeklemmt wird oder ein Störfilter installiert wird, bleibt der Fernseher schwarz. Doch genau das ist aufwendig“, sagt Thorsten Neuhetzki vom Fachportal Inside-Digital.
Im Internet wird deshalb spekuliert, ob die Netzbetreiber diesen Aufwand auf sich nehmen werden – oder ob Mieter es eventuell darauf ankommen lassen könnten, einfach ohne neuen Vertrag weiter übers Kabel fernzusehen. Das allerdings wäre illegal. „Der Netzbetreiber kann diese Mieter dann gegebenenfalls zivilrechtlich belangen. Das wäre so, also würden Stromkunden Strom vor dem Zähler abzweigen“, warnt Verbraucherschützer Gundall.
Ein „Schwarz-Fernsehen“ als Straftatbestand liege zudem vor, wenn ein Mieter eine vom Netzbetreiber angebrachte Verplombung vorsätzlich entfernt. Das Strafgesetzbuch spricht hier vom „Erschleichen von Leistungen“ (§ 265a). Wer erwischt wird, bekommt eine Geldstrafe oder Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr aufgebrummt. „Der Nachweis einer unberechtigten Nutzung wird jedoch schwierig“, räumt Gundall ein.
Muss ich einen Techniker in die Wohnung lassen?
Ob ein Techniker in die einzelne Wohnung muss, um sie vom Kabelfernsehen abzuklemmen, hängt von der Struktur des Kabelnetzes innerhalb des Gebäudes ab. Bei einer sogenannten Sternverkabelung reicht es aus, wenn der Techniker Zugang zum Hauptübergabepunkt im Keller hat, da er von dort aus Wohnungen ohne Kabel-Vertrag sperren kann.
Nicht so bei der älteren Baumstruktur: Dann muss der Techniker eine Sperrdose in der Wohnung setzen. Nach Auffassung der Verbraucherzentralen sind die Mieter „im Rahmen der nachvertraglichen Pflichten“ dazu verpflichtet, dem Techniker dies zu erlauben, wenn auch nur „ein einziges Mal“ – nicht aber zu einer späteren Kontrolle, ob die Sperrdose noch vorhanden ist.

Was ist mit dem Arbeitsaufwand?
Das Fachmagazin Teltarif.de bezweifelt, dass die Netzbetreiber die Kapazitäten für eine Sperre in allen Wohnungen haben, für die kein Vertrag besteht. „Die Personaldecke erlaubt es gar nicht, einen Techniker in jede betroffene Wohnung zu senden“, sagt Teltarif.de-Experte Alexander Kuch.
Außerdem sei der organisatorische Aufwand, mit jedem einzelnen Mieter einen Termin zu vereinbaren, „viel zu hoch“. Er rechnet deshalb damit, dass künftig entweder ganze Häuser abgeklemmt werden – wenn es keinen Signallieferungsvertrag mit dem Kabelnetzbetreiber gibt – oder dies für einzelne Wohnungen vom Keller aus geschieht, wenn zwar ein solcher Liefervertrag für das Haus besteht, nicht aber Einzelnutzerverträge für diese Wohnungen.
Wo gibt es bereits abgeklemmte Wohnungen?
Marktführer Vodafone hat seit längerem deutlich gemacht, Schwarz-Fernsehen nicht tolerieren zu wollen. Das hat auch zu Konsequenzen geführt. Laut Vodafone wurden in mehreren Städten die ersten Kabel-TV-Anschlüsse bei Mietern gesperrt.
„Denn besteht für den Empfang von Kabelfernsehen in bereits umgestellten Wohnobjekten kein Vertrag zwischen Mieter und Vodafone, liegt eine ungerechtfertigte Nutzung vor. Und das kann zur Sperrung des Anschlusses und schließlich einem schwarzen Bildschirm führen“, so das Unternehmen. Dass dies jetzt schon geschieht, hat damit zu tun, dass die alten Kabelverträge teils schon vor dem 1. Juli enden können.
In Konstanz betroffen von der Sperre waren den Angaben zufolge Anschlüsse in Mehrfamilienhäusern „unter anderem im Bereich der Fischenzstraße und der Brandesstraße“, wie es Ende März in einer Mitteilung des Netzbetreibers hieß.
Bis Mitte Mai berichtete das Unternehmen über bislang rund 30 Städte bundesweit, darunter in Baden-Württemberg auch Fellbach, Karlsruhe und Tübingen, in denen Anschlüsse abgeklemmt wurden. Die Deaktivierung erfolge „vor Ort durch Techniker“. Vom Netzbetreiber Pyur und anderen kleineren Anbietern liegen noch keine entsprechenden Informationen vor.